Polizeibeamte aus Denver in militärischer Swat-Ausrüstung drangen in Frau Johnsons Haus in Montbello ein, um einen Durchsuchungsbefehl auszuführen, berichtet die Denver Post. Die 77-jährige öffnete demnach im Bademantel ihre Tür. Ein Polizeibeamter habe alle Anwesenden mit einem Megaphon aufgefordert herauszukommen. Andere Polizisten hätten Gewehre getragen und auf ihrem Rasen neben einem gepanzerten taktischen Fahrzeug gestanden. Ein weiterer Beamter hielt die Leine eines Deutschen Schäferhundes K9, heißt es in dem Bericht weiter, der bis dahin wie die Szene aus einem amerikanischen Tatorteinsatz im Fernsehen klingt. Doch es kam offenbar noch schlimmer: Laut Johnson schlugen die Polizeibeamten eine Garagentür mit einem Rammbock ein, brachen eine Deckenverkleidung an ihrem Haus auf, schlugen sogar einer Sammlerpuppe den Kopf ab und verließen das Haus in völliger Verwüstung. Doch was war der Hintergrund für diesen massiven, aber letztlich erfolgreichen Polizeieinsatz?
Durchsuchungsbefehl aufgrund “Wo ist?”-Ortung
Der Durchsuchungsbefehl folgte einer Meldung über einen gestohlenen Lkw, der bereits am 3. Januar um 6:45 Uhr aus einem Hotel in Denver gestohlen worden war. Der Besitzer des Lastwagens gab bei der Anzeige zu Protokoll, dass sich fünf Handfeuerwaffen, ein Gewehr, zwei Drohnen, 4.000 US-Dollar in bar und ein iPhone in dem Fahrzeug befanden, als es gestohlen wurde. Eine Kopie des Durchsuchungsbefehls liegt der Denver Post nach eigenen Angaben vor – sie sei von der ACLU of Colorado zur Verfügung gestellt worden. Die American Civil Liberties Union unterstützt die ältere Dame bei ihrer Klage.
Später erzählte der Lkw-Besitzer dem zuständigen Detective, dass er die App “Find My iPhone” von Apple verwendet habe. Demnach müsste sein iPhone in der Nähe der Kreuzung sein, an der Johnson wohnte. Der Lkw-Besitzer mietete ein Auto, fuhr bei Johnsons Haus vorbei und berichtete der Polizei, dass er zwar seinen Lkw nicht gesehen habe, dieser aber in der Garage sein könnte. So kam es zu dem Durchsuchungsbefehl, der zum geschilderten Einsatz ohne Resultat für die Polizei, aber mit den verheerenden Folgen für die Frau führte.
Wichtig dabei ist einmal mehr die Erkenntnis, dass die “Find My iPhone/Wo ist?”-App lediglich einen ungefähren Standort angibt. Sie sei daher auch nicht als Werkzeug der Strafverfolgung gedacht, heißt es in der Klageschrift, die inzwischen verfasst wurde. Es hätte demnach niemals aufgrund dieser Angaben zum Durchsuchungsbefehl kommen dürfen.
Polizei sucht außergerichtliche Einigung
Wie angedeutet ereignete sich dieser Vorfall bereits Anfang dieses Jahres, wurde aber jetzt erst allgemein bekannt. Denn inzwischen hatte Johnsons Familie mithilfe der American Civil Liberties Union (ACLU) Klage eingebracht, und ein lokaler TV-Sender berichtete über den massiven und offenbar unverhältnismäßigen Einsatz. So kam dann endlich auch Denvers Polizeichef Ron Thomas ins Spiel, der mit Johnsons Familie und Ihrem Anwalt zusammenarbeiten wolle, um möglichst eine außergerichtliche Einigung zu erzielen. Außerdem habe man ein spezielles Trainingsprogramm für die Beamten angekündigt, um diese im Umgang mit “Find My” und ähnlichen Tools zu schulen. Weitere Details gibt es außer in dem englischsprachigen Denver Post-Bericht auch beim österreichischen Standard online.