Vor etwa einem Jahr waren wir in unserer Trendstory zum Jahr 2022 recht optimistisch: Der Smarthome-Standard Matter, der Geräte plattformübergreifend steuern kann, wird bald finalisiert und Geräte werde es in der zweiten Jahreshälfte geben. Nun ja, ein Teil der Prognose tritt ein: Einige Geräte für das Smarthome werden noch 2022 mit Matter arbeiten. „Bald“ war aber relativ, Matter wurde erst Anfang Oktober final verabschiedet, anschließend müssen Geräte eine Zertifizierung der UL Solutions und Connectivity Standards Alliance (CSA) durchlaufen. Warum es erste Matter-Geräte noch 2022 gibt? Weil etwa Eve Systems einige seiner Produkte bereits für Matter vorbereitet hat und am 12. Dezember 2022 sie per Firmwareupdate für den Standard befähigen wird.
Warum braucht es Matter?
Stellen Sie sich vor, Sie interessieren sich für ein bestimmtes Smarthome-Gerät, das sich nur auf einen der gängigsten Standards wie Apple Homekit, Amazon Alexa oder Google Assistant versteht. Sicher, per App und Bluetooth wird man die Lichterkette oder die Kamera schon steuern können und wenn man unbedingt per Sprachbefehl das tun will, legt man sich noch eine Alexa zu. Wirklich? War da nicht was mit Datenschutzbedenken? Oder Sie haben weniger Berührungsängste mit Technik, die nicht von Apple stammt, aber jetzt ist Ihr Haushalt so heterogen, dass Sie nicht wissen, ob Sie das Licht mit Siri, Alexa oder Google einschalten sollen? Hier hilft Matter in jedem Fall weiter.

Was ist Matter?
Die Idee von Matter ist eine der Standardisierung. Jeder Smarthome-Anbieter hat seine eigenen Technologien entwickelt, die Kommunikation aufgebaut auf die Standards von Bluetooth und Wi-Fi. Einige benötigen eine Bridge, also ein Gerät, das direkt am Router angeschlossen ist und auf der anderen Seite mit der Kamera, dem Licht oder Staubsauger kommuniziert. Damit man diese von überall ansprechen und auslesen kann, besteht eben die Verbindung mit dem Router und damit dem Internet. Wildwuchs, wie oben skizziert, ist entstanden, und daraus resultieren nicht nur Probleme mit der Bequemlichkeit, sondern auch mit der Sicherheit.
Den Anfang genommen hat Matter mit dem Zigbee-Standard, bei der Philips mit seiner Marke Hue eine der treibenden Kräfte war. Vor allem Amazon und Google setzten ihre Lösungen auf Zigbee auf, während Apple seine eigenen Standards entwickelte, dabei einen großen Schwerpunkt auf Sicherheit und Schutz der Privatsphäre legte – aber nicht gerade zum technischen Vorreiter wurde. Ende 2019 hatten Apple und Co. das Projekt bereits unter dem Akronym CHIP (Connected Home over IP) angekündigt, die Pandemie hat die Zeitpläne ein wenig verschoben.
Welche Standards nutzt Matter?
Doch abgesehen von den Einigungen zwischen den großen Playern der Industrie, die an die Erarbeitung der Römischen Verträge als Grundlage der EU erinnern mögen, hat Matter auch noch eine neue Hardwarebasis namens Thread. Diese nutzt zwar auch die Bänder von 2,4 GHz und 5 GHz wie Bluetooth und WLAN, aber andere Frequenzen darin und auf andere Weise. Somit ist die erste Voraussetzung für die Teilnahme an Matter ein Funkchip, der auch diese Frequenzen nutzt. War in den Anfängen von Homekit ähnlich, Bluetooth alleine genügt nicht, selbst wenn man im gleichen Band operiert. Statt „Made for Homekit“ heißt es jetzt „Made for Matter“ oder „Made with Thread“.
Der Funk alleine ist nicht wesentlich, sondern auch das Wie. Die Systeme von Apple, Google, Amazon und auch der Zigbee-Standard arbeiten sternförmig. Also: Es gibt eine zentrale Stelle (Router oder eine Bridge), die mit allen Geräten kommuniziert. Nichts darf ein Smarthome-Gerät machen, wenn es nicht mit der Zentrale verbunden ist. Aber die Reichweite? Eben.

