Als Apple im Juni 2020 den Übergang von Intel- auf die hauseigenen M-Chips angekündigt hatte, gab das Unternehmen Versprechen, die es teilweise immer noch nicht erfüllt hat. Allen voran hat es damals angekündigt, dass der Übergang „in etwa zwei Jahren“ beendet sei. Mittlerweile sind wir vier bzw. acht Monate über diesem Zeitplan, je nachdem, wo man anfängt zu zählen.
Doch neben dem Versprechen, „in den kommenden Jahren weiterhin neue Versionen von macOS für Intel-basierte Macs [zu] unterstützen und [zu] veröffentlichen“, was auch definitiv stimmt, „hat [Apple] spannende neue Intel-basierte Macs in der Entwicklung.“
Das ist bald drei Jahre her und bisher fehlt von neuen Intel-basierten Macs jede Spur. Mit nur einem Intel-Mac in Apples Sortiment wirkt es, als wäre der Zug abgefahren und die Umstellung des Mac Pro auf Apple Silicon nur eine Frage der Zeit. Vor etwa einem Jahr hat John Ternus bei einer Keynote genau das angedeutet, als er sagte, dass nur noch ein Produkt fehlt. Doch vielleicht wären alle glücklicher, wenn Apple sich damit noch Zeit lässt.
Das Kernproblem
Die jüngsten Gerüchte um den Mac Pro sind nicht gerade vielversprechend, da Apple wegen der einzigartigen Architektur des M2-Chips angeblich gezwungen ist, die einzigartigen Eigenschaften des Mac Pro umzudenken, einschließlich erweiterbarem Arbeitsspeicher und dedizierten Grafikkarten. Der angebliche M2 Extreme mit 48 CPU- und 152 Grafikkernen wird indes immer unwahrscheinlicher, da sich Apple für einen leicht übertakteten M2 Ultra mit 24 CPU- und 76 GPU-Kernen entschieden haben soll.

Der Studio kostet deutlich weniger als ein Mac Pro, ist aber genauso schnell.
Foundry
Das sind eindrucksvolle Zahlen, doch besonders mit Rücksicht auf den Mac Studio mit M1 Ultra wäre der Preis eines vollausgestatteten Mac Pro mit Intel Xeon W – weit über 20.000 Euro – absolut nicht gerechtfertigt. Als der aktuelle Mac Pro 2019 auf den Markt gekommen ist, war seine nächste Konkurrenz der 18-Core Intel Xeon W im iMac Pro, der in den Benchmarks jedoch weit abgeschlagen lag – 13.453 Punkte gegen 26.604 im Geekbench Multicore-Test. Zugegebenermaßen kostete der Mac Pro damals über 10.000 Euro auch mehr als der iMac Pro, aber dafür hat man eben auch wesentlich mehr Leistung bekommen.
Ausgehend von den jüngsten Berichten soll das beim neuen Mac Pro nicht der Fall sein. Er wird wohl schneller sein als die aktuellen Spitzenmodelle des Mac Pro und des Mac Studio – besonders, wenn Apple dem Mac Studio keinen M2-Chip spendiert –, doch der Abstand wird nicht ansatzweise so groß ausfallen wie beim letzten Mac Pro. Geekbench-Benchmarks für den M1 Ultra sind im Bereich von 24.000 Punkten angesiedelt, also rechnen wir beim M2 Ultra mit ca. 30.000, wenn wir den üblichen Performance-Boost von 20 bis 25 Prozent ansetzen. Das wäre zwar mehr als der aktuelle Intel Xeon W mit 28 Kernen (26.604), aber nicht besonders deutlich.
Da selbst die kleinsten Mac-Chips bemerkenswert leistungsfähig sind, hat sich Apple mit dem Mac Pro in eine Sackgasse manövriert. Käufer:innen erwarten vom Mac Pro „ein System, das verschiedenen Profi-Anwender:innen erlaubt, die Grenzen des Möglichen zu verschieben“, aber mit mickrigen Performance-Verbesserungen und eingeschränkten Erweiterungsmöglichkeiten bekommen sie nicht das bahnbrechende Gerät von früher.
Wieder Intel Inside
Doch selbst wenn der neue Mac Pro die entsprechende Leistungssteigerung mit sich bringen würde, könnten Interessenten von Apple Silicon Abstand halten. Der Mac Pro ist die Art Gerät, mit dem eine ganz spezifische Nische gefüllt werden soll und diese Nische ist möglicherweise abhängig von Zubehör oder Anwendungen, die auf Macs mit Apple Silicon nur schlecht laufen – oder gar nicht.

Wenn Apple in den nächsten Mac Pro einen Intel-Chip steckt, macht das viele Menschen glücklich.
Apple
Für diese Menschen – und ich schätze, es sind viele – wäre ein neues Intel-Modell wahrscheinlich eine bessere Lösung als eins mit M2 Ultra, besonders, wenn Apple auf den neuen Xeon X W-3400 oder Xeon W-2400 setzen würde. Diese Workstation-Chips mit bis zu 56 Kernen und 112 Threads, die das Unternehmen letzte Woche vorgestellt hat, können einem möglichen M2 Ultra ebenbürtig sein oder ihn sogar übertrumpfen.
Wie Macworld-Kollege Jason Cross vermutet, würde Apple wegen der Wärmeentwicklung wahrscheinlich auf die W-2400-Chips mit 24 Kernen setzen. Der leistungsfähigste Intel-Prozessor im aktuellen Mac Pro hat eine TDP von 205 W, die W-2400-Reihe bewegt sich zwischen 120 und 225 W, die W-340 von 270 bis 350 W. Da Apple bei seinen M-Chips Effizienz statt roher Leistung bevorzugt, hält Cross es unwahrscheinlich, dass es sich für die stromhungrige Variante entscheidet.
Doch selbst die „kleineren“ Chips wären ein exzellentes Upgrade für den aktuellen Mac Pro, das auch weiterhin dieselbe Erweiterbarkeit gewährleisten würde. Ich bezweifle, dass sich potenzielle Käufer:innen über ein neues Intel-Gerät aufregen würden, das den Einsatzbereich des Mac Pro beibehält, aber einen massiven Performance-Boost gegenüber dem 2019er-Modell mit sich bringt. Mit einem Intel-Chip könnten Nutzer:innen ihr aktuelles Setup upgraden und die Erweiterbarkeit beibehalten, was Apple wiederum Zeit geben würde, ein anständiges Modell mit Apple Silicon zu entwickeln.
Und wenn diese Menschen unbedingt ein Gerät mit Apple Silicon haben möchten, können sie sich immer noch ein Macbook Pro dazukaufen.
Dieser Beitrag ist ursprünglich in unserer Schwesterpublikation „Macworld.com“ erschienen und wurde aus dem Englischen übersetzt.
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