Macwelt wünscht einen guten Morgen!
Seit einer Woche wissen wir, wie sich Apple das Computing der nächsten Jahrzehnte vorstellt. Vom Erfinder des persönlichen Computers und des mobilen Computers gibt es jetzt den räumlichen Computer, der eine neue Ära eröffnen soll.
Nun ja, wer den persönlichen Computer erfunden hat, darüber streiten die Historiker noch. Apple hat sich da zweifelsohne Verdienste erworben, selbst wenn IBM seine Antwort auf den Apple I und Apple II als erstes Unternehmen auch tatsächlich PC nannte. Der Mac indes brachte die Revolution erst so richtig ins Rollen, dabei hatte sich Apple bekanntermaßen von Xerox inspirieren und später von der „Wintel-Fraktion“ überrollen lassen.
Das Smartphone ist auch keine originäre Apple-Erfindung, Cupertino stellte nur die Welt des mobilen Computings vor mittlerweile 16 Jahren völlig auf den Kopf, sodass Unternehmen und Marken wie Nokia oder Motorola schnell verschwanden und Kopisten, die selbst davor keine genaue Vorstellung hatten, wie ein mobiler Computer zu sein habe, rasch aufschlossen und teilweise an Apple vorbeizogen. Aber auch nur teilweise.
Steht nun die nächste Revolution an? Apple ist nicht der Erfinder des Headsets und von virtuellen Welten, aber warum soll die Vision Pro nicht genau das Gerät sein, von dem wir bisher gar nicht wussten, dass wir es vermissen und es einfach kaufen müssen? Die nächsten zehn, zwanzig oder vierzig Jahre werden es zeigen.
Apple hat immerhin den großen Vorteil, mit dem iPhone weiterhin einen Kassenschlager zu haben, wie es seinerzeit der Apple II war, der in den ersten Jahren das Geld verdiente, mit dem der Mac entwickelt und weiter entwickelt werden konnte. Die Vision Pro ist sicher nur der Anfang des räumlichen Computings – und wenn das Thema nicht doch eine Sackgasse ist, sondern das Computing der Mitte des 21sten Jahrhunderts, dann ist Apple da und wird wieder einen deutlichen Vorsprung vor der Konkurrenz haben.
Wir müssen auch nicht denken, die Vision Pro von 2030 oder 2035 werde so klobig wie eine Tauchermaske aussehen und werde nur umständlich mit Energie versorgt. Man vergleiche nur mal das erste kommerzielle Mobiltelefon der Geschichte, das Motorola DynaTAC, das am 13. Juni 1983 vorgestellt wurde, mit seinen späten Nachfolgern kurz vor Beginn der Smartphone-Ära.
Motorola hatte in den frühen 2000ern mit klappbaren Handys große Erfolge, eine Bauart, die für Smartphones nur schwer zu passen scheint – schon heute sieht es vernünftiger aus, in eine Vision Pro zu investieren als in ein iPhone Fold, das kaum weniger kosten dürfte.
Nokia, die andere verschwundene Firma, machte sich um die Miniaturisierung verdient. Für die Bedienung der letzten finnischen Feature-Phones brauchte man schon ganz zarte Finger. Und wehe, man traf mit seinen dicken Fingern die „Internet-Taste“ – besonders im Auslandsurlaub war die Urlaubskasse dann binnen Minuten geleert.
Das Motorola DynaTAC wog satte 794 Gramm, war 33 Zentimeter hoch, fast neun Zentimeter breit und mindestens viereinhalb Zentimeter dick. Gegenüber seinem Preis von fast 4000 US-Dollar, die heute nach 40 Jahren Inflation gut 11.000 US-Dollar wären, wirkt die Vision Pro schon wie ein Schnäppchen.
Dafür konnte man aber damit überall telefonieren! Und das immerhin eine ganze Stunde lang, für jeden der 30 speicherbaren Kontakte hätte man also zwei Minuten Plauderzeit gehabt. Was es sonst noch konnte? Nichts. Aber immerhin verkaufte Motorola binnen eines Jahres 300.000 Geräte. Apple rechnet angeblich mit nur 100.000 Verkäufen der Vision Pro in ihrem ersten Jahr. Man wird sehen, ob Apple diese Marke verpasst oder schon weit vorzeitig übertrifft.
So wird aber im Rückblick klar: Wenn wir uns mobile Kommunikation von vor nur einmal 40 Jahren ansehen und im Vergleich dazu die heutigen Möglichkeiten, wie können wir erahnen, wie unsere Computer im Jahr 2063 aussehen? Vielleicht ziehen wir die nicht über den Kopf, sondern an. Vielleicht sind wir sogar mit ihnen in gewisser Weise verwachsen. Sehen wir uns das doch in vierzig Jahren noch mal an.