Viele Menschen schalten das iPhone aus oder in den Flugmodus, wenn sie ins Bett gehen. Das ist vor allem dem Wunsch geschuldet, in der Nacht nicht von irgendwelchen Meldungstönen oder gar Anrufen gestört zu werden. Dieses Verhalten hat sich bei vielen Nutzern lange vor dem Nicht-Stören- oder Fokus-Modus und der Blockade für unbekannte Anrufer in iOS etabliert, und was man sich einmal angewöhnt hat, behält man eben bei. Ein bisschen Respekt vor WLAN und Mobilfunk-Strahlung spielt bei vielen iPhone-Nutzern sicher auch eine Rolle, und dann ist da nicht zuletzt die Sorge, dass sich ein nicht an den Strom angeschlossenes iPhone über Nacht entlädt – auch hier greifen (oder trügen) Erfahrungswerte. Ist es also klug, das iPhone in der Nacht auszuschalten – oder ist das Humbug?
Wie gefährlich ist der iPhone-Funk?
Zunächst ein Blick auf die Gefahr durch Strahlung von Smartphones. Dass die Geräte strahlen, liegt in der Natur der Sache, genutzt werden für Mobilfunk wie WLAN und Bluetooth Mikrowellen-Frequenzen. Ja, genau: Das sind die gleichen Funkwellen, die im Mikrowellenofen Zuhause oder im Büro das kaltgewordene Mittagessen wieder aufwärmen! In der Tat interagieren Mikrowellen mit Wassermolekülen und bringen diese zum Schwingen. Dadurch wird alles in Reichweite, das Wasser enthält, ein wenig wärmer und das Signal schwächt sich ab. Was im abgeschirmten Mikrowellenofen nutzt, ist bei körpernah getragenen oder nachts auf dem Nachttisch abgelegten iPhones weniger wünschenswert – aber eben auch nicht ganz vermeidbar.
Die gute Nachricht: Im Vergleich zum Mikrowellenofen haben Smartphones eine sehr geringe Leistung. Die liegt bei der Küchenmikrowelle bei mindestens 150 Watt – und damit können Sie kaum eine Tasse Wasser erwärmen. Bei WLAN und Smartphone ist die Mikrowellen-Leistung zum Glück deutlich geringer: Bluetooth funkt mit 0,1 Watt, WLAN mit 0,1 bis 1 Watt und 5G-Mobilfunkgeräte mit um die 2 Watt. Kurz: Selbst Extremfall „Telefonat mit WLAN-Sync und Bluetooth-Lautsprecher“ produziert das iPhone also maximal rund 3 Watt „Mikrowellenleistung“. Wer nach einem längeren Telefonat mit dem iPhone ein warmes Ohr hat, fantasiert nicht. Im „Normalbetrieb“ ohne Telefonat funkt es aber deutlich weniger – am wenigsten, wenn es im WLAN hängt.
iPhone-Strahlung: Lieber vorsorgen
Doch ist das gefährlich? Was sagt die Wissenschaft? Sowohl das Umweltbundesamt, als auch das Bundesamt für Strahlenschutz) sichten regelmäßig die Studienlage. Das Problem: Smartphones werden normalerweise eng am Körper verwendet, oft mehrere Stunden täglich – und die Technologie ist relativ neu, Langzeiteffekte daher nur schlecht bewertbar.
Daher raten alle Quellen trotz geringer Strahlenbelastung inzwischen zur Vorsorge: Headsets verwenden, Handy möglichst wenig und nicht direkt am Körper benutzen. Zumal bei Smartphones – anders als bei WLAN-Routern oder Mobilfunkmasten – durch die Enge zum Körper das Abstandquadratgesetz, das besagt, dass Funkstrahlung mit dem Quadrat des Abstands abnimmt, kaum zur Anwendung kommt. Wer das iPhone also in der Nacht abschaltet oder in den Flugmodus setzt, hat nicht nur Ruhe vor Anrufern, sondern eliminiert auch ein kleines Gesundheitsrisiko. (Solange jedoch die Hersteller die gesetzten Grenzwerte einhalten, haben Sie außer etwaigen Nocebo-Effekten nichts zu befürchten, mehr dazu in unserem Artikel iPhone und Co.: Keine Gefahr durch Strahlung, Anm. d. Red.)

Christian Rentrop
Das iPhone arbeitet auch nachts
Wer es allerdings nicht neben oder gar auf dem Kopfkissen ablegt, sondern einige Meter entfernt auf dem Schreibtisch oder im Regal, kann es ruhig an lassen: Der Elektrosmog ist so verschwindend gering, dass er keine Rolle mehr spielt. Und die Nichtabschaltung kann auch Vorteile haben. Denn das iPhone erledigt, sobald es Nacht wird und das Gerät an die Ladebuchse wandert, viele Kleinigkeiten im Hintergrund. Das lässt sich wunderbar über die Log-Dateien verfolgen, die Sie wahlweise über das iPhone selbst, über die macOS-Konsole unter /Dienstprogramme oder mithilfe des Tools Apple Configurator auslesen können.
Direkt auf dem iPhone finden Sie die Log-Dateien unter Einstellungen -> Datenschutz & Sicherheit -> Analyse & Verbesserungen -> Analysedaten. Hier zeigt sich, was das iPhone so alles treibt.
Die normale MacOS-Konsole weist einen Eintrag über den Namen des iPhones auf, sobald dieses angeschlossen wird: Per Klick auf das Gerät und anschließend auf „Start“ lassen sich diese Informationen anzeigen.
Der Apple Configurator zeigt die Logs, sobald Sie das iPhone am Mac anschließen, das Programm öffnen und das dort angezeigte iPhone doppelt anklicken: In Seitenleiste links gibt es den Eintrag „Konsole“, in dem Live alle Logs angezeigt werden.
Hintergrundprozesse ohne Ende
Selbst der Laie sieht: Das iPhone arbeitet permanent im Hintergrund, ist also auch aktiv, obwohl Sie gerade nichts damit machen. Da es durch die Kabelverbindung zum Mac auch automatisch am Strom hängt, entspricht das der Aktivität, die das Gerät auch in der Nacht am Stromkabel zeigt. Die meisten Prozesse sind nicht zeitgesteuert, greifen aber oft, wenn das Gerät gerade nichts anderes zu tun hat. Dazu zählt etwa die Aktualisierung der Suchindizes für die Suchfunktion und Siri, das Erneuern Positionsdaten, verschiedene Aufräum-Routinen, das Nachhalten von Verbindungen. Zudem treibt das iPhone viel mit der Fotomediathek: Es analysiert die vorhandenen Fotos und prüft diese auf Gesichter, Duplikate und allgemeine Bildinformationen, etwa für die intelligente Foto-Suche unter iOS, die automatisch Bildinhalte wie „Hund“, „Strand“ oder „Blume“ erkennt.

