In den vergangenen Jahren wurden VPN-Dienste zu den wohl meist beworbenen Internet-Diensten – gibt es doch mittlerweile zahllose Anbieter, die Ihnen ein Abo verkaufen wollen. Ist ein solcher VPN-Dienst aber überhaupt notwendig? Dass es sich dabei nur um „Schlangenöl“ handelt, ist schließlich gelegentlich zu hören.
Ein VPN kann aber nach Meinung vieler Fachleute wirklich für ein Mehr an Sicherheit und Privatsphäre sorgen, sogar Apple und Google mischen hier mittlerweile mit: Der erstmals 2021 vorgestellte Apple-Dienst Internet Relay ist bei kostenpflichtigen iCloud-Abos bereits mit enthalten und verspricht mehr Sicherheit und Anonymität. Seit Kurzem bietet nun auch Google das kostenpflichtige Google One an.
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Es gibt aber noch ein zweites Versprechen, das bis auf Apple fast alle Anbieter geben: Dank der Umleitung über einen entfernten VPN-Server können Sie auch einen anderen Standort vortäuschen. Das ist vor allem interessant, wenn man Dienste mit Geo-Sperre nutzen will, etwa im Urlaub den neuen Tatort sehen will oder günstige indische Online-Dienste wie Netflix.
Wie funktioniert ein VPN oder VPN-Dienst?
VPN oder Virtual Private Network ist eine Art „Surfen mit Schutzschicht“. Über einen verschlüsselten VPN-Tunnel schützt man seine Datenverbindungen vor dem Rest des Internets. Statt sich direkt mit einem Firmenserver oder der Homepage direkt zu verbinden, wird ein sogenannter VPN-Server dazwischengeschaltet und die Verbindung erfolgt zudem verschlüsselt. Dissidenten sollen so ungestört kommunizieren, TV-Junkies durch Ländersperren geschützte US-Serien sehen und Firmenangehörige auf Firmendaten zugreifen können.
Wann soll man VPN verwenden?
Für einen Privatanwender, der sein Heimnetz nutzt und ein aktuelles iOS oder macOS verwendet, ist ein VPN nicht notwendig – außer Sie haben großes Misstrauen gegenüber Ihren Nachbarn. Surft man aber häufig in offenen oder schlecht geschützten WLAN-Netzen, etwa in einem Café oder Hotel, kann ein VPN-Dienst mehr Sicherheit gewährleisten. Theoretisch könnten in einem ungeschützten WiFi-Netz Hacker den Datenverkehr mitschneiden und so Finanzdaten oder Passwörter sammeln.
Sicherer als WLAN ist auch der Mobilfunk. Will man nur schnell seinen Kontostand überprüfen, kann man am iPhone oder iPad WLAN deaktivieren und die Daten per LTE abrufen.
Sind kostenlose VPN-Dienste zu empfehlen?
Es gibt auch kostenlose Dienste, diese haben aber meist einen Haken. Ein VPN-Server kostet Geld, was die Betreiber irgendwie finanzieren müssen. Bei manchen kostenlosen VPN-Angeboten kann man etwa keinen fremden Standort auswählen. Das gilt etwa für den interessanten Dienst 1.1.1.1, der ausschließlich die Sicherheit verbessert, ebenso gilt dies für Apples Internet Relay. Der kostenlose VPN-Dienst von Opera ist ebenfalls auf einige wenige Standorte begrenzt. Bei anderen kostenlosen Angeboten ist das Volumen begrenzt und soll Werbung für einen kostenpflichtigen Dienst machen. Sie können dann etwa nur ein Datenvolumen von 500 MB verbrauchen. Einige kostenlose Dienste finanzierten sich sogar über den Verkauf von Nutzungsdaten an Marktforscher.
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Welchen Dienst kann man empfehlen?
Eine Übersicht der wichtigsten seriösen Anbieter finden Sie hier. Gute Leistungen und hohe Sicherheit zeigten in unseren letzten Tests etwa der teure Dienst Nordvpn. Empfehlenswert sind auch das günstigere Surf Shark oder Norton Secure. Auffallend: Die Anzahl der Anbieter ist mittlerweile sehr groß, manche Dienste sind aber identisch und werden nur unter verschiedenen Markennamen angeboten.
Die besten VPN-Dienste für Macs und iPhones
Was sind die Nachteile von VPN-Diensten
Durch die „Umleitung“ verschlechtert sich die Leistung von Up- und Download als auch die Latenz. Je nach Leistung des VPN-Servers kann dieser Leistungsverlust zwischen „kaum spürbar“ bis „nicht mehr sinnvoll nutzbar“ schwanken. Das kann je nach Dienst und gewähltem Standort sehr unterschiedlich sein, in einem Automatik-Modus wählen die meisten Dienste oft den schnellsten verfügbaren Server.
