Mit mehreren kurzen Pressemitteilungen und einem rund neunminütigen Video hat Apple vor wenigen Tagen zwei neue iPads vorgestellt – für Apple-Verhältnisse nur sehr wenig Fanfare. Beide Größen des iPad Pro erhalten den M2-Chip und damit einhergehende Performance-Verbesserungen, doch das eigentliche Highlight ist das Basis-iPad, das ein komplettes Redesign bekommen hat und sich nun besser in die restliche iPad-Familie einpasst. Die komplette Liste der Änderungen können Sie in unserem ausführlichen Beitrag nachlesen.
Eine Änderung am neuen Basis-iPad wirft nicht nur Fragen auf, sondern sorgt vielerorts auch für Stirnrunzeln: Es unterstützt nur den Apple Pencil 1, der im Gegensatz zur zweiten Generation nicht magnetisch am iPad haftet und induktiv aufgeladen wird, sondern zum Koppeln und Laden „traditionell“ an einen Lightning-Anschluss gesteckt wird. Eigens dafür hat Apple neues Zubehör auf den Markt gebracht: einen neuen Adapter, denn das neue iPad hat keinen passenden Lightning-Anschluss mehr, sondern nur noch USB-C. Warum macht Apple so etwas?
Ist die Webcam schuld?
Eine der wichtigsten kleinen Änderungen am iPad ist die neue Frontkamera. Diese ist nicht mehr an einer kurzen Seite positioniert, wie das bei allen anderen iPads der Fall ist – selbst bei den beiden neuen iPad Pro –, sondern erstmals an einer langen Seite. Damit müssen Sie künftig nicht mehr komisch an den linken oder rechten Rand gucken, wenn Sie Ihr iPad horizontal halten und mit jemandem zoomen oder facetimen, was besonders in Kombination mit einer Tastatur deutlich benutzerfreundlicher ist.
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Auf allen anderen iPads hingegen ist die lange Seite nach wie vor dem Apple Pencil 2 vorbehalten. Dieser hängt nämlich nicht einfach nur irgendwo am iPad, sondern wird mit Magneten einigermaßen sicher in der Mitte der Seite festgehalten, damit er über eine kleine Spule zwischen den beiden Magneten zuverlässig induktiv geladen werden kann – ähnlich wie Magsafe am iPhone. An ebendieser Stelle, an der sich beim iPad 10 neuerdings die Facetime-Kamera befindet. Das führt natürlich zu einem gewissen Konflikt.
Die einfache Antwort, warum das iPad 10 also nur den Apple Pencil der ersten Generation unterstützt, lautet: fürs induktive Laden des Apple Pencil 2 ist an dieser Stelle einfach kein Platz, weil dort die Webcam sitzt.
Apple steht sich selbst im Weg
Die einfache Lösung wäre, die kontaktlose Ladevorrichtung einfach auf die neuerdings freie kurze Seite zu verlegen. Platz dürfte sich schaffen lassen, denn so groß ist das Bauteil nicht. Einzig die Power-Taste mit integrierter Touch-ID müsste verlegt werden. Hier müsste Apple aber über seinen eigenen, riesigen Schatten springen. Denn wie kaum ein anderes Unternehmen im Bereich der Unterhaltungselektronik setzt Apple beim Design seiner Produkte auf Gewohnheit und ein bestimmtes Gefühl.
Wenn Apple den Pencil auf die Seite verschieben würde, wäre das ungewohnt. „Ungewohnt“ ist nicht gleich schlecht, aber das Basis-iPad ist nicht an Kund:innen gerichtet, die das Ungewohnte suchen. Das normale iPad, genauso wie das normale iPhone, ist für diejenigen Apple-User:innen, die nicht rumexperimentieren wollen, sondern ein Apple-Gerät suchen, das tut, was es soll. Für Experimente und neue Features im Allgemeinen sind unlängst die Pro-Modelle der einzelnen Reihen da.
Andererseits hat Apple auch den Home-Button wegrationalisiert und hätte im selben Schwung auch noch den neuen Einschalter verlegen können. Tja.
Wirtschaftlich betrachtet
Wenn wir das Ganze weniger ideologisch und mehr ökonomisch betrachten, eröffnet sich ein weiterer Grund: Komponenten kosten Geld, egal, wie groß sie sind. Skaliert auf die wahnsinnige Anzahl an iPads, die Apple in den nächsten Jahren verkauft, ergibt das einen großen Batzen Geld, den man beim Einstiegs-iPad gerne spart. Der Apple Pencil 1 kommt hier gelegen: Im Gegensatz zu einem Steckanschluss – früher Lightning, jetzt USB-C – ist das induktive Lademodul überflüssig, solange es mit dem Apple Pencil 1 eine kabelgebundene Lademöglichkeit gibt. Wenn man obendrein noch einen Adapter für 10 Euro verkaufen kann, der in der Produktion nur wenige Cent kostet, dann freut das die Kasse.
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