Immer mehr Anwendungen und Dienste finden inzwischen ihren Weg ins Web, nicht selten sind sie nicht mehr als App, sondern nur noch als Website verfügbar. Umso wichtiger ist es, einen aktuellen Webbrowser zu verwenden. Wer am Mac oder iPhone an Browser denkt, wird sofort Safari oder Google Chrome im Kopf haben. Doch es gibt gute Gründe, auf eine dritte Alternative zu setzen: Microsofts Edge-Browser.
Microsoft Edge: (Noch) wenig Marktanteil
Zunächst ein kleiner Blick auf die Verbreitung: Laut der Statistik-Website statcounter.com dominiert derzeit Google Chrome den Browser-Markt: Über 65 Prozent aller Endgeräte weltweit und knapp 50 Prozent in Deutschland setzen auf Googles Browser. Safari belegt mit knapp 19 Prozent weltweit und über 22 Prozent in Deutschland einen soliden zweiten Platz. Weitere Browser hierzulande können eigentlich unter „ferner liefen“ einsortiert werden, darunter Firefox mit knapp 11 Prozent und Microsoft Edge mit etwas über 8 Prozent.
Man könnte also meinen, Chrome wäre der beste Browser, Edge ein Nischenprodukt, was in Anbetracht der großen Verbreitung von Windows-Systemen schon seltsam wirkt. Tatsächlich verwenden Windows-User Edge oft nur ein einziges Mal: Um auf einem neuen Windows-Rechner Chrome zu installieren. Was viele User nicht wissen, ist aber: Microsoft Edge ist inzwischen ein enger Verwandter von Google Chrome. Das macht ihn zu einer hervorragenden Alternative, nicht nur für Windows-, sondern auch für Mac- und i(Pad)OS-Nutzer.
Edge = Chrome?
Denn Microsoft Edge ist grundsätzlich der gleiche Browser wie Chrome: Microsoft entschied sich 2018, dem seit Jahren mit eigener Engine vor sich hin darbenden Internet-Explorer-Nachfolger Edge eine Generalsanierung zu verpassen. Statt einer neuen Eigenentwicklung entschied man sich in Redmond, das Chromium-Projekt als Basis einzusetzen: die quelloffene Variante von Google Chrome.
Der Edge-Browser greift seither auf die gleiche Technik wie Googles Browser zurück, ist damit also auch kein neuer Internet-Explorer, sondern eher eine Art Chrome-Zwilling von Microsoft. Ein genialer Schachzug, denn Edge war damit vom Start weg nicht nur technisch gleichauf mit Chrome, sondern kann seither auch auf dessen reichhaltigen Plugin-Fundus zugreifen. Gleichzeitig verfügt Chrome aber über eine Reihe von eigenen Funktionen, die den Browser letztlich auch für Mac- und iOS-Nutzer sehr interessant machen.
Safari und Chrome sind nicht jedermanns Sache
An dieser Stelle ein kleiner Blick auf Safari: Safari ist zwar längst erwachsen, hat aber immer noch den Ruf, unflexibel und schlecht erweiterbar zu sein. Der große Haken von Apples Browser ist aber, dass er nicht außerhalb des Apple-Ökosystems verfügbar ist: Sobald Windows-, Android- oder Linux-Geräte im Spiel sind, wird der Austausch von Lesezeichen, Passwörtern und ähnlichen Dingen knifflig bis unmöglich. Genau deshalb greifen Poweruser am Mac in aller Regel zu Chrome.

Edge unterstützt alle gängigen Endgeräte.
Christian Rentrop
Doch auch Chrome hat seine Nachteile. Im Vergleich zu Safari ist er alles andere ressourcensparend und sein RAM-Bedarf ist legendär, auch wenn Google daran arbeitet. Chrome gilt nicht zu Unrecht als Akkufresser auf Macbooks und wer einmal eine Weile Safari statt Chrome auf dem Macbook verwendet, wird den Unterschied schnell bemerken. Der Elefant im Raum ist allerdings Hersteller Google selbst, der als Datenkrake gilt. Und tatsächlich ist Chrome ab Werk ein ziemlicher Datensammler, auch wenn die Funktionen manuell heruntergefahren werden können.
Features: Hier ist Edge die interessantere Wahl
Durch die enge Verwandtschaft von Chrome und Edge und die Tatsache, dass die Unternehmen gleich in mehreren Bereichen konkurrieren, werden Feature-Lücken zwischen Edge und Chrome seitens Microsoft und Google in letzter Zeit schnell geschlossen. Für Edge-Nutzer hat das den Vorteil, dass ihr Browser in aller Regel gleichauf mit Chrome liegt.

