Macwelt wünscht einen guten Morgen!
Das Magazin der Süddeutschen Zeitung hatte letzten Freitag eine wunderbare Titelgeschichte, ein Interview mit Herbert Grönemeyer. Anlässlich der Veröffentlichung seines 16ten Studioalbums „Das ist los“ machten die Kollegen die Probe aufs Exempel und fragten ChatGPT, ob die KI nicht mal einen Songtexte im Stile Grönemeyers schreiben könnte. Denn der Künstler selbst, der immer zunächst die Musik komponiert, hat nicht selten über die Mühen des Dichtens geklagt und sich mal gewünscht, es gäbe einen Computer, der ihm diese Arbeit abnehmen könnte. Nun, ChatGPT ist dieser Computer schon mal nicht, es fehlt der KI einfach (noch) an Esprit, Doppeldeutigkeit, Fantasie und Poesie. So stimmt der Titel der Geschichte auch sicher von einem Menschen und von keiner Maschine: „Wann ist ein Text ein Text?“
Geben Sie es zu – jetzt haben Sie einen Ohrwurm. Aber keine Sorge, den lösen wir gleich ab und fragen: „Wann ist ein Mac ein Mac?“ Die Antwort ist aber nicht rhetorisch, sondern konkret: Wenn ein Apfel-Logo drauf ist und irgendwo auf dem Gehäuse oder der Schachtel „Designed by Apple in California – Assembled in China“ darauf steht. Und wenn macOS darauf läuft, auf aktuellen Maschinen Version 13, Ventura.
Das war aber nicht immer so. Ein Mac musste von 1995 bis etwa 1999 nicht unbedingt einen Apfel auf dem Gehäuse haben. Wohl aber lief auf der Maschine das klassische Mac-OS, das seinerzeit noch schlicht System 7 hieß. In der Ära der PowerPCs und später der Intel-Chips, war es recht einfach, Apples System auf Maschinen laufen zu lassen, die nicht von Apple waren. Schließlich handelte es sich mehr oder minder um Standardkomponenten.
Schon vor dem 27. März 1995 hatte es daher einige inoffizielle Kopien gegeben, Klone genannt. Mit dem System 100 von Radius begann aber offiziell die kurze Ära der Klone, die ein gewisser Steven Paul Jobs offenbar für Klonkrieger hielt, weshalb er sie nach seiner Rückkehr zu Apple mit einem Trick beendete.
Sein Vorvorgänger Michael Spindler hatte erstmals das System in Lizenz gegeben, aber ausdrücklich nur das System 7. Weshalb sich 1998 Steve Jobs relativ leicht tat und System 7.7 in Mac-OS 8 umbenennen ließ, womit der Vertrag nicht mehr fortgeführt werden musste. Warum Jobs so handelte, wird an den damals erhältlichen Macs, die vielleicht doch keine Macs waren, klar: Sie kosteten in der Regel weniger, waren manchmal aber leistungsfähiger als Apples eigene Rechner.
Für den ersten Mac-Klon traf das nicht zu, zumindest in Sachen Preis. Das System 100 kostete 12.495 US-Dollar – ohne Monitor. Das wären nur 25.000 US-Dollar heute, was einigen gut ausgestatteten Mac Pro alle Ehren machen würde. Die Werte waren für das Frühjahr 1995 auch nicht ohne. Auf dem Powermac 8100 Motherboard war ein 110 MHz schneller 601-Prozessor verbaut, 72 MB RAM, eine 2 GB fassende Festplatte und eine 24-Bit-Output für Video in 1.600 mal 1.200 Pixel. CD-ROM war damals Standard, eine Installation von Photoshop war im Preis schon enthalten. Die Zielgruppe war wie heute die des Mac Pro in der digitalen Medienproduktion verortet. Der durchschnittliche Macnutzer zahlte für einen Powermac 6100 mit 66 MHz-Prozessor, 2 MB RAM und 350 MB Festplatte seinerzeit so um die 4.500 Mark – aber mit Monitor.
Radius hatte im Übrigen sehr prominente Gründer, unter ihnen Veteranen des Teams, das bei Apple ein Dutzend Jahre zuvor den Macintosh entwickelt hatte, etwa Andy Hertzfeld, Burrell Smith und Mike Boich. Sonderlich lange hielt sich das System 100 aber nicht auf dem Markt, das Problem war nicht die Konkurrenz von Apple, sondern die von Microsoft mit Windows 95 – eine Art Systemklon des Mac-OS – und den günstigen Maschinen, auf denen das lief.
Das System 100 war schon im Januar 1996 wieder Geschichte. Radius verkaufte seine Lizenz zum Mac-Löten an die Firma Umax, die dann noch eine Weile Klone verkaufen sollte, die Apples ohnehin schon angeschlagenes Geschäft weiter schädigten.
So stellte sich die Frage eben neu, was denn nun einen Mac ausmacht. Vielleicht würde ChatGPT im Stile Grönemeyers ja sagen: Macs nehmen in den Arm, Macs geben – Geborgenheit.