Was waren wir Ende vor einem Jahr nach zwei Pandemiejahren doch optimistisch: Ein lästiger Winter noch, mit der ein oder anderen Einschränkung, mit der ein oder anderen Impfung oder Infektion, dann ist der Kummer vorbei, das Jahr 2022 leitet endlich die goldenen Zwanziger ein. Als dann die Tage länger wurden und der Schnee taute, kam der 24. Februar.
Nein, die 20er werden nicht so golden wie vor 100 Jahren, aber angesichts der aktuellen Katastrophen darf man optimistisch sein, dass sie nicht wie im 20sten Jahrhundert erst in die große Katastrophe der 30er und 40er führen. Vielleicht ist das Schlimmste ja bald vorbei, und 2023 kann doch noch so episch werden, wie wir uns das von 2022 erträumt haben. Aber blicken wir erst einmal auf das Apple-Jahr 2022 zurück.
Januar: Bei Apple nichts Neues

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Nach der staden Zeit wird’s auch wieder ruhiger. Für Apple gilt das insbesondere seit dem Jahr 2010. Im Jahr davor hatte man zuletzt anfangs des Monats seine Aufwartung bei einer Messe gemacht, der Macworld Expo in San Francisco. Seit 2010 bestimmt Apple selbst, wann es mit welcher Nachricht an die Öffentlichkeit geht. Das war damals noch das iPad, seither herrscht im Januar Funkstille. Schade, wir hätten das 20-Jährige des iMac G4 oder das 15-Jährige des iPhones gerne auf einer Macworld Expo gefeiert, aber die wäre aus bekannten Gründen auch sonst ausgefallen. Statt um die Vergangenheit kümmert sich Apple im Januar lieber um die Gegenwart und schließt eine Lücke in seinen Systemen, mit schnellen Updates auf iOS 15.2.1 und macOS 12.1. Erste Anzeichen, dass Apple auch im Jahr 2022 neue Produkte vorstellen wird, sehen wir Ende der zweiten Januar-Dekade. In der Datenbank der Eurasischen Union tauchen die ersten Hinweise auf Geräte auf, die später iPhone SE und iPad Air (5. Gen.) heißen werden. Kaum einen Monat später werden wir dieses russische Prognosewerkzeug verlieren, für sehr lange Zeit. Und auch eine großartige Serie von Apple TV+ wirft ihre Schatten voraus: Apple veröffentlicht den ersten Trailer für „Severence“. Die Dystopie soll nicht nur mehrere Preise gewinnen, sondern auch ihren Auftritt bei der iPhone-Show im September bekommen. Start von “Severence” war dann am 18. Februar. Kurioses mussten wir Ende Januar berichten: Tim Cook wurde Stalking-Opfer – beinahe gleichzeitig lassen erste Berichte über Airtags als Tools zur unbemerkten Verfolgung aufhorchen, die Apple letztlich im Dezember eine Sammelklage einbrocken sollte. Und kurz vor Schluss des Monats berichtet Captain Obvious für uns Wirtschaftsnachrichten: Apple legt schon wieder ein Rekordquartal vor, mit einem Umsatz von 124 Milliarden US-Dollar. Und das trotz aller Probleme. Kommenden Januar lassen wir mal einen anderen Autoren über die Bilanz Apples schreiben.
Februar: Zeitenwende ohne Ende

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Der Februar begann in der kleinen Welt des angebissenen Apfels recht ruhig, ehe er in einer Zeitenwende für die gesamte Welt endete. Auf Ankündigungen der Bundesregierung drei Tage nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine folgten zu wenige Taten. Apple indes beließ es nicht bei warmen Worten, sondern handelte nach kurzer Schockstarrre sehr schnell und brach noch im Februar seine Geschäftsbeziehungen nach Russland ab. Wobei Apple hier nicht viel zu verlieren hatte, anders wäre es, würde die Volksrepublik China dem Beispiel Russlands folgen und den als abtrünnig betrachteten Nachbarn überfallen. Immerhin versteht Apple offenbar schneller als andere Player in der Industrie, dass die bisher gedeihliche Zusammenarbeit mit China sehr schnell zu einer einseitigen Abhängigkeit wird und versucht eben seine eigenen Abhängigkeit zu reduzieren. Mögen sie auch noch so riesig sein, einzelne Unternehmen können schneller handeln als eine ganze Industrie oder komplette Volkswirtschaften.
