Macwelt wünscht einen guten Morgen!
Das Ende einer Ära stehe bevor, schrieb die Süddeutsche Zeitung im Teil „Gesellschaft“ der Ausgabe vom 4./5. Februar. Gemeint seien soziale Netze, das „Prinzip der digitalen Freundschaft“ sei am Sterben und damit auch „das Geschäftsmodell der Influencer“. Stattdessen würden nun die Ersteller von Inhalten, Pardon „Content-Creator“ das Ruder übernehmen. Der Grund könnte sein, dass mancher Erfolg seine Schöpfer auffrisst: „Die Schwelle steigt, Privates zu posten, oder überhaupt zu posten, wenn man nie weiß, ob das eigene Material eventuell viral geht – unfreiwillig.“
Ob der Autor recht behalten wird, sehen wir in ein paar Jahren. Eines der gemeinten Netzwerke ist seit heute 18 Jahre alt und damit volljährig – wenn man das so sagen kann. Zeit, endlich seriös zu werden?
Begonnen hatte es ganz harmlos und der Zeit entsprechend: Im Februar 2005 war es noch üblich, nach einem Ausflug in den Zoo oder einem verlängerten Wochenende auf der Skihütte die dort mit der Digitalkamera aufgenommenen Bilder und immer häufiger auch Videos, daheim auf den Rechner zu kopieren, auf einem anständig großen Bildschirm (na ja, meist so um die 15 Zoll) zu sichten und die besten Aufnahmen an Freunde, Bekannte und Verwandte zu mailen.
Nur bannten die Kameras immer größere Datenmengen auf Speicherkarte und Festplatte, vor allem die immer erschwinglicher gewordenen digitalen Videokameras lieferten Dateien ab, die in kein Postfach mehr passten. Was nun? Den Freunden, Verwandten und Bekannten USB-Sticks, DVDs oder gar Magnetbänder schicken? Aber wir haben doch schon das 21ste Jahrhundert!
So war die Idee der ehemaligen PayPal-Mitarbeiter Chad Hurley, Steve Chen und Jawed Karim auch alles andere als analog und gar nicht mehr Neunziger. Lasst uns doch einen Server mieten, auf den wir die Filme stellen und von dem man sie per Stream abspielen kann, wir schicken an unsere Leute nur noch eine Mail mit einer Adresse, unter der sie glotzen können. Du wirst so also selbst zum Sender. Nur der Name des Dienstes erinnert noch an das vergangene Jahrhundert und die damals verbreiteten Technologien, mit denen man bewegte Bilder in die Lebenswelten der Empfänger brachte: YouTube. Röhrenmonitore waren aber am 15. Februar 2005 längst im Aussterben begriffen.
Geniale Idee und verdammt schnell angenommen, nur noch völlig ohne Geschäftsmodell. Deshalb wunderten sich viele, dass das aufstrebenden Google schon ein Jahr später immerhin eine Milliarde US-Dollar in die Hand nahm, um Youtube zu kaufen. Nur hatte man in Mountain View längst begriffen, dass der Dienst perfekt zu den Geschäftsmodellen personalisierter Werbung und digitaler Freundschaft passen würde und dass die Generationen X, Y, Z und welche da auch immer noch folgen werden, sich lieber einen Film ansehen, als mühselig etwas zu lesen.
Ein bewegtes Bild sagt ja auch viel mehr aus als tausende von Worten, das Prinzip “show, don’t tell” gilt nicht nur im Filmbusiness, sondern lässt sich auch wunderbar für Tutorials einsetzen. Leider lügen viele Bilder bewegter und stiller Art nicht nur wie gedruckt, sondern noch viel schlimmer. Wie will man das aber eindämmen und kontrollieren? Nicht immer lassen sich Videos so leicht als gefälscht oder manipulativ identifizieren, was ChatGPT heute mit Sprache versucht, kann KI mit Bilder und Videos schon lange. Es ist wohl wirklich an der Zeit, dass die Content-Creator übernehmen und dabei der Verantwortung ihrer Inhalte gerecht werden.
Mehr Macwelt am Morgen finden Sie in unserem Morgenmagazin-Newsletter – hier bestellen