Erinnern Sie sich noch an das Dashboard in Mac OS X? Dabei handelte es sich um eine zusätzliche Oberfläche in Form eines Overlays auf dem Desktop. Diese erlaubte die Platzierung sogenannter Widgets, also Mini-Programme und kleine Info-Tools: Per Tastendruck wurde das Dashboard eingeblendet – und Infos wie Wetter, Börsenkurse, Notizzettel oder auch Infos aus Drittanbieter-Apps wurden eingeblendet.

Wenn Sie das an die Widgets in iOS, iPadOS und in der MacOS-Mitteilungszentrale erinnert, liegen Sie nicht ganz falsch: Das Mac-Dashboard schuf die Grundlage. Leider wurde die hübsche, erstmals mit MacOS 10.4 „Tiger“ in 2005 eingeführte Funktion nach 14 Jahren ersatzlos gestrichen: Seit MacOS 10.15 „Catalina“ gibt es kein Dashboard mehr.
Dashboard-Widgets: Geliebtes Feature für User
Wahrscheinlich haben viele User das Einstampfen des Dashboards wahrscheinlich gar nicht bemerkt: Viel genutzt wurde sie wahrscheinlich gegen Ende nicht mehr. Dabei bot sie eine Reihe von Vorteilen gegenüber der Mitteilungszentrale, zuvorderst die Größe der Fläche: Die entsprach – Overlay sei Dank – immer der Anzeigefläche des Bildschirms. Zudem konnten die Widgets frei platziert und sogar auf den Desktop positioniert werden. Mit einem Tastendruck oder einer aktiven Bildschirmecke ließen sie sich zudem sehr schnell aufrufen. Die Info-Flut störte aber nicht im Betrieb. Kurzum: Wer das Dashboard nutzte, vermisst es noch heute – wie auch der Autor dieses Beitrags – schmerzlich.

Das Dashboard ist wieder da!
Die gute Nachricht: Das Dashboard samt Widgets ist wieder da! Zwar nicht direkt von Apple – doch gleich mehrere Entwicklerteams haben sich dem Thema angenommen und ihre jeweils eigene Neuinterpretation des Themas „Widgets für den Mac“ veröffentlicht. Besonders interessant ist hier die brandneue App SuperLayer: Der Entwickler Martin Lexow hat die Grundidee des Dashboards modernisiert: Statt eines separaten Layers für die Widgets, – der sich bei Bedarf auch herstellen lässt, – können diese direkt auf dem Bildschirm gesetzt werden. Dazu verwendet SuperLayer ein System aus Szenen, Widgets und Triggern, die ihrerseits im Rahmen der Möglichkeiten der App frei definiert werden können.

Eigene Widgets erstellen
Was kompliziert klingt, ist im Grunde sehr einfach: SuperLayer wird per Hotkey eingeblendet und gibt eine Reihe von Widgets vor, die Sie per Drag-and-drop auf den Mac-Bildschirm ziehen können. Der Clou: Diese Widgets können mehr oder weniger frei angepasst werden, sowohl in der Größe als auch in der Farbe und Form. Das Gleiche gilt für die darin enthaltenen Design-Elemente: So darf zum Beispiel beim Uhr-Widget, ausgehend von fünf vorgegebenen Designs, nicht nur die Art und Form der Zeiger und des „Watchfaces“ sowie die enthaltene Information eingestellt werden, Farben und ähnliche Dinge natürlich auch. Derart voreingestellt, wird das Widget dann in eine der „Szenen“ gezogen und die Größe angepasst: Diese Szenen können abgewechselt werden, wodurch es möglich ist, ein Widget-Setup für die Arbeit und eines für den Feierabend oder Ähnliches zu erstellen. Wer mehrere Bildschirme verwendet, kann auch verschiedene Widget-Sets auf diesen platzieren. Die Trigger erlauben zusätzlich die Steuerung und Automatisierung der Widget-Setups.

Praktische Widgets …
Praktisch an SuperLayer ist, dass es bereits eine ganze Reihe von vorgegebenen Widget-Typen an Bord hat. Neben der Uhr zum Beispiel Kalender-Widgets, Erinnerungs-Widgets, Video-, Foto- und Musik-Widgets, Wetter- und Geolocation-Widgets sind ebenso an Bord wie Widgets für die Anzeige von Systeminformationen wie der CPU- und Speicherauslastung, des Batteriezustands oder der Netzwerk-Aktivität. Eigene Widgets lassen sich derzeit allerdings noch nicht erstellen: Zwar gibt es eine Reihe von frei definierbaren Farb- und Textfeldern, die durch geschicktes Übereinanderlegen als Hintergrund oder Overlay zu anderen Widgets oder bestimmten Bedienelementen dienen können. Praktischerweise können die Widgets innerhalb einer Szene auch vergleichbar mit Photoshop-Ebenen über- oder untereinander platziert werden.
… und verschiedene Layer-Level
Dennoch: Mit den vorhandenen Widgets lässt sich bereits ein erstaunlich praktisches Setup erstellen, zumal SuperLayer drei Darstellungsebenen für die Widget-Szenen hat: Die App kann Widgets wahlweise direkt auf dem Desktop unterhalb der Icons einblenden, wodurch sie wie ein Schreibtischhintergrund-Element aussehen. Alternativ können die Widgets auch über die Icons, aber unter die Fenster gelegt werden. In der Einstellung „SuperLayer“ liegt die Szene, wie von Dashboard gewohnt, auf allen Fenstern. Anders als bei Apples Dashboard bleiben die Widgets aber im Bild, wenn man sich anderen Dingen zuwendet. Auf diese Weise bleiben die Informationen dauerhaft auf dem Mac-Bildschirm eingeblendet – und machen automatisch Platz, wenn die Maus in ihre Nähe rückt. Dadurch stören sie nicht im Betrieb.

