Der Edel-NAS Homie basiert auf einem Mini-PC mit Linux und eignet sich als Dateiserver, Wordpress-Plattform und Medienserver.

Cloud-Dienste wie iCloud, One Drive und Amazon Cloud sind komfortabel und preiswert, es gibt aber auch gute Gründe, sie zu verschmähen. Dazu muss man nicht einmal ein Feind von NSA und Co sein, ein Wohnort auf dem Lande genügt bereits: Was nützen einem schließlich ein TB Onlinespeicher bei One Drive, wenn man auf ein instabiles Mager-DSL der Telekom angewiesen ist. Hier macht Datamate mit dem
Homie
ein interessantes Angebot.
Warum nicht macOS-Server?
Eigentlich hat ja Apple selbst eine funktionsreiche Serversoftware im Angebot, die man für 22 Euro im Apple Store kaufen kann. Installiert man die Software auf einem Mac, erhält man eine gute Kalenderlösung, Adressbuch und zahllose Server-Funktionen wie Wiki, Webseite und Fileserver. Leider hat Apple vor Kurzem angekündigt , viele dieser Funktionen zu streichen. Schon durch diese Ankündigung sind Linux-Lösungen wie der Homie plötzlich für Mac-Anwender interessanter geworden. Vorteil des Open-Source-System ist außerdem die Plattformunabhängigkeit, ist doch der macOS Server für Apple-Geräte gedacht und für Windows- und Android-Clients wenig geeignet. Die Funktionen, die der Homie bietet, decken sich aber nicht ganz mit den Online-Diensten von Google und Co. Auf einen Time-Machine-Server, den etwa manche NAS-Geräte anbieten, muss man verzichten. Dafür bietet er einen funktionsreichen Medienserver, das Content-Management-System Word Press und Unterstützung für Steam.
Allein schon die Auswahl und Vorkonfiguration der zahlreichen Linux-Serverdienste nimmt dem Nutzer sehr viel Arbeit bzw. Kosten ab. "Installier doch einfach Ubuntu auf einem alten PC" ist zwar ein gutgemeinter Tipp, hat aber wohl so manchem viel Zeit und Nerven gekostet.
Äußerer Eindruck und innere Werte
Optisch ist der bei Amazon für 999 Euro verfügbare Homie wohl einer der elegantesten Heimserver, den wir kennen. Man muss für ihn nur etwa die Standfläche eines Mac Mini veranschlagen, er ist allerdings deutlich höher. Dank eines guten Lüfters und einer Notebook-Festplatte ist er außerdem sehr leise, wenn auch nicht lautlos. Deutlich leiser ist unser Testgerät jedenfalls als viele günstige NAS mit mehreren Desktop-Festplatten. Die an Hifi-Geräte erinnernde Front besteht aus Aluminium, das Gehäuse aus dunklem Holz. Im Wohnzimmer oder im TV-Rack macht er dadurch eine gute Figur und ist weit weniger ein Fremdkörper als manches NAS aus schwarzem Plastik. Die Hardware ist keine Billigware: Im Unterschied zu günstigen Mager-CPUs vieler NAS steckt mit dem Intel Celeron G3930 eine vollwertige Desktop-CPU im Homie. Mit zwei TB Speicher finden wir den verfügbaren Speicherplatz etwas knapp, dafür handelt es sich beim der von Datamate ausgewählten Notebookfestplatte um eine so genannte SSHD, die mit einer MIni-SSD beschleunigt wird. Ein Spielerechner ist er mit seiner integrierten Grafikkarte nicht, verbraucht aber dafür auch relativ wenig Strom. (13W im Standby, 40W bei Volllast).
Warum erfolgt die Konfiguration per Fernwartung
Das Konzept des Homie erschließt sich nicht auf den ersten Blick: Es handelt sich um einen auf Linux basierenden Heim-Server, der allerdings vom Hersteller per Fernwartung (genauer gesagt Team Viewer) eingerichtet und konfiguriert wird. Dafür hat der Hersteller aber gute Gründe: Die Konfiguration erfolgt über eine einfach bedienbare Web-Oberfläche namens „Cockpit“, die eigentlich selbsterklärend ist.
Man braucht aber doch etwas Vorwissen, da allein für Dateiverwaltung so unterschiedliche Dienste wie Samba, Seafile, Readymedia und Duply zur Verfügung stehen. Der Kenner freut sich, für die meisten Einsteiger ist aber eine kleine Einführung sinnvoll. Schon vor dem Telefonat sollte man sich besser überlegen, wozu man den Server einsetzen will.
