Alle reden vom iPhone und freuen sich auf die nächste Generation. Zurecht: Apple hat das Smartphone neu definiert und hat in technologischer Sicht einen gewaltigen Vorsprung auf die Konkurrenz, sieht man sich die Leistungsfähigkeit der Prozessoren an. In diesem Herbst wird es aber auch ein Update für ein Produkt geben, das eigentlich noch besser ist als das iPhone: die Apple Watch.
Sicher, ohne iPhone könnte die Apple Watch nicht auf Dauer existieren, doch ist die smarte Uhr weit mehr als nur eine Verlängerung des iPhones auf das Handgelenk. Seit der Apple Watch Series 3, also seit bald sechs Jahren, kann die smarte Uhr in ihrer LTE-Variante immerhin meist unabhängig vom iPhone agieren, etwa telefonieren und Daten über das Internet beziehen.
Einrichten lässt sich die Apple Watch nach wie vor nicht mit einem Android-Handy oder ganz ohne iPhone. Während ersteres Apple kaum je erlauben wird, wäre zweites immerhin denkbar. Nur wozu sollte Apple diese Kopplung aufgeben?
Der Vorwurf, Apple würde seine Nutzer:innen in eine Art goldenen Käfig sperren, den berühmten „Walled Garden“, entbehrt in den meisten Fällen einer Grundlage. Bei der Apple Watch mag das noch korrekt sein – ohne iPhone geht eben nichts.
Die Uhr, fest eingebunden
Es ergibt wenig Sinn für Apple, seine Dienste wie Apple Music oder Apple TV+ exklusiv dem eigenen System vorzubehalten, bei der Apple Watch ist die starre Kopplung an ein iPhone aber sehr sinnvoll. Denn die Apple Watch ergänzt das iPhone mit Sensoren, die im Smartphone keinen Nutzen hätten, die Messung von Puls, Sauerstoff und EKG etwa. Selbst im Schlaf hilft die Uhr weiter bei der Kontrolle von Vitalwerten.
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Natürlich ist die Apple Watch kein Wundergerät, das Krankheiten wie Krebs oder Parkinson heilen könnte. Aber sie hilft bei der Prävention, vielleicht nicht von Krebs – aber durch ihr ständiges Nudging, man möge sich doch ein bisschen mehr bewegen und die Ringe schließen oder dann zu Bett gehen, wenn man sich das vorgenommen hat, kann die Apple Watch zu einer gesünderen Lebensweise führen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen verhindern helfen.
Und selbst bei der Früherkennung ist die Apple Watch hilfreich. Auch nicht von Krebs, aber Studien zeigen, dass smarte Uhren im Allgemeinen und die Apple Watch im Besonderen anhand der Bewegungsmuster ihrer Träger sogar sieben Jahre vor herkömmlichen Methoden Parkinson erkennen können.
Warum die Apple Watch im Besonderen, Beschleunigungssensoren haben die anderen Gesundheitsuhren und Fitnesstracker doch auch eingebaut? Vor allem macht es die Masse an Daten, die Apple-Watch-Nutzer:innen freiwillig medizinischen Studien zur Verfügung stellen. Apple garantiert Anonymität und volle Kontrolle darüber, welche Daten man mit wem teilt. In der medizinischen Forschung ist man begeistert, wie viele Probanden man über Apples HealthKit erreichen kann.
Umgekehrt werden die Algorithmen, die direkt auf der Uhr arbeiten, immer präziser. Beinahe jede Woche ist von Fällen zu lesen, in denen Warnmeldungen der Apple Watch zu einem Klinikbesuch animierten, wo tatsächlich ernste Erkrankungen diagnostiziert wurden.
Rettung in höchster Not
Auch in anderen Fällen erweist sich die Apple Watch als Lebensretter, weil sie einfach schlau Daten miteinander kombiniert. Wenn der Beschleunigungssensor ungewöhnlich hohe Werte meldet und auf eine Vibration am Handgelenk keine weitere Reaktion mehr erfolgt – dann ist es Zeit, den Rettungsdienst zu alarmieren. Hier kommt es sogar zu relativ wenig Fehlalarmen – uns ist auch schon mal beim Plantschen passiert, dass die Uhr eine die Wasseroberfläche durchschlagende Armbewegung als Sturz erkannte – den Notruf konnten wir rechtzeitig unterbinden.
Etwas anders ist es noch beim jüngsten Trick, den die Apple Watch beherrscht, die automatische Unfallerkennung. Da hier selten eine Reaktion der Verunfallten zu erwarten ist und jede Sekunde zählt, alarmiert die Apple Watch Series 8 und Ultra eben gleich den Rettungsdienst – noch gibt es aber zu viele false positives, werden wir zur Wiesnzeit in der Wilden Maus oder dem Fünferlooping wieder bemerken.
Und doch möchte man diese Funktionen nicht mehr missen. Man kann sich als Apple-Watch-Träger sicher sein, dass Hilfe kommt und die wichtigsten Kontakte alarmiert werden, sobald man stürzt. Warnungen vor zu hohem oder zu niedrigem Puls oder gar vor Vorhofflimmern sollte man ernst nehmen. Wenn denn die Uhr endlich mal den Blutdruck messen könnte!
Was noch fehlt
Dafür braucht es immer noch eine Manschette und andere Smartwatches messen damit recht anständig. Apple versucht sich offenbar nach wie vor daran, Blutdruck und eventuell auch Blutzucker spektroskopisch und damit non-invasiv zu messen, das kann noch ein paar Jahre dauern. Aber wenigstens erinnert die Apple Watch rechtzeitig an die Einnahme von Blutdrucksenkern und anderen Medikamenten.
Mag sein, dass andere smarte oder Gesundheitsuhren den ein oder anderen Aspekt besser beherrschen, nicht nur die erwähnte Blutdruckmessung. Trotz etlicher Fortschritte in den letzten Jahren schwören Sportler noch auf dedizierte Uhren, die Ihnen noch mehr Informationen geben oder sie plausibler aufbereiten. Aber Apple lernt nie aus, Radler werden ab watchOS 10 nicht nur ihre Herzfrequenzzonen in der Trainingsapp sehen, sondern auch die Leistungszonen. Sofern der Drehmomentsensor an der Kurbel seine Daten per Bluetooth sendet.
Die Apple Watch ist aber multifunktional, die Entwicklergemeinde für iOS und watchOS vermutlich ein der größten der Welt – dank ihrer kann die Apple Watch beinahe alles und das gerne auch gleichzeitig. Sogar kurze Spiele kann man in Wartezeiten auf der Uhr spielen – auf Dauer wird das etwas unbequem. Im Supermarkt zahlen oder sogar am Bankautomaten Geld abheben, ohne das iPhone aus der Tasche fummeln zu müssen – bitte, gerne! Und nicht zuletzt sieht die Apple Watch sehr schick aus, kombiniert man etwa hübsche Armbänder mit dem richtigen Zifferblatt, für das es hunderte, wenn nicht gar tausende Variationen gibt.
Ein Leben ohne iPhone ist denkbar, aber nicht erstrebenswert. Eines ohne Apple Watch scheint völlig unmöglich.