Macwelt wünscht einen guten Morgen!
War beinahe zu erwarten: Bei den prall gefüllten Pipelines muss Apple schon vor der WWDC den ein oder anderen Hahn öffnen – sonst könnte die Eröffnungsveranstaltung am 5. Juni drei Stunden lang dauern. Die Meldungen von gestern waren vermutlich nur der Auftakt, wir sehen den nächsten Wochen erwartungsvoll entgegen. Neue Beats-Kopfhörer sind Kandidat.
Dabei wären Logic und Final Cut auf dem iPad an sich ein Thema für Entwickler, denn die beiden Apple-Programme mit professionellem Anspruch zeigen vor allem, dass die Plattform reif ist für höchste Ansprüche. Das Stammpublikum der WWDC würde aber eher bei der Ankündigung „Xcode jetzt auch für das iPad“ aus dem Häuschen geraten.
Auch wir haben die letzten Jahre auch immer wieder gefordert, Apple möge doch endlich seine Profi-Software auf das iPad bringen – dabei fällt uns die Vorstellung schwer, wie Cutter oder Soundingenieure ihre Arbeit vom hochgerüsteten Desktop auf das Tablet verlagern. Selbst wenn bald ein iPad Pro 14 Zoll, welches über Thunderbolt drei 6K-Monitore ansteuert, im Handel erscheint, wird kaum jemand seinen Mac Pro, Mac Studio oder das Macbook Pro 16’’ M2 damit ersetzen.
Jedoch ergänzen: Anders als ein Mac Studio ist ein iPad Pro eben sehr mobil – und wenn man schon unterwegs die ein oder andere Sache vorarbeiten kann, fällt der letzte Schnitt mit Final Cut im Studio womöglich leichter. Noch interessanter dürfte jedoch Logic auf dem iPad werden. Kennt an sich jeder, der sich semi- oder völlig professionell mit Musikproduktion befasst: Gute Ideen hat man gerne zu Zeiten und in Momenten, in denen der Studio-Rechner mit dem angeschlossenen Mischpult weit weg ist oder zumindest erst in einigen Minuten einsatzbereit. Dann ist die Idee womöglich schon wieder passé, ehe man sie in der Praxis ausprobiert hat. Außerdem haben wir Garageband allmählich zu Ende gespielt und wollen zu Logic umsteigen – jetzt eben immer dabei.
Einen interessanten Gedanken zu einer weiteren Plattform für Apples Profisoftware breitet Mark Gurman auf Twitter aus: Logic und Final Cut könnten auch auf die kommenden AR/VR-Brille Apples kommen. Könnte interessant werden, auch wenn wir uns die Steuerung der Software als kompliziert vorstellen. Wenn das aber funktioniert: Die Hände frei bei der Aufnahme mit Logic, dessen Fenster direkt vor dem Gesicht schwebt. Oder ein Schlagzeug einspielen, das nur in virtueller Realität existiert – würden wir glatt nehmen.
Apple kümmert sich also wieder um Musiker und ihre Bedürfnisse, ignoriert dabei aber auch das Publikum nicht. Heute Abend lässt Ed Sheeran Apple Music Live wieder in eine neue Runde gehen, die neue Folge „Ted Lasso“ müssen wir uns eben davor oder danach ansehen. Klar, das Konzert wird aufgezeichnet und exklusiv den Abonnenten von Apple Music gestreamt, aber live ist eben live – selbst wenn man vor einer Übertragung sitzt. Wer wollte sich denn die Krönungszeremonie vom letzten Samstag zeitversetzt ansehen oder ein Fußballspiel, dessen Ergebnis schon bekannt ist?
Die Ankündigung, dass Sheeran sein neues Werk „-„ (Substract) exklusiv für Apple aufführt, kam relativ kurzfristig. Womöglich hatten Apple und der Künstler das Urteil im Urheberrechtsprozess abgewartet, das die Erben von Marvin Gaye angestrengt hatte. Sheeran hatte damit kokettiert oder gedroht, er würde seine Karriere beenden, wenn er unterliegen und des Plagiats für schuldig befunden werden würde.
Manche Zeitgenossen haben das eher als Verheißung verstanden, eine Niederlage wäre aber fatal geworden. Denn die Klage drehte sich nicht um Melodien oder Texte, sondern um Harmonien, die Sheeran kopiert habe. Im Fall des Falles wäre fast die gesamte Musik, wie wir sie kennen, unter Plagiatsverdacht gefallen – es gibt nur begrenzte Akkordfolgen, die als harmonisch wahrgenommen werden. Selbst die Zwölftonmusik mit ihren strengen Regeln würde sich irgendwann mal wiederholen.
Sheeran hat nach Jury-Urteil also doch etwas Neues geschaffen, aus bekannten und etablierten Komponenten. Kommt uns irgendwie bekannt vor. Und ist das Drama nicht seit jeher dazu geschaffen, durch Mitleid Katharsis zu erfahren? Das sind beinahe universelle Gegebenheit, Grundelemente der Kultur.