Als er auf der WWDC 2020 angekündigt wurde, war der Plan von Apple, die Mac-Reihe von Intel-Prozessoren auf seine eigenen ARM-Prozessoren umzustellen, eine wirklich große Sache. Durch die Herstellung eigener Chips konnte Apple mehr Kontrolle ausüben und die Hardware an die spezifischen Anforderungen seiner Geräte anpassen, während gleichzeitig die Kosten gesenkt und die Energieeffizienz verbessert wurden.
Und es fing gut an. Die ersten M1-Macs waren eine wahre Offenbarung, denn sie brachten enorme Geschwindigkeitssteigerungen und eine längere Batterielaufzeit mit sich – bei gleichem Design und ähnlichen Preisen. Der 24-Zoll-iMac folgte mit einem unglaublich dünnen Design, das Macbook Pro brachte die verloren gegangene Leistung und Erweiterbarkeit zurück und der M2-Chip im neu gestalteten Macbook Air brachte noch mehr Leistung pro Watt. Aber nachdem wir sieben Monate auf die M2-Pro- und M2-Max-Chips gewartet haben, die vergangene Woche vorgestellt worden sind, ist es schwer, nicht das Gefühl zu haben, dass die Begeisterung langsam nachlässt.
Es ist schwer, zweieinhalb Jahre lang begeistert zu bleiben, vor allem, wenn der Start so stark war. Es gab einen spürbaren Sprung nach vorne, als das Macbook Air von den Zwängen der leistungsschwachen Prozessoren der Y-Serie von Intel befreit wurde, wie wir in unserem Test des Modells Ende 2020 feststellten, in dem wir die „dramatisch bessere Leistung und Batterielaufzeit“ hervorhoben und einräumten, dass „das eine kleine Sensation war“. Das Gleiche galt für den M1 Mac Mini und das Macbook Pro 13 Zoll.
Aber dieser Fortschritt hat sich nicht fortgesetzt. An den Neuerscheinungen letzter Woche gibt es nichts auszusetzen, aber es sind eher inkrementelle Verbesserungen als große Schritte nach vorn. Vielleicht wurde der anfängliche Geschwindigkeitsschub beim M1 durch die exzentrische oder übervorsichtige Wahl der Intel-Chips gegen Ende der Geschäftsbeziehung zwischen den beiden Unternehmen übertrieben und wie bei Intel und AMD kommen große Fortschritte nur einmal in einer Generation vor. Benchmarks werden wahrscheinlich ausreichende Verbesserungen zeigen, aber die Mac-Ankündigungen in dieser Woche fühlten sich genauso vorhersehbar an wie in den Intel-Jahren.
Zu viel des Guten?
Wenn Apple die Leistung des M2 Mac Mini mit dem vier Jahre alten Core i7 Modell vergleicht und nicht mit dem M1, dann ist das ein wenig verräterisch, denn die diesjährigen Zuwächse sind weit weniger dramatisch. Der erhoffte Sprung zu einem 3-nm-Fertigungsprozess hat nicht stattgefunden. Die neuen Macbook-Pro- und Mac-Mini-Modelle bleiben in Bezug auf Spieleleistung und -funktionen weit hinter PCs zurück, die mit Nvidia-GPUs ausgestattet sind. Apple Silicon ist kein Allheilmittel für die Einschränkungen des Macs und wird es wohl auch nie sein.
Das Gewicht dieser Erwartungen wird sich wahrscheinlich noch verstärken, wenn der Mac Pro irgendwann in diesem Jahr auf den Markt kommt. Die neuesten Gerüchte deuten darauf hin, dass er nicht wie vermutet mit dem M2 Extreme Chip ausgestattet sein wird, sondern mit einem etwas schnelleren M2 Ultra, mit einer 24-Kern-CPU und einem 76-Kern-Grafikprozessor sowie Steckplätzen für Speicher-, Grafik-, Medien- und Netzwerkkarten (aber nicht für Arbeitsspeicher). Apple Silicon wird es Apple ermöglichen, den Mac Pro häufiger zu aktualisieren, aber wenn man von einem 50.000-Dollar-Gerät, das alles in seinem Umfeld übertrifft, zu einem Gerät wechselt, das vielleicht 20 Prozent schneller ist als der Mac Studio, ist es schwer, sich dafür zu begeistern.