SuperLayer: Komplex – aber gut
Insgesamt macht SuperLayer einen hervorragenden Eindruck: Die App liefert alles nach, was Widget-Freunde in MacOS vermissen, plus hohe Flexibilität der einzelnen Widgets. Dadurch ist das Tool nicht nur praktisch, sondern ermöglicht eine kreative Individualisierung des Mac-Desktops – eine Möglichkeit, die unter MacOS sonst nur sehr eingeschränkt verfügbar ist. Grundsätzlich wäre es wünschenswert, wenn Apple eine solche Funktion wieder direkt in MacOS einbauen würde.
Allerdings belegt die eine gewisse Lernkurve voraussetzende App SuperLayer auch die Ursache, warum Apple diese Art hochflexibler Widgets in absehbarer Zeit wohl nicht integrieren wird: Das Konzept widerspricht dem Einfachkeitsanspruch der Mac-Oberfläche. Für Widget-Fans ist das kein Problem, Otto-Normal-Nutzer können sich aber schnell in den vielfältigen Optionen verheddern.
Alternativen sind rar gesäht
Natürlich ist SuperLayer nicht die einzige App ihrer Art, allerdings die derzeit ausgefeilteste. Als direkte Alternative gibt es derzeit nur WidgetWall, da Apple seit dem Abschalten des Dashboards auch keine Möglichkeit mehr bietet, Dashboard-Widgets via Terminal-Kommando
defaults write com.apple.dashboard devmode YES
auf den Desktop zu verschieben. Widget-Wall löst dieses Problem, indem es sich an der Mitteilungszentrale orientiert, dabei aber eigene Widgets mitbringt: Nach dem Start können Sie die Widgets der App mit einem Klick auf das Plus-Symbol auf dem Desktop ablegen. Dort sind sie aktiv, solange die App eingeschaltet ist. WidgetWall agiert dabei deutlich handlicher als SuperLayer, ist dadurch auch deutlich weniger komplex – bietet aber eben auch nur einen Bruchteil der Funktionen und auch nur sehr basale Widgets wie Uhr, Wetter, Rechner, Computer-Infos, App-Shortcuts, Fotos und Notizzettel, die direkt auf dem Desktop angezeigt werden und auch dort verbleiben. Praktisch ist das kleine Browser-Fenster im iPhone-Format: Hier können Sie eine Website, auf die Sie regelmäßig zugreifen – etwa macwelt.de – hinterlegen und haben sie jederzeit zur Hand. Die Widgets können frei auf dem Desktop verschoben werden, liegen aber nicht unterhalb der Icons, wodurch die von der App zur Verfügung gestellte Funktion dem Layer „Desktop“ in SuperLayer entspricht.

Touchbar-„Widgets“ mit Pock
Nutzer, die noch ein Macbook mit Touchbar besitzen – neben dem aktuellen Macbook Pro 13“ sind das Macbook-Pro-Modelle zwischen 2016 und 2021 – gibt es noch eine dritte Möglichkeit, Widgets zu verwenden, und zwar auf dem Touchbar selbst. Die kleine Gratis-App Pock ermöglicht es, praktische Funktionen des Macs in Form von Widgets auf die Touchbar zu legen, etwa das Dock oder das Control-Center. Auch Wetter oder der Computer-Status können auf diese Weise platzsparend eingeblendet werden. Pock ermöglicht es, den Rechner insgesamt effizienter verwenden: Gerade das Dock-Widget kann im Alltag ausgesprochen nützlich sein und wertvollen Bildschirmplatz sparen – vor allem auf dem kleinen 13“-Display des letzten Touchbar-Macbooks! Wie bei WidgetWall gilt aber auch hier: Die Auswahl der Widgets ist beschränkt. Allerdings besitzt erlaubt Pock eine Schnittstelle zur Erstellung eigener Touchbar-Widgets für die App.

Fazit: Widgets sind praktisch – und teuer
Abgesehen von Pock sind alle hier vorgestellten Apps kostenpflichtig, und zwar als Abo. Dadurch erwecken sie den Eindruck der Geldmacherei: SuperLayer schlägt im Abo mit 1,99 Euro/Monat zu Buche, die WidgetWall-Entwickler möchten inklusive Mehrwertsteuer 11,89 Euro pro Jahr sehen. Während WidgetWall immerhin eine ordentliche 7-Tage-Testversion anbietet, müssen sich SuperLayer-Interessenten auf eine Handvoll Basis-Widgets einstellen: Die Gratis-Version ist extrem beschränkt. Immerhin ist SuperLayer auch als Einmalkauf für 47,99 Euro erhältlich; das ist im Anbetracht der Tatsache, dass viele wesentlich aufwändigere Apps – etwa Pixelmator Pro – preiswerter zu haben sind. Dennoch: Wer flexible Widgets wie in SuperLayer nutzen möchte, kommt momentan nicht um den Kauf herum – es gibt schlicht keine vergleichbare Alternative.