Eine andere Sache wollen wir im Februar auch so lange nicht glauben, bis die Tatsachen eine andere waren. Am 8. März wolle Apple eine Keynote abhalten und aus seinem gefühlten Winterschlaf erwachen, hieß es schon gut vier Wochen vor dem Termin, der letztlich der korrekte war. Wir hätten die Show eine oder zwei Wochen später erwartet, Anfang Februar sah iOS 15.4 noch nicht so aus, als könnte es Mitte März schon auf neuen iPhones SE laufen.
Und noch eine Sache trieb uns im Februar um: Wordle. Wir haben bei dem netten Rätselspaß, den später die New York Times aufkaufte, natürlich immer mit den fünf gleichen Buchstaben begonnen: APPLE.
März: The Show must go on

Apple
Das Motto ließ uns erst eine Weile rätseln, erst als die Show am 8. März vorbei war, wussten wir, was mit „Peek Performance“ gemeint war. Der Star der Show war nicht das iPhone SE 3 – neuer Wein in alten Schläuchen – oder das iPad Air 5 – mit 5G und M1 – sondern eindeutig der Mac Studio. Enttäuscht war, wer auf einen Mac Mini M1 Pro oder einen iMac Pro gewartet hatte. Denn der Mac Studio beginnt mit dem M1 Max, der für einige Privatanwender zwar nicht zu kraftvoll ist, aber für die angedachten Zwecke einfach zu teuer. Ganz zu schweigen von der Variante M1 Ultra, von der selbst die informiertesten Leaker vorab nichts wussten. Apple hatte es bis zum 8. März mehr oder minder geheim gehalten, dass man den M1 Max nochmals verdoppeln könnte, eben zum M1 Ultra. Der Verdacht liegt nahe, dass ein Mac Pro, den Apple an jenem Abend nur angedeutet hatte, nochmals eine Verdoppelung bringt, dann aber eher mit der M2-Familie. Das war also die Vorschau („Peek“), die man auf die gewaltige Leistungsfähigkeit („Performance“) künftiger Macs werfen konnte.
Doch befriedigt schon der Mac Studio die meisten Bedürfnisse der professionellen Zielgruppen, vor allem in Verbindung mit dem Studio Display. Ordentlich ausgestattet, kommen die dafür ausgerufenen Preise in den Preisbereich des iMac Pro von Ende 2017. Keiner vermisst diesen All-in-One, was für Apple der Grund sein könnte, genau einen solchen irgendwann im Jahr 2023 mit M2-Pro/Max-Chip dann doch zu bringen. Die Gerüchte um einen 27-Zoll-iMac hatten sich nicht in Luft aufgelöst, sondern in einen formschönen Monitor, der aber leider recht teuer ist. Aber gut, wenn die Firma, selbst die eigene, den Mac Studio samt Studio Display bezahlt, geht das ja in Ordnung.
Alles also im normalen Bereich bei Apple. Und während man sich in Europa an eine neue, unangenehme Normalität gewöhnen muss, stellt sich in den Apple Stores langsam wieder der vorpandemische Zustand ein, die Sessions „Today at Apple“ bekommen im März einen Neustart.
Während wir im März gebannt auf jeden Freitag und eine neue Folge „Severence“ warten, schreibt Apple TV+ mit einem anderen Programm Geschichte: Der Film „CODA“, ein US-Remake des französischen „Verstehen Sie die Beliers?, bekommt als erster Film eines Streamingdienstes den Oscar für den besten Film des Jahres, dazu zwei weitere. Die Theaterverfilmung „Macbeth“ – ebenso dreimal nominiert, geht leer aus. Ein neues Programm bei Apple TV+ interessiert die Leute hier weniger, wie auch? Denn Baseball jeden Freitag gibt es nur in den USA. Spannender dürfte es nächstes Jahr werden, wenn Apple TV+ so etwas Ähnliches wie Fußball überträgt, Spiele der Major League Soccer.
April: Vorfreude und Vandalismus

Apple Muzeum Polska
Nach der Show ist vor der Show – und eine WWDC-Keynote dauert länger als 90 Minuten. Kaum hatten wir uns von den Neuerungen der März-Keynote erholt, konnten wir schon den Termin für die WWDC vermelden. Okay, nach Apple kann man manchmal doch den Kalender stellen.
Prognosen, was Apple auf der WWDC zeigen wird, fallen auch stets leicht, zumindest was das große Bild betrifft. Denn jedes Jahr geht es um neue Systeme für iPhone, iPad, Mac und mehr. Manchmal bringt Apple auch neue Hardware zur Show – wir haben im April richtig spekuliert, das allmählich überfällige Macbook Air M2 würde da seine Aufwartung machen. In Sachen Farben und Design waren wir im April aber noch recht ahnungslos.