Cockpit: Verwaltung per Browser
Ist der Homie per Ethernet mit dem Heimnetz verbunden und gestartet, kann man ihn vom Mac aus per Browseroberfläche verwalten – auch ohne Fern-Unterstützung. Die dazu von Datamate entwickelte Konfigurationsoberfläche Cockpit wird laufend weitereintwickelt und ermöglicht die einfache Verwaltung und Konfiguration von einigen Dutzend Linxu-Servern und Diensten. Cockpit ist sehr übersichtlich und komfortabel, allerdings hat man nur Zugriff auf eine begrenzte Anzahl von Optionen. So kann man etwa den SMB-Server nur einschalten, was man leider bei jedem Neustart des Rechners erneut bewerkstelligen muss. Über diese Oberfläche kann man außerdem auch Backups anlegen, Benutzer verwalten und den Homie ein- und ausschalten.
Etwas verwirrend ist aber die Aufspaltung der Konfigurationsoptionen. Auch die Dokumentation ist etwas aufgestückelt: Unter „Hilfe“ findet man eher allgemeine Erläuterungen, die wichtigsten Anleitungen verstecken sich im Benutzerbereich unter „Anleitungen“ und eine Fülle an weiteren Tipps finden sich in Videoform im Youtube-Bereich von Datamate.
Den so genannte Root-Zugriff auf das Linux-System behält sich Datamate aber vor. So kann nur der Hersteller etwa per Kommandozeile auf den Homie zugreifen und weitergehende Konfigurationsänderungen vornehmen.

Daten verwalten
Die wichtigste Aufgabe ist die Nutzung als Dateiserver, etwa als Aufbewahrungsort für Bürodaten, Dokumente und Fotos. Für diese Funktion bietet das Tool gleich mehrere Möglichkeiten wie per simplen SMB-Zugriff und per Medienserver.
Wichtigstes Tool für die Dateiverwaltung ist aber Seafile, eine Open-Source-Lösung, die man als Ersatz für Dropbox oder iCloud Drive nutzen kann. Wichtig ist vor allem die Möglichkeit, Ordner automatisch abzugleichen und eine Vielzahl komfortabler Client-Programme, Apps für iOS, Mac, PC, Android sind verfügbar. Mit iOS 11 gab es anscheinend noch einige Probleme, die aber offensichtlich behoben sind. Die Wahl von Seafile ist verständlich, unter Linux gibt es wenig Alternativen zu diesem aus China stammenden Projekt.
Mit dem iOS-Client hatten wir keine Probleme, er ermöglicht den bequemen Zugriff auf Serverdateien und das einfache Hochladen von Daten. Wie von ähnlichen Apps von Google und Microsoft bekannt, kann man damit beispielsweise seine iPhone-Fotos automatisch hochladen. Weniger Freude hatten wir mit der Mac-Version unter High Sierra. Hier gelang uns weder das Hochladen von über 2 GB großen Dateien, noch die Konfiguration eines Sync-Ordners. Ein Konfigurationsproblem, das leider nur per Fernwartung durch Datamate behebbar ist. Alternativ kann man aber auch den Desktop Drive Client nutzen, der den Server als Netzvolume mountet.
Einen Time-Machine-Server bietet der Homie leider nicht.
Webseite und Blog
Was der Homie ebenfalls bietet, ist eine sofort nutzbare Wordpress-Installation. Mit etwas Vorkenntnissen kann man sofort anfangen, eine eigene Webseite oder ein Blog zu veröffentlichen, dank zahlloser Erweiterungen und Vorlagen stehen hier unzählige Möglichkeiten offen. Für die Veröffentlichung im Web benötigt man als Heimanwender allerdings einen DynDNS-Dienst, ändert ein üblicher DSL-Zugang doch regelmäßig seine IP-Adresse.

Bürodaten
Auch bei der Verwaltung von Kontakten, Kalendern und Aufgaben treffen wir auf vertraute Namen: Zuständig ist ein sabre/dav-Server, der vielleicht manchen noch als Grundlage für Projekte wie fruux und owncloud bekannt ist. Dank CardDAV und CalDAV-Unterstützung kann man nach einer Konfiguration (besser durch Datamate) seine Kontakte und Kalender zwischen iPhone, Mac, PC und Android abgleichen. Der Komfort ist dabei zwar begrenzt, dafür funktiniert der Abgleich plattformübergreifend.
