Apple gibt seit über fünf Jahren keine Informationen mehr über die Anzahl der verkauften Macs heraus, genauso wenig wie auch über die anderen Geräte. Für einzelne Produkte hatte Apple noch nie Zahlen genannt, allenfalls ein Verhältnis der Verkäufe von Desktops zu Laptops. In den Quartalsberichten stehen nur die Umsatzzahlen für die einzelnen Bereiche.
Aus diesen lassen sich zwar Umsatzsteigerungen oder Umsatzrückgänge ersehen, wie gut aber ein bestimmtes Modell von den Käufern angenommen wird, weiß man nicht. Ganz auf Spekulation ist man aber trotzdem nicht angewiesen, denn es gibt auch Absatzzahlen für die Zulieferer, aus denen sich dann Rückschlüsse ziehen lassen.
Produktionsstopp bei Zulieferern
So vermeldet aktuell die in Taiwan erscheinende Publikation Digitimes, die auf die Halbleiter- und Computerindustrie spezialisiert ist, dass Zulieferer für das Macbook Air 15 Zoll pausieren mussten: „Macbook Air 15 has poor start, shipment reportedly put on hold by supply chain“. Daraus zieht Digitimes nun den Schluss, dass die Absatzerwartungen bei Apple für das 15-Zoll Macbook Air wohl deutlich höher waren als die momentanen Verkaufszahlen.
Nun sind die Absatzzahlen der PC- und Notebookhersteller insgesamt nicht berauschend, sondern es gab in den letzten drei Quartalen generell einen Absatzrückgang. Auch Apple ist davon betroffen gewesen, was man an den Zahlen der beiden letzten Quartale 2022 und des ersten Quartals 2023 sehen kann. Aber für das 15-Zoll Macbook Air war Apple, sofern Digitimes richtig recherchiert hat, trotz der bestimmt eingerechneten Absatzflaute wohl zu optimistisch. Warum sich das auch in unseren Tests gut bewertete Macbook Air nicht wie geschnittenes Brot verkauft, kann mehrere Gründe haben.
Falscher Zeitpunkt
Der 15-Zöller ist erst ein Jahr nach dem kleineren M2-Macbook Air erschienen. Wer ein neues Macbook Air M2 haben wollte, hatte also schon ein Jahr Zeit, sich eins anzuschaffen. Zudem kann man davon ausgehen, dass sich in der Home-Office-Welle viele Arbeitnehmer schon mit Geräten eingedeckt haben oder vom Arbeitgeber ausgestattet wurden, sodass nun in der Normalzeit nach Corona der Bedarf an Neuanschaffungen nicht mehr so groß ist.
Zudem sind die Menschen wegen der hohen Inflation und einer etwas unsicheren Wirtschaftslage in einigen Teilen der Welt wohl vorsichtiger als früher, was teurere Anschaffungen betrifft. Und das trifft dann das 15-Zoll Macbook Air mehr, als den günstigeren kleinen Bruder mit 13-Zoll Display, der sogar um 200 € bei der Einführung des 15-Zöllers von Apple im Preis gesenkt und damit attraktiver wurde.
Teure Aufpreispolitik
Ein weiterer Grund für die Zurückhaltung der Käufer vermuten wir in der Aufpreispolitik von Apple für mehr Arbeitsspeicher und größere SSD. Denn wenn man dem 15-Zöller eine in unseren Augen empfehlenswerte Ausstattung mit 16 GB Arbeitsspeicher und einer SSD mit 512 GB spendiert, wird man bei Apple 2059 Euro los und kommt dann einem Macbook Pro 14-Zoll schon recht nahe. Das ist übrigens die Ausstattung, die Apple an viele Tester verschickt hatte, unter anderem auch an die Macwelt.
Im Handel bekommt man das Macbook Air zwar günstiger als bei Apple, rund 190 Euro lassen sich momentan einsparen. Aber knapp unter 1900 € sind immer noch viel Geld für einen schmalen Geldbeutel. Noch günstiger als bei Apple wird es im Handel nur, wenn man sich auf eine der beiden von Apple standardmäßig angebotenen Varianten (8/256 GB oder 8/512GB) beschränkt. Dann lassen sich 200 Euro bis 220 Euro gegenüber den Preisen im Apple-Store einsparen.
Dasselbe Problem trifft natürlich auch auf das 13-Zoll Macbook Air M2 zu, nur startet man hier von einem niedrigeren Preisniveau. Wenn man gut einkauft, bekommt man das kleine Macbook Air mit 512 GB SSD zum selben Preis (momentan im Handel rund 1400 Euro) wie das große mit 256 GB. Und dann ist die Entscheidung: großer Speicher oder großer Bildschirm. Eine Entscheidung, die man gar nicht treffen müsste, wenn Apple die Standardmodelle endlich besser ausstatten würde, ohne den Preis spürbar anzuheben. Möchte oder muss man richtig sparen, möchte aber doch ein Macbook Air M2 haben, findet man den 13-Zöller in der Basisversion immer mal wieder bei verschiedenen Händlern zu sehr attraktiven Tiefpreisen.
Das Neue ist des Alten Feind
Wer nicht nur einfach in einen Apple-Store geht und sich dann nach Augenschein für ein Modell entscheidet, sondern sich vorher im Netz informiert, wird natürlich wissen, dass in absehbarer Zeit mit dem M3 eine neue Prozessorgeneration ansteht. Wer also gerade nicht unbedingt ein neues Macbook kaufen muss, um ein altes zu ersetzen, oder neu in das Apple-Universum einsteigt, wird darum vielleicht mit der Anschaffung warten, um dann gleich das Neueste sein Eigen nennen zu können.
Ob der M3 dann aber auch bald seinen Weg in das 15-Zoll Macbook Air findet, steht in den Sternen. Und man weiß auch noch nicht so genau, was der neue Chip mit sich bringen wird. Das Warten kann sich also vielleicht gar nicht lohnen, denn äußerlich wird Apple vorerst nichts am Macbook Air ändern, groß oder klein. Wir halten diese Kaufzurückhaltung, anders als die wirtschaftliche Situation und Apples Preispolitik, aber nicht für eine wesentliche Ursache, warum sich der 15-Zöller momentan schlechter verkauft als Apple erwartet hat. Dafür dürfte der Kreis dieser Käufer zu klein sein.