Zu gerne hätten wir in diesem Sommer statt der WWDC das Mac-Museum von Mac Paw in Kyiv besucht, das für das allgemeine Publikum eröffnen wollte, bis dato konnten nur geladene Gäste die Exponate bewundern. Immerhin ein Trost: Der ukrainische Entwickler hat nicht nur seine Daten und Server vor dem Krieg in Sicherheit gebracht und kann weiter arbeiten, auch der Ausstellung ist nichts passiert. Ein anderer, etwas schwächerer Trost: Mitte April eröffnet ein Mac-Museum in Warschau.
Etwas mehr als ein halbes Jahr nach der ersten Ankündigung beginnt Apple, eine strittige Maßnahem umzusetzen. Zum Schutz von Minderjährigen sollte eine KI die iCloud-Fotos aller Nutzer auf verdächtiges Material hin untersuchen und zur Not den Besitz und die Verbreitung von Kinderpornographie zur Anzeige bringen. Grundsätzlich sind Schutzmaßnahmen in diesem Feld zu begrüßen, aber Apple schüttet das Kind mit dem Bade aus, wenn es ohne Anlass oder Verdacht einfach mal in alle Bilder reinschaut. In UK sollte die Maßnahme im April dann auch probeweise starten, erst im Dezember kommt Apple auf eine viel bessere und womöglich wirksamere Idee: Algorithmen auf dem Gerät selbst sollen Kinder davor warnen, Bilder von sich selbst an Fremde und Bekannte zu schicken. Ganze Fotomediatheken sollten bitte nur geschulte Experten auf richterliche Anordnung hin untersuchen dürfen.
Dass Apple manche Dinge gut meint, aber nicht gut macht, sieht man an einem weit weniger heiklen Beispiel im April. Die Idee, die man gerne zu der Jahreszeit hat: „Lasst uns einen Frühjahrsputz machen!“, bezog Apple auf den App Store in dem ohne Frage recht viel Unrat und altes Zeug herumliegt. Aber auch unter diesem alten Zeug findet man noch Perlen, etwa längst legendäre Handy-Spiele, die weiterhin ihre Freunde und ihre Berechtigung haben. Digitaler Vandalismus sei das, meinten die Kollegen der Macworld – dem schlossen wir uns an. Apple reagiert auf die Kritik und verlängert die Frist, nach der alte Apps spätestens aktualisiert werden müssen. Kurios: Auch eine eigene Fassung von Texas Hold’em wäre der Löschaktion zum Opfer gefallen.
Wie es bei Jahresrückblicken so ist, wenn man das Archiv durchforstet: Was haben wir da für einen Unfug berichtet? Okay, die Sache mit dem iMac Pro 27’’ (siehe März) war unter Umständen ein geschicktes Manöver Apples, aber gerade die Kolportagen über neue Formen für das iPhone 14 aus dem April lesen sich im Dezember, nun ja, seltsam. Meist wissen wir aber, auf welche Experten und Leaker wir uns verlassen können, Ming-Chi Kuo erzählt viele korrekte Dinge. Etwa die über den Temperatursensor in der Apple Watch Series 8.
Und da im April wieder Bilanzsaison ist, durfte Captain Obvious wieder einen Beitrag für uns schreiben: Apple steigert Umsatz auf neuen Rekord von 97,3 Milliarden US-Dollar
Mai: Nach 21 Jahren am Ende

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Alles hat ein Ende, sogar legendäre Apple-Produkte. Im Mai erinnerten wir uns an den 30 Jahre zuvor vorgestellten Newton, der kein langes Leben hatte und an den iMac, der seit 24 Jahren in immer wieder neuen Varianten Mac-Anwender begeistert. Im Mai 2022 kam aber das Aus für eine Legende, die Apple seinerzeit erst aus der Nische geholt hat: Als letzten seiner Art nimmt Cupertino den iPod Touch aus der Produktion und verkauft ihn nur noch, solange der Vorrat reicht. Diese Vorräte sind dann recht schnell erschöpft. Und wir davon, die Geschichte immer und immer wieder erzählen zu müssen: Denn der iPod ist nicht tot, er hat sich nur völlig gewandelt und ist wesentlicher Bestandteil von iPhone, iPad, Mac, Apple TV und Homepod geworden. Nur das Gerät iPad Touch braucht jetzt wirklich keiner mehr, nachdem auch schon iPod Classic, iPad Shuffle und iPad Nano ein paar Jahre zuvor ihre Leben ausgehaucht haben, ist Apple hier nur konsequent.
