Macwelt wünscht einen guten Morgen!
Nach 22 Jahren helfen Renovierungen an Geschäftsgebäuden nicht mehr viel. Dann ist eher eine Generalsanierung angesagt – oder man wechselt mit dem Business gleich die Räumlichkeiten.
Das passiert heute mit dem Apple Store Tysons Corner in McLean, Virginia. Im dortigen Einkaufscenter eröffnete am 19. Mai 2001, einem Samstag, der erste Apple Store überhaupt. Nun zieht er um, innerhalb des Gebäudes. Nach Wochen der Schließung eröffnet der neu eingerichtete Laden im Einkaufszentrum vor den Toren der Hauptstadt Washington D.C. eine Ebene höher.
Am gleichen Tag, aber wegen der unterschiedlichen Zeitzonen eben drei Stunden später, brachte Apple auch an der Westküste seinen ersten Store ins Geschäft, im kalifornischen Glendale. Auch den Ort kennt man kaum, aber die Stadt, vor deren Toren er liegt: Los Angeles.
Der Apple Store hat also eher klein angefangen, was mit Sicherheit keine schlechte Idee war. Denn so viele Markenshops von Computerherstellern sind mehr oder minder krachend gescheitert, vor Apple etwa Gateway. Warum sollte es Apple nicht genau so gehen? Weil Apple eben ein paar bessere Ideen hatte.
Zum einen: Die Apple Stores liegen allesamt in erstklassigen Lagen, entweder direkt in belebten Einkaufsstraßen oder in gut besuchten Einkaufszentren. Die offene Architektur mit den bis an den Boden reichenden Glasfronten – der ganze Laden ein einziges Schaufenster. Und natürlich die Strahlkraft der Marke Apple, die zu jener Zeit, als die Stores eröffneten, aber noch ein ganzes Stück weg vom iPod war und meilenweit entfernt vom iPhone.
Dass die Apple Stores aber schon gut als die eines Computerherstellers funktionierten, war nicht zuletzt einer Idee zu verdanken, die der damalige Retail-Chef Ron Johnson kurz vor der geplanten Vorstellung der neuen Stores im Januar 2001 zur Macworld Expo hatte und die Sache nochmals verzögerte: Anstatt den Store nach Produkten zu sortieren – hier iBook, dort iMac und in der Ecke Powerbook – schlug Johnson vor, die Produkte nach Lösungen zu sortieren.
Also etwa: hier digital Hub, dort Office, da drüben Schule und in der Ecke professionelles Desktop-Publishing. Ausweislich der Biografie von Walter Isaacson war Steve Jobs über den Last-Minute-Vorschlag Johnsons derart aufgebracht, dass man “zur Schnecke machen” noch als Euphemismus bezeichnen muss. Doch nach einer Nacht des Überlegens ließ Jobs aber genau das umsetzen, was Johnson vorgeschlagen hatte.
Den Apple Store von heute erkennt man kaum in den kleinen Originalen vom Mai 2001 wieder, im Kern sind sie aber gleich geblieben: lösungsorientiert. Johnsons Nachnachfolgerin Angela Ahrendts, auch schon wieder lange aus dem Unternehmen geschieden, wagte die größte Transformation seither: Der Apple Store solle zu einem Treffpunkt werden, von Gleichgesinnten, von Leuten, die etwas über digitale Fotografie erfahren oder von den allgegenwärtigen Genies hinter den Tresen. Der Verkauf des Produktes wird scheinbar zur Nebensächlichkeit.
Selbst während der Pandemie blieben die Stores nicht ständig geschlossen, man konnte mit Termin bestellte Produkte abholen oder welche zur Reparatur bringen, die Sessions „Today at Apple“ verlegte Apple ins Web – hat ganz gut geklappt.
In Deutschland fiel eine der „Grand Openings“ ebenso in die Zeit der Kontaktbeschränkungen, Apples jüngste hiesige Niederlassung in Berlin-Mitte lädt aber längst wieder wie alle anderen Filialen Publikum zum Staunen, Lernen, Flanieren, Unterhalten und letztendlich Kaufen ein. Außer, wenn der Store wegen Renovierung und Umzug mal eine Weile lang dicht ist. Langsam kommen die ersten deutschen Stores in ein Alter, in denen mehr als nur Facelifts fällig werden könnten.