Der neue Twitter-Besitzer Elon Musk – selbst ernannter “Chief Twit” – schießt sich auf Apple ein und greift den Konzern in einer Reihe von Tweets an. Apple, das seine Werbeausgaben auf der Plattform deutlich reduzierte, habe offenbar etwas gegen “Free Speech”, würde man diese nicht verteidigen, greife bald “die Tyrannei” um sich.
Genaue Informationen hat die Washington Post aufbereitet (das Blatt gehört Jeff Bezos, der sein Vermögen mit Amazon gemacht hat …). Demnach sei Apple im ersten Quartal des Jahres 2022 mit 48 Millionen US-Dollar für 4 Prozent des Werbeumsatzes der Plattform verantwortlich gewesen. Im November habe Apple seine Werbeausgaben aber radikal gekürzt, in der Woche vor der Übernahme durch Musk noch 220.000 US-Dollar ausgegeben, in der Woche danach nur noch 131.000 US-Dollar. Apple ist dabei in bester Gesellschaft, auch andere Unternehmen meiden Twitter immer mehr und reduzieren ihre Ausgaben. Cupertino hat zu den Vorgängen und Vorwürfen keinerlei Stellung bezogen.
Unsere Meinung:
Apple hat im Gegensatz zu Twitter noch Regeln, was die Inhalte von Apps betrifft und die sich unter anderem auf die Verbreitung von Falschmeldungen, Verleumdungen und unkontrollierter verbaler Gewalt beziehen. Das hatte etwa die App Parler erfahren, die Apple erst wieder in den App Store mit aufnahm, als diese Kontroll- und Moderationsmechanismen mitbrachte.
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Apple habe nun Musk laut seiner Tweets gedroht, Twitter aus dem App Store zu werfen, worin konkret die Bedrohung besteht, sagte Musk nicht. Regeln sind für Autokraten generell eine Bedrohung, solange sie diese nicht selbst aufstellen. Auch Google hat in seinem Play Store die ein oder andere Regel, die Musk nicht gefallen dürfte.
Amerikas Rechte, die sich gerne auf “Free Speech” beruft und diese Meinungsfreiheit als Widerspruchsfreiheit missversteht, kann sich jetzt genau ansehen, wie Märkte funktionieren. Denn “Märkte sind Gespräche”, wie das zur Jahrtausendwende veröffentlichte Clue-Train-Manifest über die Märkte des 21sten Jahrhunderts beschrieb. Umgekehrt entstehen Märkte dort, wo sich Menschen zum Gespräch versammeln. Wenn diese Gespräche sich aber durch Gebrülle, Rechthaberei und Leugnen von Fakten auszeichnen, ist auch kein Platz mehr für einen Markt. Nicht nur Apple zieht hier die Konsequenzen, ist als größter Werbekunde aber natürlich für Musk ein naheliegendes Ziel für seine Botschaft.
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Indes sollte man Musk und anderen genau zuhören, wenn sie von “Zensur” und “Tyrannei” sprechen und dies Rundfunkanstalten, Zeitungen und Unternehmen vorwerfen. Nicht selten ist genau das das Ziel: Macht über Rundfunkanstalten, Zeitungen und Unternehmen zu gewinnen und selbst zum Zensor und Tyrannen, anstatt des angeblichen Zensoren und Tyrannen zu werden. Wenn nun aber Twitter zum rechtsfreien Raum werden soll, hat sich Musk geschnitten, spätestens am Netzwerkdurchsetzungsgesetz und mutigen Juristen wird er scheitern. Bis dahin liegt sein Markt aber schon lange in Trümmern.