Im Mai erscheinen zwei interessante Bücher, die tief in die Apple-Geschichte und die des iPods blicken lassen. Zum einen eine Biographie von Tripp Mickle über Apples ehemaligen Design-Chef Jony Ive und die Gründe über dessen Ausscheiden bei Apple und zum anderen ein Buch über und mit Tony Fadell, dem „Vater des iPod“, in dem so manche Geschichte über Prototypen steht und warum diese letztendlich verworfen wurden.
Seit Anfang des Jahres 2022 kann man in den USA sein iPhone selbst reparieren und erhält dabei von Apple Anleitungen, Ersatzteile und Werkzeuge. Ab Dezember geht das auch in Deutschland. Aber was nach einem Einknicken Apples vor der DiY-Fraktion aussieht, ist eher ein „Wenn uns der Gesetzgeber dazu zwingt, dann machen wir es eben, haben dabei aber keinen Spaß. Den sollt ihr auch nicht haben!“ Denn Apple rückt wesentliche Werkzeuge nur gegen Kaution heraus, für 1.200 US-Dollar, wie wir im Mai berichten.
Auch auf anderer Ebene läuft es für Apple nicht gerade gut im Mai: Der Binnenmarktausschuss der EU einigt sich auf eine endgültige Fassung des Digital Markets Act (DMA). Für Apples Geschäftsmodell droht hier eine weit größere Gefahr als durch die wenigen Eigenreparaturen. Am Ende könnte der DMA Apple dazu zwingen, seine Plattform so weit zu öffnen, dass es die Kontrolle darüber verliert. Der Ausgang ist aber auch Ende 2022 noch offen.
Das Jahr 2023 soll unbestätigten Berichten zufolge ja nun wirklich episch für Apple werden, also wirft es seine Schatten voraus. Im Mai wird bekannt, dass Apple eine Marke namens „realityOS“ anmeldet – und einige verwandte Begriffe. Das kann dann doch nur …? Wenige Wochen vor der WWDC mangelt es aber an Gerüchten aus einschlägigen Quellen, die für eine Vorstellung schon auf der WWDC sprechen würden, so schnell sind sie in Cupertino auch wieder nicht.
Juni: Die nächste Runde der Systeme

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Alles neu macht der Mai nur im deutschen Volkslied. Im Kalender Cupertinos ist der Juni der entscheidende Monat. Wie jedes Jahr lädt Apple Anfang des Monats zu seiner Entwicklerkonferenz WWDC in das Silicon Valley. Nach zwei Jahren der pandemisch bedingten rein virtuellen WWDCs traut sich Apple wieder ein klein wenig mehr zu. Die Veranstaltungen der Konferenz sind zwar weiter rein virtuell, doch lädt Apple ausgewähltes Publikum in die Firmenzentrale in Cupertino, um ihnen dort auf einer Leinwand im Garten des Apple Park die Keynote zu zeigen, die wir sonst weltweit auf unseren Apple-Bildschirmen verfolgen.
Dabei handelt es sich weniger um Entwickler, mehr um Journalisten, Influencer und andere Leute, die Apples Botschaft gerne weiter verbreiten. Zumal besteht die in diesem Jahr auch wieder teilweise aus Handfestem. Macbook Pro 13’’ M2 und Macbook Air M2 machen ihre Aufwartung, wobei nur das Air etwas wirklich Neues ist – das Macbook Pro gleicht seinem Vorgänger auf die Touchbar, nur der Chip im Inneren ist ein neuer. Neu ist der Formfaktor des Macbook Air M2, aber nur dezent. Es wird etwas eckiger und die Fantasien von bunten Macbooks mit weißen Rahmen und Tastatur, die uns seit 2021 verfolgen, haben sich mal wieder als Fehlprognose von vermeintlichen Insidern erwiesen. Dabei ist das Mitternachtsblau ein wirklich schicker Ton. Wenn man aber etwa vom Macbook Air M2 haben will, muss man weit mehr ausgeben als bisher. Der Einstiegspreis steigt auf 1.499 Euro, aber die 256-GB-SSD ist so schwach, dass man wenigstens hier noch zwei Hunderter für die Varianten mit 512 GB drauflegen sollte.