Synchronisation, Cache-Aufbau und Update-Checks
Weitere Prozesse, die aus den Logs hervorstechen, sind zum Beispiel die der WiFi-Verbindung: Diese verhandeln permanent die optimale Übertragungsrate mit dem Router. Gleichzeitig baut das iPhone genau wie der Mac Caches auf, um die Ausführung von Anwendungen zusätzlich zu beschleunigen. Hin und wieder meldet sich auch der Update-Prozess, der nach System-Updates sucht. Die werden, je nach Einstellung, nur in der Nacht und am Stromkabel automatisch durchgeführt. Hinzu kommen kleinere Hintergrundprozesse wie ein gegebenenfalls aktivierter Wecker, Night Mode und Synchronisation von Mails, Nachrichten, Kalender, Kontakten, Fotos und anderen Inhalten mit der Cloud. Backups natürlich inklusive. Logisch, dass für viele dieser Prozesse eine aktive Internetverbindung Voraussetzung ist.

Die dunkle Seite der Nachtaktivität
Allerdings ist längst nicht nur das iPhone-Basissystem im Hintergrund aktiv: Auch die einzelnen Apps nutzen die Gunst der späten Stunde, um hier und da automatisiert Abgleiche durchzuführen und gegebenenfalls auch Daten zu übermitteln, etwa um Benutzerkonten und Cloud-Daten zu synchronisieren. Die Menge dieser Verbindungen steht allerdings im direkten Zusammenhang mit der Aktivität der App. Apps im sogenannten Wartemodus – also solche, die zwar geöffnet, aber nicht aktiv sind – können im Hintergrund Datenabgleiche über die iPhone-Funktion „Hintergrundaktualisierung“ durchführen.
Je nachdem, wie viele Apps „offen“ sind, verursacht das eine Menge Datenstrom, damit WLAN- oder Mobilfunk-Datenvolumen und somit Akkuschwund samt Elektrosmog. Wenn Ihnen auffällt, dass sich das iPhone über Nacht entlädt, obwohl es ungenutzt herumliegt, hilft es, vor dem Schlafengehen einige Apps zu schließen oder die Hintergrundaktualisierung gleich unter Einstellungen -> Allgemein -> Hintergrundaktualisierung komplett auszuschalten. Wirklich benötigt wird sie in den allermeisten Fällen nämlich nicht, es reicht, wenn die App sich aktualisiert, wenn Sie sie wieder aktivieren.

In diesem Zusammenhang sollten Sie auch einen Blick in den E-Mail-Abgleich unter Einstellungen -> Mail -> Accounts -> Datenabgleich werfen: Diesen sollten Sie auf „stündlich“ stellen oder besser noch komplett deaktivieren, denn je nach Größe und Zahl der Mailkonten frisst auch diese Funktion über Nacht den Akku leer. Denn Spamnachrichten und Newsletter kommen nicht nur rund um die Uhr, sondern auch gerne in der Nacht.
Beide Einstellungen senken die allgemeine Aktivität des iPhones, wenn es scheinbar schläft. Dadurch sparen aber nicht nur nachts, sondern eben auch tagsüber ordentlich Strom, was sich wiederum in einer besseren Akkulaufzeit niederschlägt. Abgesehen davon reduzieren sie auch den Elektrosmog, denn das iPhone nimmt seltener Kontakt mit dem Router oder der Mobilfunkstation auf.
Das iPhone arbeitet rund um die Uhr
Das iPhone ist ein Arbeitstier und 24 Stunden am Tag aktiv. Auch wenn es sich scheinbar zur Ruhe bettet, schiebt es Nachtschichten, erledigt Hintergrundprozesse, erstellt automatische Foto-Rückblicke, gleicht Nachrichten und Mails ab und vieles mehr. Manche Wartungsarbeiten erledigt es erst zu später Stunde, wenn es wenig verwendet wird, andere laufen permanent im Hintergrund mit. Für Anwender bedeutet das vor allem eines: Wer nicht will, dass das iPhone „heimlich“ mit Clouds, Messengern und anderen Diensten Kontakt aufnimmt, muss es in der Nacht ausschalten oder zumindest in den Flugmodus versetzen. Die Gesundheitsrisiken bei einem aktivierten iPhone in der Nähe des Kopfkissens dürften sich zwar in Grenzen halten. Allerdings ist es im Zweifel sehr förderlich für den Schlaf, wenn das Smartphone einfach im Nebenzimmer übernachtet.
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