Die Matter-Topologie erklärt, am Beispiel von Eve-Geräten
Eve Systems
Thread und Matter arbeiten wie ein Mesh. Jedes Gerät kann mit jedem in der Nähe bidirektional kommunizieren, Befehle erhalten und erteilen. Es braucht für die Kommunikation über das Internet nur einen „Borderrouter“, also ein Gerät, das nicht nur per Thread funkt, sondern auch mit dem Internet in Verbindung steht. Um dort Firmware-Updates zu bekommen, ohne dass man das in einer App aktiv veranlassen müsste, oder um sich Befehle vom entfernten Nutzer zu holen, aber eben für den kompletten Thread im Haus. Matter ist an sich „nur“ die Sprache, in der sich die Geräte im Thread unterhalten. Ein weiterer Vorteil dieser Topologie: Thread-Geräte funken nur dann, wenn sie gebraucht werden, das spart Energie und führt zu längeren Batterielaufzeiten. Je dichter das Matter-Netz geknüpft ist, umso besser. In jedem Fall reagieren Thread-Geräte deutlich schneller als etwa bei der Ansprache über Bluetooth.
Welche Hardware brauche ich für Matter?
Die Antwort ist zweigeteilt. Für die Steuerungszentrale benötigen Sie, wie gelesen, einen Borderrouter. Den müssen Sie sich vermutlich gar nicht anschaffen, weil er schon in Ihrem Heim steht: Homepod (Mini) oder Apple TV 4K. Nur bei letzterer müssen wir eine Warnung aussprechen: Die neue Apple TV 4K der dritten Generation beherrscht Thread/Matter nur in ihrer Variante mit 128 GB Speicher und Ethernetanschluss. Selten waren 20 Euro mehr eine so gute Investition. Der zweite Teil der Antwort würde weite Teile der Bevölkerung verunsichern, weswegen wir diese in einem späteren Kapitel geben.
Aktuell bester Preis: Homepod Mini (weiß)
Welche Software brauche ich für Matter?
Das ist wiederum etwas weniger kompliziert, denn Apples Systeme unterstützen Matter seit iOS 16.1, iPadOS 16.1, macOS Ventura und tvOS 16.1. Problem dabei: Will ein Gerät auf Matter mit dem Smarthome sprechen, braucht es auch genau das. Was sich nicht auf iOS 16 (iPhone 7) oder macOS Ventura (Macbook Pro 2016) aktualisieren lässt, bleibt außen vor. Das Update auf iOS 16.2 und verwandte Systeme bringt eine “neue Architektur” der Apple Home-App für mehr Geschwindigkeit und Zuverlässigkeit.
Welche Geräte verstehen sich denn jetzt auf Matter?
Hier folgt eine Liste, die wir stetig erweitern werden. Eingangs erwähnt, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder hat ein Hersteller seine Hardware schon auf Matter vorbereitet und kann per Firmwareupdate nachrüsten oder es gibt neue Versionen von Geräten, die dann auch einen Thread-fähigen Chip eingebaut haben.
Eve Systems etwa hat beides im Programm: Die Steckdose Eve Energy wird am 12. Dezember per Firmware-Update zu Matter kompatibel, ebenso die Wetterstation Eve Weather oder der Bewegungsmelder Door & Window. Weitere Geräte werden folgen, sobald sie die Zertifizierung bekommen haben – bestehende und neue.

Eve Energy Smarte Steckdose
Steckdose für das Homekit, Amazon Alexa und Google Assistant, mit Stromzähler in der App und auf Matter vorbereitet – immer wieder im Angebot.
Der Beleuchtungsexperte Nanoleaf, bekannt für Kompatibilität mit Apples Homekit, kündigt erste neue Produkte an: Leuchtmittel für die Sockel A19, GU10 und BR30 sowie seinen Lightstrip in Thread-Ausführung.

Nanoleaf
Eine Steckdose hat TP-Link für seine Smarthome-Marken Tapo und Kasa durch die Zertifizierung der CSA bekommen, der Tapo Smart Plug kann noch Ende 2022 erscheinen oder Anfang 2023. Weitere Produkte wie Saugroboter oder Kameras werden folgen.
Definitv bis 2023 muss man auf Produkte von Govee warten, die etwa Leuchtpaneele, Leuchstreifen und Hintergrundbeleuchtung für den TV-Apparat bieten.