3.500 US-Dollar – in Euro dürfte freilich eine noch größere Zahl zu sehen sein – sind ganz schön happig für eine Mixed-Reality-Brille. So viel soll nämlich Apples Vision Pro kosten, die das Unternehmen bei der WWDC 2023 vorgestellt hat, wenn sie Anfang 2024 zunächst auf dem amerikanischen Markt erscheint.
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Man muss kein Experte sein, um festzustellen, dass das erste Gerät der neuen Produktkategorie an Early Adopters gerichtet ist – Verbraucher:innen, die immer das Neueste vom Neuen haben möchten und bereit sind, für potenziell revolutionäre Entwicklungen ein hübsches Sümmchen in die Hand zu nehmen. Für einen Markterfolg müsste die Vision Pro jedoch massentauglich sein, und das heißt in diesem Fall: deutlich günstiger.
Mark Gurman von Bloomberg zufolge ruht sich Apple nicht auf den Lorbeeren der WWDC-Keynote aus und arbeitet bereits an einer einsteigerfreundlicheren, sprich: günstigeren, Version. Der Aufhänger: Der Name „Vision Pro“ impliziert die Existenz einer Vision Nicht-Pro – Vision One, Vision Air oder einfach nur Vision. Ein solches Modell könnte Gurman zufolge Ende 2025 auf den Markt kommen – rund anderthalb Jahre nach der Vision Pro.
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Drei Stellschrauben für ein günstigeres Produkt
Gurman geht davon aus, dass die drei teuersten Posten in der Apple Vision Pro Kamera und Sensoren, die beiden Chips – M2 und R1 – und die beiden 4K-Micro-LED-Bildschirmchen in Briefmarkengröße sind. Als solches könnte Apple hier ansetzen, um die Produktionskosten zu drücken:

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Statt eines Chips der M-Reihe könnte ein günstigerer Chip der A-Reihe zum Einsatz kommen, der auch im iPhone steckt. Das dürfte sich zwar negativ auf die Performance auswirken, der Kompromiss könnte sich jedoch lohnen. Je nachdem, wie rechenintensiv das Betriebssystem visionOS ist und wie viel Overhead ein M2-Prozessor über die Berechnungen hinaus bietet, könnte ein A-Chip für alltägliche Anwendungen völlig ausreichend sein – rechenintensive Profi-Anwendungen können da für gewöhnliche User:innen ruhig wegfallen. Nebenbei könnte ein weniger energiehungriger A-Chip die Akkulaufzeit verlängern, die bei der Vision Pro mit nur zwei Stunden wirklich knapp ausfällt.
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Auch bei den Bildschirmen könnte Apple etwas sparen: Mit 23 Millionen kann die Vision Pro mehr als doppelt so viele Pixel anzeigen wie die nächstbeste Konkurrenz, die kürzlich vorgestellte Oculus Quest 3 von Meta (ca. 9,1 Millionen). Einerseits könnte Apple die Auflösung etwas senken, andererseits auch auf eine günstigere Technologie setzen. Die Micro-OLED-Technologie, die in der Vision Pro zum Einsatz kommt, ist dank winziger Pixelgröße ideal für Einsätze in solchen Brillen, aktuell aber noch sehr teuer. LCD könnte Abhilfe schaffen, allerdings ist es fraglich, ob Apple einen solchen Qualitätsverlust mittragen würde.

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Noch weniger Spielraum bleibt Apple Gurman zufolge bei der Sensorik, denn von ihr abhängig ist das gesamte Konzept der Vision (Pro): Mit weniger Kameras und Sensoren könnte es schwierig werden, die Handgestenerkennung und andere zusammenhängende Funktionen aufrechtzuerhalten, was Gurman so wichtig einschätzt wie den Touchscreen beim iPhone.
Und dann bleiben noch die „Kleinigkeiten“: Auf das integrierte Soundsystem könnte Apple bei einem günstigeren Vision-Modell komplett verzichten und Audio stattdessen über Airpods, vielleicht sogar Kopfhörer anderer Hersteller bieten; die Linseneinstellungen, die bei der Vision Pro offensichtlich automatisch erfolgen, könnten durch einen manuellen Mechanismus ersetzt werden; und am Design gibt es sicherlich auch den ein oder anderen Punkt, bei dem man zugunsten eines geringeren Preises sparen könnte.

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So bald, so günstig? Schwierig.
Zwar klingt Ende 2025 noch nach ferner Zukunft, allerdings sollte man bedenken, dass die Apple Vision Pro erst Anfang 2024 in den Handel kommen soll – und zwar nur in Amerika, im Rest der Welt erst später. Insofern ist es fragwürdig, ob Apple den straffen Zeitplan, den Gurman vorschlägt, überhaupt einhalten kann.
Wahrscheinlicher ist es, dass Apple mit sinkenden Produktionskosten dank effizienterer Prozesse und steigender Kapazitäten erst eine direkte Nachfolgerin der Vision Pro auf den Markt bringt – Vision Pro 2 – und sich danach um ein günstigeres Modell kümmert; wenn die Lieferkette so ausgereift ist, dass sich auch ein günstigeres Modell lohnt. Bleibt also noch die Frage nach dem Preis: Wie viel günstiger kann eine Apple Vision Nicht-Pro werden?
Wenn diese hypothetische Apple-Brille mit den oben genannten Sparmaßnahmen frühestens in zwei Jahren, realistisch gesehen sogar noch später erscheint und auf heutige Komponenten setzt, die bis zu diesem Zeitpunkt auch günstiger werden, dann wäre unserer Einschätzung nach ein Preis von 2.500 US-Dollar, also 1.000 weniger als der Einführungspreis der Vision Pro, realistisch. Alles darüber hinaus – etwa 1.999 Dollar – setzt unserer Meinung nach sehr viel Wohlwollen von Apple voraus und ist bestenfalls sehr optimistisch.
In jedem Fall wird es nicht nur eine große Herausforderung für Apple sein, den Preis seiner neuen Produktkategorie in einen attraktiven Bereich zu bringen, sondern auch für die Kundschaft: Denn selbst für einen mehr als optimistischen Preis von 2.000 US-Dollar wäre das „günstige“ Gerät ein Vielfaches teurer als die Konkurrenz.