Unsere Apple Watch Series 6 haben wir im Herbst 2020 auf Kosten der Redaktion gekauft, weswegen wir sie dauerhaft nutzen konnten. Das ist anders als bei von Apple bereitgestellten Testgeräten, die wir spätestens nach einem Jahr zurück an den Hersteller senden.
Zuletzt hatten wir auf die fast drei Jahre alte Uhr zu Testzwecken die Beta von watchOS 10 installiert – dem neuen Apple-Watch-Betriebssystem. Irgendwann mal Mitte Juni hatte ich bemerkt, dass der Touchscreen auf Eingaben nur im oberen Bereich reagiert, alles, was unterhalb der digitalen Krone befand, konnte per Touch nicht bedient werden.
Zunächst habe ich die üblichen Schritte wie Neustart, erzwungener Neustart, Abkoppeln und wieder Koppeln ausprobiert. Nichts half. Dann hatte ich versucht, die Uhr über eine Woche tief zu entladen und wieder auf 100 Prozent zu laden, auch das hat nichts gebracht. Zunächst hätte ich watchOS 10 in Verdacht, schließlich war das eine frühe Beta, wer weiß, was sich da im Code verheddert hat.
Software zurückgesetzt – Hardwaredefekt entdeckt
Um zurück zur regulären Version von watchOS 9 zurückzukommen, hatte ich das Gerät an Apple geschickt. Das ist eine der Methoden, das Betriebssystem auf der Watch downzugraden. Eine andere wäre, auf die nächste Version von watchOS 9 zu warten, doch die kommt alle zwei bis drei Monate, so lange wollte ich nicht warten.
Nicht mal zwei Tage nach der Support-Anfrage wusste ich Bescheid: Die Techniker haben unsere Series 6 auf watchOS 9 zurückgesetzt, haben dabei aber einen Hardware-Schaden festgestellt. Kostenpunkt für die Reparatur – 311 Euro, eine Summe, bei der unser wortgewandter stellvertretender Chefredakteur angesichts des Redaktionsbudgets nur “Boah, ey” als Kommentar zu geben wusste. Die Uhr haben wir ohne Reparatur zurückverlangt – und zügig zurückbekommen.
Der nächste logische Schritt wäre, einen Dienstleister zu suchen, der uns die Watch für etwas weniger als den Vollpreis für vergleichbare Geräte auf dem Markt repariert. Das Problem dabei: Nur wenige Anbieter haben die Apple Watch im Portfolio, und selbst wenn, sind die Preise genauso hoch wie bei Apple. Schließlich haben wir uns dazu entschlossen, die Apple Watch zur Untersuchung an kaputt.de zu schicken. Der Dienstleister versprach, für 35 Euro inklusive Versandkosten eine Diagnose durchzuführen und nach Wunsch gleich danach eine Reparatur, bei der diese erste Anzahlung einberechnet wurde. Wir wollten zunächst aber den Grund für den Defekt erfahren – ist es womöglich ein Wasserschaden, was bei einer für Schwimmtrainings geeigneten Uhr mindestens ärgerlich wäre?
Diagnose vor der Reparatur – aber dann passiert erst mal nichts
Gesagt, getan: Wenige Stunden nach dem Bezahlungseingang haben wir vom Kaputt.de einen DHL-Aufkleber erhalten, den wir ausdrucken und auf das Paket mit der Uhr aufkleben sollen. (Hier noch ein Tipp von einem freundlichen Apple-Mitarbeiter aus den vorherigen Absätzen: Fotografieren Sie Ihre Geräte möglichst von allen Seiten vor dem Versand, damit Sie im Zweifelsfall Beweise beim Paketdienst oder dem eigentlichen Dienstleister haben, wenn sie behaupten: “Wir haben das Gerät bereits beschädigt erhalten” – Anm. d. Red).