Aber eigentlich ist die WWDC bekanntlich ein Software-Event, das jährlich stattfindet. Allzu große Sprünge kann man daher nicht immer erwarten, iOS, iPadOS und macOS entwickeln sich eher inkrementell. Apple hat auch für die Ausgaben 16 respektive 13 (Ventura) wieder ein paar gute Ideen. Besonders der Stage Manager für das iPad und den Mac weiß zu gefallen. Der editierbare Sperrbildschirm für das iPhone war längst überfällig, Apple behält aber noch soweit die Kontrolle, dass die Anwender nicht zu viel Unfug damit anstellen. Immerhin zeigen Widgets auf dem Sperrbildschirm, dass da ein weiterer Wunsch der Anwenderschaft im Jahr 2022 endlich real werden könnte: ein Always-on-Screen. Das sollte im September schließlich in Erfüllung gehen.
Ach, das Zusammenspiel des Mac mit dem iPhone wird besser, wobei Apple aus einer Not eine Tugend macht. Denn – mit Verlaub – die Frontkameras an Macbooks sind grauenhaft schlecht, da helfen nicht einmal mehr die intelligenten Algorithmen der M-Chips. Also nutzt man eben das iPhone, um als Kamera für Facetime, Zoom, Teams und mehr zu dienen. Passender Kamerahalter dazu, fertig ist die Kiste. Wir ahnen, dass die Frontkameras der Macs auch in den nächsten fünf Jahren kaum besser werden dürften.
Juli: Ferne Zeiten, ferne Welten

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Im Jahr 2022 feierten wir dreimal den 15ten Geburtstag des iPhone. Am 9. Januar, anlässlich seiner Erstvorstellung, am 9. November zum Verkaufsstart in Deutschland und dazwischen Ende Juni, als es in den USA erstmals in den Handel gekommen war. Anlässlich des Jahrestages hatte das “Wall Street Journal” bei Apple nachgefragt, wie das so war die letzten 15 Jahre und dabei erstaunlicherweise festgestellt, dass man in Cupertino immer noch sauer darüber ist, wie die Konkurrenz, insbesondere die von Samsung, das iPhone einfach nachgebaut habe. Man mag die Kopie als höchste Art der Anerkennung sehen, Apple wäre es aber lieber gewesen, wenn sich Samsung nur auf Zulieferung von Komponenten und Google auf ein paar Apps beschränkt hätte.
Der Einfluss des iPhone auf die Technologie und die Gesellschaft ist unbestritten, weswegen Joe Biden dem 2011 verstorbenen Apple-Gründer posthum die Friedensmedaille verlieh. Das hätte an sich schon Bidens Vorgänger tun sollen, aber der hatte wohl andere Ansichten über Steve Jobs.
An sich passiert wenig im Juli, wir haben ihn vor allem als sehr heißen Sommer in Erinnerung behalten, in dem es uns im Home-Office manchmal schon auf der Terrasse zu warm wurde und wir freiwillig in den kühlen Keller flüchteten. Eine ganz andere Flucht bescherten uns im Juli aber die eindrucksvollen Bilder des James-Webb-Teleskops, das in seinem Orbit um den zweiten Lagrangepunkt angekommen war. Absolut cool, diese Fotos, aber an sich nur Demo. Denn die eigentliche Aufgabe des Teleskops besteht in der Vermessung von Infrarotlicht, also Wärmestrahlung. Deshalb operiert es auch so weit draußen, von einem Schild vor Sonnenstrahlung geschützt. Unser Sonnenschirm konnte da überhaupt nicht mithalten.
Geärgert haben wir uns indes über das neue Macbook Air M2 und seinen Kompagnon namens Macbook Pro M2. Nicht wegen der auch separat erhältlichen geflochtenen Ladekabel in neuen Farben wie Polarstern oder Mitternacht, sondern wegen der ewig gleichen Sache: Das Einsteigermodell schränkt Apple so weit ein, dass man besser zu einer mittleren oder größeren Größe greift. Diesmal ist es auch nur 256 GB fassenden SSD, was allein schon fast eine Unverschämtheit ist. Aber die ist auch noch bedeutend langsamer als die Versionen mit 512 GB und 1 TB, da diese aus jeweils zwei Chips bestehen.
Endgültig aus ist es im Juli zwischen Apple und seinem einstigen Design-Chef Jony Ive, der zuletzt drei Jahre lang als externer Berater tätig war. Das sei nur PR gewesen, an sich war es schon 2019 vorbei, wollen informierte Personen wissen. Welche Auswirkungen der Abschied Ives langfristig hat, wird sich zeigen, zumal in Apples Designabteilung das ganze Jahr 2022 über noch Unruhe herrscht. Immerhin ist einem Paradigmenwechsel weg von Ives radikaler Designidee zu verdanken, dass die Macbooks Pro 14 und 16 Zoll wieder mehr Schnittstellen und eine vernünftige Tastatur haben.
