Die Vorstellung des iPhone 14 Pro (hier im Test) zählte sicherlich nicht zu den Sternstunden der Apple-Manufaktur. Viele Gerüchte bestätigten sich nicht und die Hardware sorgte eher für Ernüchterung als für Begeisterung. Der A16 Bionic ist beispielsweise eine marginale Evolution der Vorjahres-CPU, das Display punktet mit leicht verbesserter Auflösung und mehr Helligkeit. In der Summe sicherlich trotzdem eine solide Weiterentwicklung – für den großen Paukenschlag auf einer Keynote aber etwas zu wenig.
Dynamic Island als Kernfeature für blasse iPhone-Generation
Schnell war klar, dass diese iPhone-Generation weder durch Leistungsdiagramme noch durch ihre Formensprache überzeugen würde. Zum Star der Show wurde ein Feature erkoren, das keine speziellen Ansprüche an die Hardware stellte und sich rein softwareseitig entwickeln ließ – die Idee der „Dynamic Island“, die sich optisch ansprechend präsentieren ließ, war geboren.
Denn neu beim iPhone 14 Pro war die Reduktion der „Notch“ auf die kompaktere „Pill“ – damit ist die Aussparung am oberen Rand des Displays gemeint, die der Kameralinse geschuldet ist. Isoliert betrachtet wäre auch das sicher keine Sensation gewesen – zusammen mit der „Dynamic Island“ entwickelte sich daraus jedoch die Gelegenheit, dem iPhone 14 Pro den so dringend benötigten Charme zu verleihen.

Jason Snell/Foundry
Magisch oder überflüssig? Die Zukunft wird es zeigen
Wie überzeugt man von diesem Feature war, lässt sich noch heute auf der Apple-Webseite nachlesen. Ruft man die Unterseite mit Informationen zu den vergangenen Events auf, steht bei der Zusammenfassung zur Vorstellung des iPhone 14 Pro als erstes „Die Dynamic Island, eine magische neue Art, mit dem iPhone zu interagieren“. Doch wie magisch ist dieses Feature eigentlich im Alltag?
Die Magie hält sich schon deshalb in Grenzen, weil die Dynamic Island natürlich nicht wie in der Präsentation alle paar Sekunden auf spektakuläre Weise ihre Form ändert. Im Alltag ist es eher eine Static Island, die meistens ihren Zustand beibehält. Grundsätzlich hängt der Nutzen natürlich wie so oft von der Unterstützung der App-Entwickler ab. Ich selbst nutze beispielsweise die App „FotMob“, die den aktuellen Stand von Sportereignissen wie Fußball-, Basketball- oder Football-Spielen in der Dynamic Island visualisiert. Je mehr Apps vom neuen Feature Gebrauch machen, desto interessanter wird es.
Immerhin bietet die Dynamic Island schon jetzt viel kreativen Spielraum für Bildschirmhintergründe und andere Spielereien.
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Apple
Déjà-vu – Dynamic Island auf den Spuren der Touchbar?
Diese Voraussetzungen erinnern uns stark an die Touchbar, deren Abschaffung gefühlt ebenso gefeiert wurde wie ihre Einführung. Auch hier blieb der Support durch Entwickler überschaubar, was den Nutzen stark limitierte. Umso dringender erscheint es, die Dynamic Island auf möglichst vielen Plattformen zu etablieren. Der zusätzliche Entwicklungsaufwand für dieses Feature lohnt sich schließlich erst dann, wenn möglichst viele Anwender über die entsprechende Plattform verfügen. Eine Exklusivität für die iPhone-Pro-Serie mag aus Marketingsicht sinnvoll erscheinen, verwehrt der Dynamic Island jedoch zugleich den Auftrieb, den sie gebraucht hätte.
Wie eine Umsetzung der Dynamic Island auf dem Mac aussehen könnte, präsentierte im Februar der Designer Andrew Sereda auf Dribbble (via Andreas Storm auf Twitter). Darin entwirft er ein dynamisches Element, das im Dock neben den üblichen App-Symbolen sitzt und ähnlich wie das Stapel-Widget auf dem iPhone und dem iPad verschiedene Inhalte darstellt – Mediensteuerung, Wetter, spezielle Suchfelder usw.
Denkbar wären dementsprechend auch Widgets, mit denen die Dynamic Island auf dem iPhone beworben wird: Sportergebnisse, Stand der Pizzalieferung, wahrscheinlich auch Sendungsverfolgung.
Wir halten diese Variante jedoch für unwahrscheinlich. Grundsätzlich ist die Dynamic Island eine elegante Form der Darstellung von Zusatzinformationen auf begrenztem Raum. Ein Problem, das sich auf iMacs oder Macbooks einfach nicht stellt; schließlich ist der Platz auf einem Mac nicht ansatzweise so begrenzt wie auf einem iPhone und außerdem gibt es bereits Widgets in der Mitteilungszentrale.
Dynamic Dock eher unwahrscheinlich – konsistente Lösung denkbar
Sollte sich Apple dennoch dazu entscheiden, die Funktionalität der Dynamic Island auch auf macOS auszurollen, dann würde das vermutlich in konsistenter Form passieren. Sicher würde man Apple-Nutzern nicht zumuten, die Zusatzinhalte je nach Plattform an unterschiedlichen Orten zu finden. Analog zu den mobilen Geräten würde eine komprimierte Kamera-Aussparung (Notch) auch auf iMacs und Macbooks Raum für eine Dynamic Island schaffen, bei der sich iOS-Nutzer nicht umgewöhnen müssten.
Von dieser homogenen Implementation würden Nutzer und Entwickler gleichermaßen profitieren. Neben der einheitlichen User-Experience auf Anwendungsebene wäre auch der Entwicklungsaufwand für eine plattformübergreifende Unterstützung überschaubar. Ob die Dynamic Island eine iOS-Insellösung bleibt oder bald zum festen Bestandteil diverser Apple OS wird, bleibt abzuwarten.
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