Macwelt wünscht einen guten Morgen!
Erstaunlich, Apple ist immer noch nicht bankrott, obwohl es letzte Woche ein Zahlenwerk vorgelegt hat, das man ja nur mit “Krise” bezeichnen kann. Umsatz und Gewinn gegenüber dem Vorjahr deutlich zurückgegangen, keinen neuen Rekord markiert. Anleger fliehen, stoßen ihre Apple-Aktien ab und investieren stattdessen in Gold.
Quatsch – natürlich nicht. Am Tag nach Bekanntgabe der Bilanz für das Dezemberquartal 2022, welches das Erste im Finanzjahr 2023 ist, steig der Kurs der Apple-Aktie an der Nasdaq sogar. Und von wegen “keine Rekorde”: Nach ein paar Quartalen der Stagnation nahmen die Einnahmen mit Services wieder zu, erstmals nahm Apple damit über 20 Milliarden US-Dollar im Quartal ein. Und wer bei einem Gesamtumsatz von 117 Milliarden US-Dollar und einer Bruttogewinnmarge von 50 Prozent von Krise spricht, hat vieles nicht verstanden.
Sicher, Krisen gibt es nicht nur auf der Intensivstation, wie es in einer Plattitüde heißt, und nicht nur Unternehmen kurz vor dem Bankrott sind davon getroffen. Krise bedeutet in ihrem ursprünglichen Sinn nur so etwas wie Wendung – wenn es sich tatsächlich so erweisen sollte, dass das erste Quartal 2022 das Beste in Apples Geschichte markiert, wäre das erste Quartal 2023 in der Tat eines der Krise. Für Abgesänge, dass Apple das Beste aber schon hinter sich habe, ist es viel zu früh.
Es ist der Fluch des Erfolgs: Wenn sich Apple einmal nicht dumm und dämlich verdient, sondern einfach nur dumm, ist das Krisengeheule so groß wie wenn der FC Bayern dreimal in Folge Unentschieden spielt. Die Erfolge der letzten zehn Jahre schüren eine Erwartungshaltung, die nicht in jedem Detail erfüllbar ist. Abgerechnet wird aber am Schluss, bei den Bayern ist das die Saison, bei Apple und seinem wichtigsten Produkt, dem iPhone, sollte man eher einen Zeitraum von drei Jahren ansetzen. Denn wenn auch jedes Jahr ein neues iPhone kommen muss, ändert Apple derzeit etwa alle drei Jahre Wesentliches. Das iPhone X, XS und 11 Pro waren gewissermaßen vom gleichen Schlag, ebenso die Reihen 12 bis 14. Gerade beim Vergleich 14 zu 13 wären Sportjournalisten in die Versuchung geraten, von einem “enttäuschenden Unentschieden” zu sprechen.
Bleibt Apple bei seinem Rhythmus, wird das iPhone 15 wieder ein etwas spektakuläreres Update, so wie ein Auswärtssieg im Pokal – bei dem auch ein neuer Mitspieler entscheidenden Anteil hatte. Sicher, der Fußballfreund will sein Team jedes Wochenende siegen sehen, sonst ist er am Montag schlecht gelaunt, so wie der Apple-Fan am liebsten jedes Jahr ein neues iPhone hätte.
Zwischendrin kann man auch mal kleinere Schritte gehen, um voranzukommen. Irgendwann wird das iPhone an Relevanz verlieren und jemand anderes die Meisterschaft gewinnen, aber dann wird bei Apple das nächste große Ding bereits sein und beim Serienmeister die nächste Gewinnerära anstehen. So viel Krise kann gar nicht kommen, damit das nicht passiert.