Was Apple seit dem Frühjahr in Deutschland umgesetzt hat, wird im Juli schließlich final: „Umsehen“ in Apple Maps kann man sich nun überall im Lande, außer auf den Inseln. Aber Sylt überlassen wir ihn diesem Sommer gerne den Punks.
Apple hat wertvolle Dienste in der Pandemie geleistet, in Karten etwa stets das nächste Impf- oder Testzentrum angezeigt oder mit Google zusammen Schnittstellen für die Corona Warn App entwickelt, im Juli aber beschließt Apple einen neuen Lockdown. Nein, natürlich nicht, Chinas restriktive Politik, die keine mRNA-Impfstoffe vorsieht, wird im Spätsommer und Frühherbst für Apple produzierende Fabriken in den Lockdown schicken, den Lockdown den iPhones nennt Apple auf Deutsch „abgesicherter Modus“. Hintergrund: Sicherheitslücken, die etwa das Programm Pegasus ausnutzt, um staatliche Akteure missliebige Oppositionelle abhören zu lassen, sind bis heute nicht gefunden. Also dreht der abgesicherte Modus fast eine jede Kommunikation nach außen ab, um Angriffe zu verhindern.
Ende Juli ist wieder Zeit für die Bilanz, schon wieder ein Rekordwert für drittes Geschäftsquartal, 83 Milliarden US-Dollar Umsatz. Aber der mit Services geht erstmals gegenüber dem Vorquartal leicht zurück.
August: In der Hitze der Nacht

Apple Park in Cupertino
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Es bleibt in Deutschland brütend heiß. Die Gerüchteküche rund um neue Apple-Produkte läuft auch immer heißer, aber anders als eine Maschine, die zu schnell rotiert und langsam das Qualmen anfängt, sind das eher gute Nachrichten. Denn die Vorhersagen werden immer präziser. So werde es neben dem regulären Modell auch noch eine Apple Watch mit 47-mm-Screen geben, im August ist aber noch meist von „Pro“ die Rede und nicht von „Ultra“. Das große iPhone hingegen bekommen mit „Plus“ einen neuen, alten Namen.
All diese Gerüchte wird Apple aber erst im September bestätigen, im August hingegen räumt das Unternehmen schon mal ein, dass iPadOS erst später in Version 16 kommen wird, dann gleich als iPadOS 16.1, also eher erst im Oktober. Wir schließen messerscharf: Dann kommen auch neue iPads. Womit wir aber danebenlagen, war die Vorfreude auf eine zweite Keynote, die lässt Apple ausfallen. Dafür kündigt das Unternehmen recht früh die Veranstaltung für das iPhone und mehr an, am 7. September soll das sein, heißt es schon am 24. August, das Motto: Far out. Die etwas längere Frist hat einen erfreulichen Grund: Die iPhone-Keynote wird wieder in gewohnter Weise mit Publikum stattfinden, im Apple Park. Gerade dort wollen aber viele Mitarbeiter nicht wieder so oft hin, in pandemischen Zeiten hat sich Home-Office als weit überlegen gegenüber täglichem Pendeln erwiesen.
September: Die 14 ist da

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Böse Zungen behaupten, Wahlen halte man nur ab, um die Prognosen der Demoskopen zu bestätigen. Das stimmt dann aber doch nicht, bei den letzten Wahlen hatte sich die Wissenschaft der Wahlprognose zwar immer noch als mächtig, aber durchaus auch als fehlbar erwiesen. Noch bösere Zungen – also wir – behaupten indes gerne, dass Apple-Keynotes nur dazu dienen, bekannte Leaker zu bestätigen, oder in seltenen Fällen sie zu widerlegen.
Wir dürfen aber nicht nur von uns ausgehen, die jeden Tag die Nachrichtenlage rund um Apple verfolgen, viele Interessierte erreichen die Botschaften von iPhone 14 (Plus), iPhone 14 Pro (Max), Apple Watch SE, 8, Ultra und AirPods Pro 2 erst durch Veranstaltungen wie diese in der ersten vollen Septemberwoche. In der dominiert allgemein aber ein anderes Thema, das Apple sogar auf seine Website aufnimmt. Queen Elizabeth II stirbt im Alter von 96 Jahren.