Nach zwei Tagen ging unsere Apple Watch bei Kaputt.de ein, einen Tag später meldete sich der Support, die Techniker hätten einen Digitizer-Defekt festgestellt – die Kosten für die Reparatur würden 135 Euro betragen. Den Vorschlag mussten wir ablehnen, da wir bereits mit iFixit in Gesprächen waren: Die Ingenieure aus Stuttgart wollten unsere Uhr auf einen möglichen Wasserschaden untersuchen.
So haben wir die Stuttgarter Adresse an Kaputt.de weitergegeben, der Support hat versprochen, den Versand vorzubereiten. Und tatsächlich, einen Tag darauf, am Dienstag, dem 29. August habe ich den DHL-Link zur Sendungsverfolgung bekommen und das freundliche Versprechen, “die Watch schnellstmöglich zurückzusenden”.
Wie sich herausstellte, war das Versprechen des Kaputt.de-Supports etwas naiv und unsere Freude etwas verfrüht. Als am 31. August die DHL-Seite immer noch stur behauptete, die Sendung wurde elektronisch angekündigt, aber noch nicht abgegeben, haben wir uns wieder an den Dienstleister gewendet.
Die Uhr bleibt vorerst in der Werkstatt
Dessen kurze Antwort lautete: Wir erkundigen uns bei dem Techniker, sobald wir etwas Näheres wissen, melden wir uns zurück. Am Freitag, also am 1. September, hatte die DHL-Seite uns auch nichts Neues berichten können, genauso wenig wie der Support von Kaputt.de. Die Mitarbeiter dort könnten lediglich die Kommunikation mit dem Techniker weitergeben und müssten eben auf dessen Feedback warten.
Am vergangenen Montag (4. September) bekam der Kaputt.de-Support und anschließend ich ein Lebenszeichen aus der Werkstatt. Demnach sei die Uhr derzeit zerlegt und der verantwortliche Techniker auf einer Schulung – der Versand ist momentan nicht möglich, bis der Mitarbeiter voraussichtlich am Dienstag sich um den Zusammenbau der Uhr kümmern könne.
Der Dienstag, also der 5. September, ist bekanntlich bereits verstrichen. Als letzte Hoffnung haben wir den Support gebeten, zumindest Fotos vom Uhr-Inneren aus der Nähe zu machen, damit die iFixit-Kollegen zumindest eine erste Ferndiagnose in der Zwischenzeit vornehmen können. Bislang erhalten wir tägliche Mitteilungen vom Support, dass dieser entweder die Informationen beim Techniker angefragt oder keine Rückmeldung von diesem erhalten habe.
Davon genervt, habe ich mich an die Verbraucherzentrale gewandt und um eine rechtliche Beratung gebeten. Die Geschichte wird also weitergehen, momentan können wir die weitere Entwicklung noch nicht vorhersehen.
Lesetipp: Apple Care Plus – Alles über das erweiterte Garantieprogramm von Apple
Kommentar
An sich ist es nichts Neues, wenn der Kunde für sein Geld die internen Strukturen der kontaktierten Firma studieren darf. Welche kafkaesken Züge dabei die Kommunikation annehmen kann, hat der Kollege Müller in einem Telekom-Fall vor sechs Jahren gut dokumentiert.
Im Falle der Apple Watch gibt es aber ein strukturelles Problem: Wird das Gerät außerhalb von Garantie- bzw. Gewährleistungsfristen defekt, kann man das praktisch nur noch entsorgen. Apple und seine zertifizierten Serviceanbieter rufen dabei derart hohe Preise auf, dass man mit einem geringen Aufpreis sich auch gleich eine neue Watch holen kann – gibt ja bald neue.
Bei Drittanbietern muss man auch noch lange suchen, wer überhaupt eine Apple Watch reparieren kann. Und dann muss man auch noch Glück haben, die Uhr aus der Reparatur zurückzubekommen. Wir hatten noch auf Geratewohl die kaputte Apple Watch an Apple abzugeben versucht, der Hersteller hätte uns großzügige zwanzig Euro dafür gutgeschrieben.
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