Am 5. Juni beginnt die WWDC 2023 und viele sehen in der Illustration zur Ankündigung einen klaren Hinweis auf die Vorstellung des AR/VR-Headsets von Apple. Doch was erwartet uns da eigentlich und welche Rolle spielt das Produkt für CEO Tim Cook?
Mehr als 16 Jahre ist es her, als Steve Jobs der Öffentlichkeit das erste iPhone präsentierte. Auf der legendären Keynote im Januar 2007 pries er das Gerät als ein Ausnahmeprodukt an, das die Technikwelt revolutionieren würde – eine Aussage, die im Nachhinein betrachtet kein bisschen übertrieben wirkt. Doch welche dieser Meilensteine gab es eigentlich für Apple?
1984, 2001, 2007, 2023? The next big thing?
1984 war es der Macintosh, der Apple zum Durchbruch verhalf und zugleich die Computer-Industrie veränderte. 2001 wurde der erste iPod vorgestellt, der die Art, Musik zu hören und somit auch die gesamte Musikbranche revolutionierte. Steve Jobs selbst sagte bei der Präsentation, dass man sich glücklich schätzen kann, im Laufe seiner Karriere an einem derart außergewöhnlichen Produkt beteiligt gewesen zu sein.
Aus gesundheitlichen Gründen schied Steve Jobs kurze Zeit später vorübergehend und im August 2011 dauerhaft als Apple CEO aus und Tim Cook übernahm die Geschäftsführung des wertvollsten Unternehmens der Welt. Könnte die AR/VR-Brille nun der große Wurf unter der Leitung von Tim Cook werden?
Große Erfolge mit Apple Watch und Airpods – folgt im Juni eine neue Vision?
Klar ist, dass Apple auch nach der Jobs-Ära neue Produktkategorien einführte. Sowohl die Apple Watch als auch die Airpods sind gute Beispiele für Innovationen, die nicht nur bei den Kunden gut ankommen, sondern auch wirtschaftlich äußerst erfolgreich sind. Eine Produktneuheit, die eine ganze Branche verändern und die Technikwelt auf den Kopf stellen würde, fehlt allerdings noch in Tim Cooks ansonsten beeindruckender Vita. Könnte die AR/VR-Brille diese Lücke schließen?
Fragwürdig ist, ob Apples CEO überhaupt danach strebt. Anders als Steve Jobs ist er kein Visionär und kein Kreativ-Genie, sondern eher Pragmatiker. Solide langfristige Arbeit und stabile Unternehmensstrukturen dürften für ihn reizvoller sein als der ganz große Paukenschlag. Zudem sagte Tim Cook selbst erst kürzlich auf bewundernde Weise in einem Interview, dass niemand so sein kann wie Steve Jobs – einen Menschen wie ihn gäbe es in einem Jahrhundert nur ein Mal. Dennoch waren es gerade Steve-Jobs-Visionen und seine begeisternde Art, die Tim Cook überhaupt zu Apple brachten.

Matthew Yohe / Brooks Kraft (CC BY-SA 3.0/4.0)
Gegenseitige Wertschätzung unterschiedlicher Persönlichkeiten beflügelte das Jobs-Cook-Team
Tim Cook bewunderte Steve Jobs und gleichermaßen reflektierte Jobs eine Bewunderung für Cook. Beide CEOs waren bzw. sind auf ihrem Gebiet Genies mit außergewöhnlichen Fähigkeiten. Eine Fähigkeit von Cook ist sicherlich seine Besonnenheit und eine Geschäftsführung, die vorrangig Solidität und Kontinuität ausstrahlt. Kreative Arbeit überlässt er gerne allen Mitarbeitern in Cupertino, die sich dazu bewogen fühlen. Vielleicht ist Cook nicht vom Pioniergeist getrieben, wie es Jobs damals war, einer wohldurchdachten Einführung innovativer Technologien ist er aber sicher nicht abgeneigt.
Das Konzept des iPhones mit seiner damals revolutionären Hardware und einem völlig neuen Software-Ansatz war das Ergebnis jahrelanger Entwicklung, während der kaum Informationen an die Öffentlichkeit drangen. Steht uns nun ein ähnlich großer Launch vor? Aktuell deutet vieles darauf hin – doch sollte es wirklich so sein, dann wurde diese Entscheidung sicherlich sehr unaufgeregt und bedacht getroffen. Die Handschrift von Tim Cook ist vor allem eins: ausgewogen, aber deutlich lesbar.
Egal, ob virtuell oder augmentiert – die Realität ist aktuell eher mäßig
Nach dem mäßigen Erfolg von Google Glass musste jüngst sogar Sony im Entertainment-Bereich die Erwartungen an den Abverkauf der Virtual Reality Brille PSVR2 zurückschrauben. Egal, wie ambitioniert man es versucht – Augmented und Virtual Reality schreiben bislang keine Erfolgsgeschichten. Statt mit dem Trend zu gehen, muss der neuen Produktlinie eher gelingen, einen neuen Trend zu schaffen.
Sollte Tim Cook mit Apple nun also trotzdem diesen Schritt gehen, dann spricht alles für ein äußerst innovatives und rundes Gesamtkonzept. Man wird sich sicher sein, dieses neue Medium in einer verbesserten und völlig neuen Form zu nutzen, als es gescheiterte Mitbewerber zuvor getan haben.
In jedem Fall ist Apples AR/VR-Brille das Produkt mit dem größten Potenzial, „The Next Big Thing“ zu sein, gleichzeitig aber auch mit Abstand das riskanteste.