Immerhin lagen viele vermeintliche Besserwisser in einigen Details verkehrt: Die „Notch“ ist zwar von den Pro-Modellen verschwunden, aber anstatt ein rundes und ein ovales Loch zu bohren, entschied sich Apple für die Dynamic Island, eine Notch, die zwischen sich und dem oberen Rand des iPhones noch ein klein wenig Platz lässt. Negativ überraschen die gestiegenen Preise, obwohl es dafür Gründe gibt, über die wir im Vorfeld berichteten: Der Dollar ist derzeit so stark, dass Apple Euro-Preise anheben muss, um noch auf seine Marge zu kommen. Was sich auch schon ein paar Wochen vorher abgezeichnet hatte: Nur die Pro-Modelle bekommen den neuen A16, die normalen iPhones den A15, der bisher in den iPhone 13 Pro verbaut gewesen war.
Selbst der Satellitennotruf hat uns kaum überrascht, war er doch schon seit einem guten Jahr durch die Gerüchteküche gewabert. Allenfalls die recht schnelle Umsetzung hat uns erfreut, Apple startete in den USA und Kanada den mit Globalstar betriebenen Dienst in den USA und in Kanada, Deutschland folgt schon im Dezember. Wildnis zum Verirren hat es hier zwar weniger, aber ausreichend große Funklöcher, in der man auf Satelliten angewiesen sein könnte.
Erfreut sind wir auch von Apples Konsequenz, das nun auch die SIM-Karte im iPhone weglässt, wenn auch vorerst nur in den USA. Die eSIM ist aber weit bequemer, bei unserem Umstieg auf ein neues iPhone haben wir dann auch gleich das Angebot angenommen, alles auf den eingebauten Chip zu überschreiben. Schon das iPhone 15 könnte weltweit nur noch mit eSIM kommen.
Der im Vergleich zu den Jahren davor recht frühe Termin für die iPhone-Keynote ist uns bei der Macwelt in einer Sache sehr gut entgegen gekommen: Am 13. September legten unsere Entwickler alle Schalter um und zogen unsere Website nach gut zehn Jahren auf ein neues Redaktionssystem um. Dabei änderte sich auch das Design, an das man sich aber recht schnell gewöhnen kann. Nur waren wir während des Umzugs etwa einen Tag lang nicht in der Lage, neue Artikel zu publizieren. Was gerade an einem Keynote-Tag etwas unschön gewesen wäre.
Keine zwei Wochen nach ihrer Vorstellung kommen die neuen iPhones in den Handel – und sind wie in den Vorjahren schlecht lieferbar. Zumindest die Pro-Modelle, die regulären 14er scheinen nicht so beliebt zu sein. Kein Wunder, der Unterschied zum Vorjahresmodell ist recht gering, man muss da fast mit der Lupe suchen. Apple versucht, die Produktion zu verlagern und mehr iPhone 14 Pro zu produzieren, doch Lockdowns in Chinas Industrieviertel im Süden des Landes macht dem einen Strich durch die Rechnung. Schon im November muss man vermelden, das iPhone 14 Pro sei so weit ausverkauft, dass man es vor Weihnachten nicht mehr bekommen könne. Erst im Dezember, kurz vor dem Fest, beginnt sich die Lage zu entspannen. Dann sind aber die Lieferzeiten längst in den Januar gerutscht. In dem Apple vermutlich trotz all der Schwierigkeiten wieder Rekordergebnisse posten wird, Foxconn macht das schon für das Septemberquartal.
Oktober: Ohne großes Aufsehen

Apple
Wenn der Oktober beginnt, endet schon bald das Oktoberfest, nach zwei Jahren Pause gibt sich München wieder dem Bierrausch hin – und befeuert die hoffentlich letzte große Infektionswelle. Von anderen Volksfesten hören wir zum Wiesnausklang aber von seltsamen Einsätzen medizinischen Personals: Die neue Unfallerkennung der iPhones 14 kann also auch in der Achterbahn auslösen. Apple erkennt das Phänomen und verspricht Verbesserungen – bis zur nächsten Fahrt auf der Wilden Maus sollten diese False Positives behoben sein und der Rettungsdienst nur noch für echte Notfälle ausrücken. Immerhin kann man vor der Achterbahnfahrt die Unfallerkennung deaktivieren.
Noch bis zum Ausschank der letzten Mass’n im Augustiner, im Schottenhammel und im Hacker-Zelt hatten wir darauf gehofft, dass Apple im Oktober eine weitere Keynote abhalten würde, an sich wider besseres Wissen. Denn informierte Kreise (Mark Gurmann) hatten schon Wochen zuvor gesagt, neue Produkte gebe es nur per Pressemitteilung.