Auch als E-Mail-Archiv kann der kleine Server dienen, allerdings ist das Funktionsangebot eher mager. Dank eines eigenen E-Mail-Servers kann man nämlich in seinem E-Mail-Programm für den Home zusätzliches Postfach anlegen. Will man eine E-Mail archivieren, verschiebt man sie einfach in dieses Postfach. Die Mail landet dann automatisch auf der Homie-Festplatte. Eine simple aber brauchbare Backup-Methode.

Medienplayer
Ein Spielerechner ist der Homie eigentlich nicht, dank einer integrierten Intel-Grafik macht er aber auch am hochauflösenden TV-Gerät eine gute Figur – per Displayport und HDMI kann man den Homie nämlich direkt an einen Bildschirm anschließen. Die Bedienung ist dann per Maus und Tastatur möglich, man auf dem Bildschirm ausschließlich das vorinstallierte Programm Kodi – ein Medienplayer mit erstklassigem Funktionsumfang. Möglich ist neben dem Abspielen so gut wie aller (unverschlüsselten) Video- und Audioformate auch der Zugriff auf Streaming-Daten. Plug-ins für ZDF und ARD kann man nachinstallieren, auf geschützte Dienste wie Netflix und Amazon Prime dagegen vorerst verzichten. Gut eignet sich der Homie aber als Videoserver, im Unterschied zu Apple TV und iTunes beherrscht er auch Datenformate wie AVI und MKV.
Steam wird ebenfalls unterstützt, man kann also Spiele auf den Homie streamen und ihn als Konsolenersatz verwenden.
Kritikpunkte
Enttäuscht sind wir über die fehlende WLAN-Schnittstelle, ein Nachrüsten ist aber theoretisch über einen internen Steckplatz möglich. Bei Bedarf kann man Wi-Fi aber wohl am bequemsten über einen Repeater mit Ethernet-Schnittstelle ersetzen.
Etwas überrascht sind wir, dass Sicherheitsupdates in der Voreinstellung nicht automatisch installiert werden. Man kann dies problemlos über die Konfiguration ändern, es gibt aber einen guten Grund dafür: Die Sicherheitsupdates und alle Updates für das Linux-System stammen aus externen Quellen und könnten andere Dienste beeinträchtigen. Datamate empfiehlt deshalb, Sicherheitsupdates im Rahmen einer Wartung durchführen zu lassen.
Fazit:
Den schicken Homie als Alternative zu iCloud oder Google Drive zu vermarkten ist nach unserer Meinung etwas problematisch. Der Funktionsumfang ist dann doch zu unterschiedlich: Stärke des Homie ist vor allem die gute Performance als lokaler Fileserver und sein ungewöhnlicher Funktionsumfang. Die Stärken des Homie liegen vor allem in seiner Plattformunabhängigkeit und Vielseitigkeit von so unterschiedlichen Diensten wie Kodi, Steam, Seafile und Wordpress.
Nach unserer Meinung ist aber ein wenig Vorwissen für die sinnvolle Nutzung nötig und man muss sich über einige für Open-Source-Produkte typische Einschränkungen klar sein – wie fehlende Unterstützung von DRM. Ohne tiefere Linux-Kenntnisse kommt man wohl auch kaum um einen Supportvertrag mit Datamate herum, der etwa 120 Euro pro Jahr kostet. Für ein reines Mac-Netzwerk würden wir dann wohl doch bis auf Weiteres einen Mac Mini mit macOS Server vorziehen.
Technische Daten |
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Prozessor Intel Celeron G3930 |
Arbeitsspeicher 4 GB |
Datenträger 2 TB SSHD |
Netzwerk Ethernet |
Schnittstellen: USB 3.0, USB 2.0, USB 3.0 Typ C, DisplayPort, D-Sub, HDMI |
Erweiterbarkeit |
(intern) 2x SATA 3.0 2x 2,5 Zoll (7mm und 9,5mm) |
M.2 E2230 (Wifi+BT) | M.2 M2280 PCIe Gen 3 x4 (SSD) |
Abmessungen [BxTxH] 18,5 x 16,5 x 11,0 cm |
Gewicht 1,8 kg (ohne Netzteil) |