Beim Geschäft mit Online-Werbung geht es um viel Geld, laut einer neuen Sektoruntersuchung des Bundeskartellamtes ist das Gesamtvolumen in Deutschland von 2020 auf 2021 von 10 auf 11,6 Milliarden Euro gestiegen. Davon entfielen allein 5,1 Milliarden auf die sogenannte „nicht-suchgebundene Werbung“. Dieser wichtige Teil des Werbemarktes, bei dem meist in Echtzeit Werbeflächen gehandelt und automatisiert ausgespielt werden, wurde vom Bundeskartellamt in der sogenannten “Sektoruntersuchung Online-Werbung” umfassend geprüft und der Abschlussbericht diesen Mittwoch veröffentlicht.
Wie die per Suchmaschinen ausgespielte Werbung wird auch dieser Markt vor allem von Alphabet dominiert, das Unternehmen ist hier in nahezu allen Stufen der Wertschöpfungskette vertreten. Die Sektoruntersuchung zur Online-Werbung bestätigt, dass der Konzern so in der kompletten Online-Werbung eine herausragende Stellung hat. Bemängelt wird vom Bundeskartellamt die unzureichende Transparenz des sogenannten Programmatic Advertising, die automatisierte Ausspielung und Messung der Werbung. Werbekunden hätten kritisiert, dass sie nur unzureichend über die Wirkung ihrer Werbung informiert werden. Ebenfalls intransparent sei das extensive Tracking und Profilbildung von Nutzern, das für diese kaum nachvollziehbar sei.
Kritik an Apple
Wettbewerblich sei es besonders bedenklich, dass nur sehr wenige Unternehmen über Nutzerdaten aus erster Hand in großer Menge, Aktualität und Vielfalt verfügten. Dazu gehört neben Alphabet auch Apple. Gegenwärtig werde vom Bundeskartellamt deshalb geprüft, ob Apples App-Tracking-Transparency-Initiative (ATT) und Alphabets Datenkombinationspraktiken mit den Regeln der erweiterten Missbrauchsaufsicht des § 19a GWB vereinbar sind. Der Grund: Apples Schutz vor Tracking und Alphabets Privacy Sandbox schützen zwar den Nutzer vor Tracking, sie schwächen aber auch die Position von anderen Werbeanbietern und stärken die eigenen Plattformen. Dies führe bereits bei den Werbebudgets zu einem „Sturm auf First-Party-Daten“ – wovon nebenbei auch Amazon profitiert. So hätten sich laut Bericht in Deutschland die Werbeerlöse von Publishern nach Einführung von ATT reduziert, die eigenen Erlöse von Apple aber erhöht. Aus aktuellen Pressemitteilung von Apple folgt, mit der Online-Werbung hat man im App Store 2022 109 Mrd. USD umgesetzt. 2019 waren es noch 45 Milliarden USD bei In-App-Werbung.
Erst im April hatte das Bundeskartellamt eine marktübergreifende Machtposition von Apple festgestellt, was eine strengere Aufsicht ermöglicht. Apple hatte damals angekündigt, Rechtsmittel gegen diesen Beschluss einzulegen.
„Wir sollten uns ernsthaft fragen, ob wir quasi den „gläsernen“ Internetnutzer wollen, allein aus dem Grund, dass wir bestimmte Produkte oder Serviceleistungen kaufen sollen.“ so der Präsident des Bundeskartellamts Andreas Mundt. Die Sektoruntersuchung habe wertvolle Erkenntnisse erzielt, welche in laufende und zukünftige Verfahren des Bundeskartellamtes einfließen würden.