Macwelt wünscht einen guten Morgen!
Man mag angesichts von Funklöchern, Kupferkabeln und Behörden ganz ohne Online-Terminvergabe verzweifeln, ob und wann aus dem Neuland in Deutschland irgendwann doch noch einmal Digitalien werden kann, aber wer schon länger dabei ist, sieht die enormen Fortschritte der letzten Jahrzehnte.
Mussten wir uns in den Neunzigern noch entscheiden, ob wir telefonieren oder im Internet irgendetwas stöbern wollten – die Software dafür hatten wir von einer CD installiert, die einem gedruckten Magazin beigelegt war – telefonieren wir heute mit unseren hochleistungsfähigen Computern aus der Hosentasche, ohne eine einzige Minute unseres Inklusivvolumens zu verbrauchen – dafür aber wesentliche Bestandteile unseres High-Speed-Volumens, an sich auch so ein Unding wie all die Funklöcher.
Als das Internet aber wirklich noch Neuland war, brauchten die Erstnutzer Hilfe bei der Nutzung. Dienste wie AOL, Compuserve oder in Deutschland T-Online sahen sich daher noch eher als klassische Medien: Auf der Startseite präsentierte diese die wichtigsten Meldungen und Tipps, in den einzelnen Kategorien fand man dann mehr. Suchmaschine? Unnötig, wie bei einer Zeitung blättern man eben das Tagesangebot von vorne nach hinten durch oder nimmt sich erst den Sportteil vor und am Schluss das Feuilleton.
Noch einen Schritt weiter bei der Unterstützung der Nutzerinnen und Nutzer ging Apples Dienst eWorld, der am 20. Juni 1994 online ging. Die Technik hatte Apple von AOL lizenziert, diese basierte auf Apples Proto-Social-Network AppleLink, über das sich ursprünglich das Unternehmen mit Händlern und Reparaturdiensten vernetzt hatte.
Apple hatte schon zehn Jahre davor mit dem Mac erfolgreich Metaphern eingeführt. Ordner, in die man Dokumente abspeichern konnte. Volumens, die gewissermaßen als Aktenschränke für diese Ordner diente. Und natürlich der Schreibtisch, auf den man Ordner und Dokumente ablegen konnte – fast wie im richtigen Leben kann man auch heute noch seinen digitalen Schreibtisch mit allerlei Sachen überfrachten.
Das Internet, das Neuland für Computerfans, benötigte aber andere Metaphern. Aber warum nicht auf das virtuelle Büro aufbauen, das in einem Haus steht? Also präsentierte die eWorld-Software auf ihrer Startseite im Comic-Stil allerlei virtuelle Gebäude, das „Learning Center” etwa als altehrwürdige Universität, der „Newsstand” hatte Wände, die wie eine ausgeklappte Zeitung wirkten, der „Marketplace” ähnelte einem Einkaufszentrum und das „eMail-Center“ einem schmucklosen Rechenzentrum.
Auch schön: Die Abfahrt ins Internet. Denn man war beim Zugang an die Software und die Gebühren seines Providers gebunden, mit einem Browser wie damals Netscape konnte man aber auch noch ganz andere Teile des Netzes erforschen.
Der Zugang war letztlich auch das Problem, an dem eWorld scheiterte. Die Gebühren von 8,95 US-Dollar für zwei Stunden außerhalb der Stoßzeiten waren nicht ohne, jede weitere Stunde oder eine tagsüber kostete 4,95 US-Dollar. Apple versäumte es aber vor allem, eWorld auf einen jeden neuen Mac zu installieren, das geschah erst ein Jahr später. Und die Windows-Version von eWorld blieb unfertig.
Die 147.000 Kunden, die Apple für seine eWorld begeistern konnte, gingen dann zu AOL, als Apple seinen Service 1996 einstellte. Arg lang sollten es aber proprietäre Dienste, die sich nur in ihren Inhalten unterscheiden, nicht mehr machen.