MS Edge ist auch mit Chrome-Extensions kompatibel.
Christian Rentrop
Beide Browser besitzen inzwischen einen Effizienzmodus, der Strom und Arbeitsspeicher spart. Allerdings verfügt Edge über ressourcensparende „schlafende Tabs“, die Tabs in eine Art Standby-Modus versetzen, solange sie nicht genutzt werden. Safari hat das Feature bereits eine Weile, unter Chrome ist es (noch) experimentell und muss manuell im Entwicklermenü von Chrome aktiviert werden.

Bei Edge und Safari Standard, muss das Tab-Sleep-Feature in Chrome erst aktiviert werden.
Christian Rentrop
Edge hat eine Airdrop-Alternative – und eine mächtige Seitenleiste
Edge bietet zudem etwas, das sonst nur Mac-Nutzern vorbehalten ist: ein Edge-internes Airdrop namens „Drop“. Dabei handelt es sich im Prinzip um eine manuelle Zwischenablage in der Cloud in Form eines simplen Messengers, mit dem Sie sich selbst Nachrichten schicken können. Klingt kompliziert? Ist es nicht: Per Drag-and-drop können Sie ganz einfach Dateien, Bilder oder auch Links von einem Gerät auf das andere schicken. Der Vorteil gegenüber Airdrop: Chrome unterstützt eine Vielzahl von Endgeräten, darunter auch Android und Linux. Gerade in gemischten Umgebungen mit Windows können Sie auf diese Weise Inhalte bequem von einem Gerät auf das andere schieben.

Christian Rentrop
Das Drop-Feature ist Teil der Edge-Seitenleiste, die ihrerseits noch weitere Features bietet, etwa einen Taschenrechner oder einen Schnellzugriff auf Outlook 365 und das im Microsoft-Account integrierte Mailkonto. Ebenfalls praktisch: Es gibt Schnell-Links zu den anderen Office-365-Diensten, wodurch Sie direkt aus Edge heraus an Projekten weiterarbeiten können. Sogar Online-Spiele wie Solitär sind in dieser Leiste integriert. Praktisch ist auch die Möglichkeit, Online-Käufe mit einem Klick zu verfolgen. Edge erkennt automatisch, dass Sie sich auf einer Shopping-Website befinden – und liefert sogar direkt die passenden Coupon- und Gutscheincodes.

Edge besitzt praktische Tools in der Seitenleiste wie einen Rechner…
Christian Rentrop

… Und ein Shopping-Tool.
Christian Rentrop
Bezüglich KI für Endverbraucher liegt Microsoft derzeit vorne
Hinzu kommen noch die KI-Features von Microsoft Bing, die sich (derzeit) nur im Edge-Browser vollständig verwenden lassen. Anders als Google, das mit seiner selbstentwickelten ChatGPT-Alternative „Bard“ bislang eher verhaltenen Applaus erzielte, setzt Microsoft einfach auf das Original von OpenAI – und liefert den passenden Chat in Edge gleich mit. Und auch in Hinblick auf KI-Bilder verwendet Microsoft Dall-E 2 von OpenAI: Unter https://www.bing.com/create können Nutzer bequem hochwertige KI-Bilder generieren. Diese Funktion ist aber, anders als der Chat, nicht auf Edge beschränkt.

Microsoft setzt voll auf die Tools von OpenAI.
Christian Rentrop
Fazit: Edge ist eine echte Browser-Alternative für den Mac
Gerade, wer in gemischten Umgebungen mit mehreren Betriebssystemen arbeitet, dürfte Microsoft Edge schnell als Chrome- oder Safari-Alternative schätzen lernen. Der Browser arbeitet flott, relativ ressourcensparend und ist dank der Add-On-Kompatibilität mit Google Chrome grenzenlos erweiterbar. Nutzer müssen natürlich entscheiden, ob sie sich an ein Microsoft-Konto binden wollen, doch wer Office 365 nutzt, hat das sowieso zur Hand.
In Sachen Funktionen und Datenschutz ist Edge Chrome derzeit tatsächlich überlegen, allerdings sind die beiden Browser in aller Regel technisch mehr oder weniger gleichauf und unterscheiden sich vor allem durch die Verbindung zu den jeweils hauseigenen Online-Diensten. Safari ist in Hinblick auf Datenschutz und Ressourcenverbrauch nach wie vor die beste Wahl auf dem Mac, auch weil Sie nur hier das kostenlose Apple Private Relay verwenden können. Dennoch gibt es inzwischen gute Gründe, Edge zumindest einmal auszuprobieren. Was die Funktionalität angeht, ist er nämlich derzeit tatsächlich der beste Browser für den Mac.