Und obwohl der neue Mac Pro mit ziemlicher Sicherheit günstiger sein wird als das aktuelle Modell, hat die Umstellung auf Apple Silicon eindeutig, und manche würden sagen vorhersehbar, nicht zu niedrigeren Preisen für die gesamte Produktpalette geführt. Vor allem der M2 Mac Mini bringt diese Produktlinie näher an ihr ursprüngliches Budget-Konzept heran, aber die meisten Macs mit Apple Silicon sind entweder im Preis gleich geblieben oder gar teurer geworden. Das neue Macbook Air kostet 200 Euro mehr als früher, das 16-Zoll-Macbook Pro kostet 100 Dollar mehr als sein Intel-Vorgänger und in Ländern außerhalb der USA sind die Preise für die meisten Modelle deutlich gestiegen. (Die Preissteigerungen in Deutschland und im gesamten Euro-Raum sind eher den schwachen Wechselkursen geschuldet – Anm. d. Red).
War es schon immer absehbar, dass sich die niedrigeren Herstellungskosten nicht in niedrigeren Preisen für die Verbraucher niederschlagen würden? Ja. Hätten wir schon längst begreifen müssen, dass Unternehmen zur Gewinnmaximierung da sind und nicht, um das Leben ihrer Kunden zu verbessern? Ja! Aber untergräbt das Ausbleiben signifikanter Preissenkungen eine der größten Hoffnungen bei der Umstellung auf Apple Silicon? Ebenfalls ja.
Apples Produktpalette ist so kompliziert wie Tarifsysteme im deutschen ÖPNV
Aber das vielleicht größte Problem bei der Umstellung auf Apple Silicon ist die fragmentierte und unorganisierte Art und Weise, in der Apple sie gehandhabt hat. Während der M1 Mac Mini im November 2020 auf den Markt kam, hielt sich sein teureres Intel-Geschwister noch mehr als zwei Jahre lang. Nachdem der 24-Zoll-iMac im März 2021 auf den Markt gekommen war, blieb das 21,5-Zoll-Intel-Modell bis Oktober in den Regalen stehen. Der Mac Mini, der zur ersten Welle der M1-Veröffentlichungen gehörte, erhielt die M2-Version erst sieben Monate nach dem Erscheinen des M2 Macbook Air. Und nach einer Ankündigung im vergangenen März warten wir immer noch auf den Mac Pro mit Apple Silicon. Alles in allem ist das ein Grund für Verwirrung und Enttäuschung.
Die Umstellung von Intel auf Apple Silicon sollte nach den Worten von Tim Cook „etwa zwei Jahre“ dauern. Seit diesem Versprechen sind bald 31 Monate vergangen – oder 26, wenn man den Übergang von der Einführung der ersten M1-Macs an misst. Apple hat gerade erst den in die Jahre gekommenen Intel Mac Mini aus dem Sortiment genommen und der Mac Pro ist immer noch mit veralteten Intel Chips ausgestattet. Es ist unklar, warum der Pro bis zum Schluss aufbewahrt wurde oder wann der Umstieg auf Apple Silicon endlich stattfindet, aber der ganze Prozess hat definitiv länger gedauert als er sollte.
All das soll nicht heißen, dass der Wechsel von Intel zu Apple Silicon keine großen Vorteile mit sich gebracht hat. Es war offensichtlich eine kluge Entscheidung, aber was als „großer Sprung nach vorn für den Mac“ begann, hat sich zu einem langsamen Spaziergang entwickelt. Da Apple weiterhin sporadisch neue Chips auf den Markt bringt und die Kunden mit einer unübersichtlichen Auswahl an Optionen verwirrt, wird es immer schwieriger, die Magie zu spüren.
Anderer Ansicht bezüglich des M2 ist unsere Kollegin Halyna Kubiv.
Dieser Artikel erschien ursprünglich bei unserer Schwesterpublikation „Macworld“ und wurde aus dem Englischen übersetzt.