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Es ist ein wenig absurd, das iPhone als ein Telefon zu bezeichnen. Sicher, es kann ganz gut telefonieren, nicht nur außerhalb des Hauses. Mit der richtigen App übernimmt es auch daheim die Festnetztelefonie, andere Apparate als das iPhone braucht es eigentlich kaum noch.
Aber das iPhone ist weit mehr: Fotoapparat, Straßenkarte mit Navigationsgerät, mobiler Fernseher, Lexikon, Spielekonsole, Stereoanlage und noch viel mehr. Ebenso absurd ist es, die Apple Watch als Uhr zu bezeichnen.
Doch, das kann sie wie das iPhone telefonieren: Zuverlässig die Uhrzeit zeigen, solange noch Landung im Akku ist. Seit dem Modell Series 5 muss man die Apple Watch nicht einmal aktivieren, damit man weiß, was die Stunde geschlagen hat. Aber die Apple Watch kann noch viel mehr: Den Puls und den Schlaf vermessen, Schritte zählen, die Tiefe beim Tauchen ermitteln, Musik und andere Audio-Inhalte abspielen – und sogar telefonieren. Ist die Apple Watch am Ende doch ein Telefon?
Die Bezeichnung Smart Watch ist schon nicht verkehrt – wie andere Uhren wird sie am Handgelenk getragen, zum schnellen Blick darauf. Das unterscheidet die Watch von der Clock, die an der Wand hängt, in der Ecke steht oder am Kirchturm angebracht ist. Das Konzept der Armbanduhr als solches ist gar nicht mal so alt: Im Ersten Weltkrieg wurden Zeitabsprachen für Ausfälle und Rückzüge immer wichtiger, im ständigen Getümmel war die Konsultation der Taschenuhr zeitraubend und manchmal lebensgefährlich. Ein schneller Blick auf das Handgelenk hingegen informativ.
In friedlicheren Zeiten ist die Armbanduhr auch zu einem Statussymbol geworden, die neutrale Schweiz und ihre versierten Feinmechaniker wurden sozusagen zu Kriegsgewinnern. Die Digitalisierung brachte aber die Schweizer Uhrenindustrie schon zweimal in eine veritable Krise.
Der erste wesentliche Angriff auf die Handgelenke der Menschen kam aus Fernost. Quarz statt Unruh, digitale Ziffern statt elegante Zeiger: Die Casios und Co waren nicht nur ungenauer als große Handwerkskunst, sondern auch noch potthässlich. Aber jeder hat nun mal nur ein Handgelenk, um daran eine Uhr zu tragen.
Die Reaktion der Schweizer Uhrenindustrie erlebte heute vor 40 Jahren ihren Anfang: In Zürich werde die erste Swatch vorgestellt. Das steht nicht für Smart Watch, sondern für Suisse Watch, Herkunft als Qualitätsmerkmal. Die Rechnung ging lange auf, der größte Uhrenhersteller nach Umsatz und Stückzahlen ist aber heute – nach eigenen Angaben – ein kalifornisches Unternehmen: Apple.
Die Apple Watch ist als Zeitanzeiger auch nicht ungenauer als Quarzuhren, Schönheit ist Geschmacksache: Mit teuren Armbändern von Hermès und den passenden Zifferblättern steht die Apple Watch aber in Eleganz (und auch im Preis) zumindest einigen Schweizer Herstellern in wenig nach. Dabei nimmt die Apple Watch in ihrer Vielseitigkeit sogar Vorbild bei mechanischen Meisterwerken: Die Komplikationen – jene kleinen Informationen von im Hintergrund arbeitenden Apps an den Rändern oder im Zentrum des Zifferblatts kennt man von komplizierten mechanischen Werken. Nur eines ist die Apple Watch nicht, außer man betrachtet sie nicht als einzelnes Produkt, sondern als stets erneuertes und verbessertes Konzept: Langlebig. Das gilt aber auch für die freche und bunte Quarzuhr Swatch – kein Vergleich zu Uhrmacherkunst.
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