Bei guten Diensten sinkt die Download-Rate meist nur um knapp 5 Prozent, das ist kaum spürbar. Auch die Latenzzeit bzw. Ping-Zeit sinkt ein wenig. Bei weit entfernten Servern, etwa mit dem Standort USA, kann dies sogar beim Aufrufen einer Webseite zu spüren sein – eine Seite baut sich zu langsam auf. Vor allem für Gamer ist diese sinkende Reaktivität ein Problem, das stark vom Dienst abhängt.

Je nach Server kann die Latenz stark steigen
IDG
Warum kann man mit Apple Internet Relay keinen anderen Standort vortäuschen?
Apple will mit seinem technisch sehr aufwendigen Dienst die Sicherheit und Privatsphäre seiner Nutzer verbessern. So ist wohl kein Wunder, dass sich Apple hier nicht mitspielt – bei Internet Relay kann man kein anderes Land als Standort vorgeben, was den Dienst für Streaming-Fans unattraktiv macht. Das Umgehen von Geo-Sperren ist nicht in Apples Interesse, wohl auch um nicht andere Streaming-Dienste zu verärgern. Ein weiteres Manko: Nur Apps von Apple wie Safari werden mit Internet Relay abgesichert.
Wie sehe ich dank eines VPNs kostenlos Champions League?
Ein VPN-Dienst kann einen Standort in der Schweiz oder Ungarn vortäuschen, was für Streaming-Fans sehr interessant sein kann. So laufen etwa manche Fußballspiele kostenlos im Schweizer Fernsehen oder in anderen Ländern – die Übertragung wird aber für deutsche Nutzer geblockt. Man kann sich bei Zatto Schweiz auch als Deutscher anmelden, der Zugriff auf die TV-Inhalte ist aus Deutschland aber nur per VPN-Standort Schweiz möglich. Das gilt auch für viele andere regionale TV-Sender, etwa in Ungarn.
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Per VPN haben Sie etwa Zugriff auf ausländische TV-Sendungen.
IDG
Was ist mit dem Schutz vor einem neugierigen Staat, etwa in China?
Viele VPN-Anbieter bewerben ihren Dienst als Schutz gegen staatliche Spionage. Hier sollte man sich nach unserer Einschätzung nicht zu viel versprechen. Geheimdienste haben Zugriff auf Spezialsoftware wie Pegasus, gegen die man sich als Einzelner kaum schützen kann. In vielen sehr restriktiven Staaten wie China und Saudi-Arabien ist die Nutzung eines VPNs außerdem schlicht verboten.
Die Nutzung, etwa im Urlaub in einem dieser Länder, ist zwar möglich, so verspricht NordVPN dies, ist aber eher nicht zu empfehlen. Es gibt zwar Spezialtechniken wie SOCKS, um die Nutzung eines VPNs zu verschleiern, das ist aber etwas für Profis.
Grundsätzlich ist für Journalisten und Dissidenten wohl die Nutzung sicherer Messenger wie Signal (statt dem unsicheren iChat) wichtiger.
Wie vertrauenswürdig sind VPN-Dienste?
Grundsätzlich kann ein VPN-Dienst mehr Sicherheit gewährleisten, allerdings sollte man nur einen vertrauenswürdigen Dienst verwenden. Viele Dienste versprechen, eine sogenannte No-Log-Philosophie zu befolgen und keinerlei Nutzerdaten zu erfassen. Allerdings kann man dies als Nutzer kaum nachprüfen, haben die Dienste doch volle Kontrolle über die VPN-Server und somit Ihre Daten.
Oft wird vor Diensten mit Standorten in Ländern wie USA, UK und Neuseeland gewarnt, da in diesen Ländern eine starke staatliche Überwachung bekannt ist. Deshalb werben manche Dienste mit Standorten wie Zypern und Panama. Allerdings ist dies nach unserer Einschätzung eine recht fragliche Lösung, sollte es doch an einer gewissen staatlichen Kontrolle nicht fehlen.
Wir empfehlen aber, auf Dinge wie einen sogenannten Warrant Canary zu achten, der fehlende staatliche Überwachung nachweisen soll. Nicht zu vergessen: Auch Hacker nutzen oft VPN-Dienste, um Datendiebstähle und Betrügereien zu verschleiern.
Gab es nicht Kritik an der VPN-Schnittstelle von iOS?
Unter iOS müssen alle VPN-Anbieter auf die von Apple bereitgestellten Systemschnittstellen zurückgreifen, was kürzlich Anlass zu Kritik war. Laut dem Forscher Michael Horowitz gibt es nämlich bei Apples VPN-Schnittstelle eine Sicherheitslücke: Vor der Aktivierung von VPN aktive Internetverbindungen werden nicht automatisch geschlossen und bleiben so ungeschützt. Ob dies aber auch in der Praxis ein Sicherheitsproblem darstellt, ist umstritten.