Macwelt wünscht einen guten Morgen!
Als der Begriff „Querdenker“ noch nicht von einer staatsfeindlichen und menschenverachtenden Horde von Realitätsverweigerern gekapert war, definierte Apple sein eigenes Querdenkertum. Diese sind unangepasst, Rebellen, „eckige Pflöcke in runden Löchern“, Personen wie Mahatma Gandhi, Albert Einstein, Pablo Picasso, Muhammad Ali, Maria Callas, Amelia Erhardt – Menschen, die das Unmögliche ermöglichten, weil sie weiter dachten – über den Tag hinaus. Man kann sie erst ignorieren und über sie lachen, dann wird man sie bekämpfen und schließlich werden sie obsiegen – so sah sich Apple im Jahr 1997, als keiner mehr einen Pfifferling auf das Unternehmen mit dem angebissenen Apfel setzte.
Der Werbespot „Think different!“ Ist heute so legendär wie jener aus dem Jahre 1984, der zeigte, dass Apple das Jahr 1984 so werden lasse, dass es nicht „1984“ aus der Orwell’schen Dystopie wird. Beiden Spots gemeinsam ist: Es ist kein Produkt in ihnen zu sehen. Aber nur zwei Tage nach der Ausstrahlung während des Superbowl XVIII zog ein damals nicht ganz 29-jähriger Steve Jobs die Revolution aus einer unscheinbaren Tasche: den ersten Macintosh.
Der alle Regeln brechende Rechner versprach den im Flint-Center anwesenden Aktionären und der ganzen Welt nicht weniger als eine tief greifende Revolution, der Computer solle nun in die Hände von jedermann kommen und sich ohne langwierig zu erwerbende Kenntnisse bedienen lassen. “Big Brother” aus dem Werbespot vom Sonntag davor, das war ein Symbol für das große, unflexible, ja, als diktatorisch empfundene Unternehmen IBM, dessen Rechner nur von Spezialisten bedienbar waren und von Lohnsklaven an Terminals mit Daten gefüttert wurden.
Seit dem Spott, den Ridley Scott produzierte, hat keiner mehr Apple ignorieren können, gelacht hat auch keiner über diese seltsame Maschine, die sogar zu reden begann. Bekämpft hat Apple der Rest der IT-Welt dann doch, mit legalen Mitteln. Hat der Mac schließlich obsiegt? Die einen sagen so, den anderen hören wir nicht so gerne zu, aber Fakt ist: dem Mac geht auch in seinem 40sten Lebensjahr gut, was die jüngsten Updates wieder eindrucksvoll beweisen.
Neu erfinden kann nicht einmal Apple den Mac in jedem Jahr, so manche Erwartungshaltung ist einfach zu hoch, um durch den evolutionären Schritt von M1 (Pro) auf M2 (Pro) nicht enttäuscht zu werden. Aber gerade Apple Silicon hat gezeigt, dass Apple den Mac weiter entwickelt und eine Vision für ihn hat, deretwegen man nicht zum Arzt gehen muss.
Gleichwohl muss man nicht alles glauben, was einem die Werbung vorspielt. Apple ist kein Rebell, sondern ein am Profit orientiertes Unternehmen. Das IBM der frühen Achtziger war auch keineswegs eine Großrechnerdiktatur, sondern hatte zu jener Zeit längst auch persönliche Computer herausgebracht und den Begriff des PC damit überhaupt erst geprägt. Der IBM-PC war jedoch eine Reaktion auf den Apple II, mit dem das Start-up aus Kalifornien schon sieben Jahre vor dem Macintosh das Weltbild des Computings auf den Kopf gestellt hatte.
Und noch etwas anderes war ein geradezu grotesker Fake: Die Maschine sprach nicht selbst, von künstlicher Intelligenz getrieben, die Rede des Computers zu seiner Geburt war von seinen Entwicklern um Andy Hertzfeld geschrieben. So richtig spricht der Mac erst heute via Siri mit seinen Nutzern – auf einem immer noch überschaubaren Niveau. Zuletzt hat ChatGPT gezeigt, dass der Stand der Technik allmählich auf das Niveau kommt, das sich damals Apple in kühnen Träumen vorgestellt hat.
Warum der Mac aber zum Erfolg wurde und nicht die ein Jahr zuvor veröffentlichte LISA, lag daran, dass es im Jahr 1984 Apple mit dem Mac gelungen war, das Konzept der grafischen Oberfläche zu einem vernünftigen Preis auf den Markt zu bringen. Man musste nicht mehr stunden- tage- und wochenlang Befehle lernen, um mit der Maschine etwas anfangen zu können, sondern blickte sich auf dem Bildschirm einfach um und erkannte die Ähnlichkeit zum Schreibtisch, zu Aktenschränken und -ordern – sogar an den im Büro einfach unvermeidlichen Papierkorb hatte Apple gedacht. Der Preis: 2.500 US-Dollar. Klingt erst einmal nicht so teuer, aber im Jahr 1984 war der US-Dollar so stark wie kaum seit dem Zweiten Weltkrieg, in Deutschland kostete die Maschine so um die 10.000 Mark.
Der Mac hätte nur um die 500 US-Dollar kosten dürfen, war der ursprüngliche Gedanke des Apple-Ingenieurs Jef Raskin. Aber seit Steve Jobs das Projekt an sich gerissen hatte, wurden die Anforderungen an die Maschine immer größer – aus heutiger Sicht die richtige Entscheidung. 39 Jahre ist kein Alter, nicht einmal für eine Maschine.
Daher sagen wir heute: Happy Birthday, Macintosh! Auf die nächsten 39 und noch viel mehr!
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