Die erreichte die Redaktionsstuben nach einer zweistündigen Pause des Apple Stores auch am Dienstag, den 18. Oktober, den wir als Top-Termin für eine Keynote angesehen hatten. Vielleicht fand Apple selbst die Neuheiten nicht spektakulär genug, um die Pressemeute nochmal nach Cupertino einzuladen. Was das iPad Pro 2022 betrifft, mag die Einschätzung stimmen. M2 statt M1, das war’s dann auch schon. Die neue Hover-Funktion des Apple Pencil 2 ist nur eine Folge des verbesserten Chips. Mehr hat Apple beim Einsteiger-iPad gemacht. USB-C, Touch-ID in der Seitentaste, Frontkamera im Querformat, A14-Chip und die Mobilfunkvariante mit 5G, dazu bunte Farben und eine etwas kantigere Form, fertig. Dafür ist das iPad 10 auch ganz schön teuer geworden, so dass Apple das iPad 9 im Angebot behält. Aber ohne den Preis zu senken, der starke Dollar eben. Was Apple an jenem Dienstag noch im Gepäck hat, ist an sich ein Nebenprodukt, das es aber faustdick in den Ohren hat: Das Apple TV 4K ist aber an sich nur in der Variante mit Ethernet und 128 GB Speicher zu empfehlen, da es nur in dieser Fassung Thread unterstützt. Wenigstens hier fällt der Preis gegenüber der Vorgängergeneration.
Im Oktober vermeldet Apple einen neuen Meilenstein: Das Angebot von Apple Music sei mittlerweile auf 100 Millionen Titel angewachsen. Sicher, die Konkurrenz hat etwa die gleiche Menge zu bieten, Amazon lässt im Oktober die Beschränkung von Amazon Prime Music fallen und liefert den Gesamtkatalog auch einfachen Prime-Abonnenten. Eine seltsame Einschränkung mit dem Zufallsmodus bleibt jedoch.
November: Schwarzer Freitag, viele Wochen lang

Apple
Wir haben wes schon früher geahnt, aber Ende Oktober zieht Apple bei der Präsentation seiner Bilanz (neue Rekordzahlen!) einen Schlussstrich unter das Angebot für Weihnachten: Die Produktpalette sei komplett für 2022. Also keine Keynote im November, nicht mal per schnöder Pressemitteilung angekündigte Updates von Hardware wie Macbooks Pro. Müssen wir eben bis 2023 warten, dass dann wirklich episch wird. Hoffentlich.
Aber das heißt ja nicht, dass man die bestehenden Produkte nicht kaufen könnte. Im November finden wir immer wieder recht attraktive Angebote, nur eben nicht bei Apple. Gutscheine ist nach wie vor alles, was Apple rund um den Black Friday gibt. Immerhin, besser als nichts.
Nichts wird es auch mit der Wüsten-WM in Katar, für die Deutschen ist am 1. Dezember Schluss, die Schweiz kommt auch nicht wesentlich weiter und wir können uns wieder anderen Programmen auf Apple TV+ und anderen Kanälen widmen. Ab dem nächsten Jahr läuft dort sogar Fußball, man glaubt es kaum! Jedoch die Variante, die bei Apple zu Hause Soccer heißt. Spiele der Major League Soccer (MLS) streamt Apple künftig in 100 Länder, gegen Aufpreis. Ist aber nur ein Anfang, Apple hatte mit Sport bisher recht wenig zu tun. Aber bald werden die Rechte für die Champions League wieder vergeben. Dort erreichen deutsche Teams recht zuverlässig das Achtelfinale und manchmal auch mehr.
Dezember: Das Beste kommt zum Schluss

Apple
Manchmal kann Apple gegen Ende des Jahres noch überraschen. Während der Konzern zwar das selbst gesteckte Ziel nicht erreicht, binnen zwei Jahren den Mac komplett auf Apple Silicon umzustellen und im Dezember ein paar Leerstellen bleiben, liefern iOS 16.2, macOS 13.1 und verwandte Systeme willkommene Neuerungen, die man beinahe als das beste Produkt des Apple-Jahres 2022 bezeichnen könnte. Denn iCloud bietet eine durchgehende Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, nur bei wenigen Ausnahmen bleibt der Schlüssel bei Apple. Dem FBI gefällt es nicht, und ob chinesische Server wirklich ihre Schlüssel wegwerfen, darf man getrost anzweifeln. Es bleibt also kompliziert. Nur in einer Sache sind sich alle einig: mit der neuen Architektur von Apple Home kann die Sache nur besser werden. Jubelstimmen erklingen, mit Apple Music Sing auch noch in der Karaoke-Version.