“Habe ich mich genug bewegt, wie sieht mein Kalorienverbrauch heute aus?” Mit neu entwickeltem Zubehör wird das iPhone zur omnipräsenten Fitnessberatung. Sensoren messen unsere Schritte, unseren Puls oder die Sauerstoffsättigung unseres Blutes. Das kann motivieren und Spaß machen – oder auch in Stress ausarten.
“Healthstyle”-Zubehör ist aktuell voll im Trend. Die Sensoren und Messgeräte zählen zum ” App-fähigen Zubehör “, wie Apple es nennt. Das iPhone oder iPad steuert nicht nur immer mehr Geräte unseres Alltags, sondern sammelt auch die Daten, die unsere Pulsmesser oder Schrittzähler erfassen.

©Macwelt

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Mehr Bewegung
Diese Produkte sollen uns kontrollieren, motivieren und so – laut Aussagen der Hersteller – fitter machen. “Manch einer realisiert erst bei der Protokollierung die realen Aktivitäten und Energiezufuhr.” bestätigt Markus de Marées vom Institut für Trainingswissenschaft an der Sporthochschule Köln. “So eine App kann da schon helfen, nicht zu Letzt auch einen avisierten Trainingsplan durchzuhalten.”

Abends die Anzahl der gemachten Schritte des Tages auswerten, den ungefähren Kalorienverbrauch ablesen, sich Ziele setzen und das Ganze über Wochen hinweg beobachten: Das kann zu kleinen Erfolgserlebnissen führen und sehr motivierend wirken. Dazu verleihen die Anbieter in ihren Programmen virtuelle Abzeichen zur Belohnung für erreichte Distanzen oder besonders hohe Durchschnittswerte. Beispielsweise der Anbieter Fitbit empfiehlt, 10 000 Schritte täglich zu gehen. Die Nutzer würden auf Grund dieses Maßstabes bis zu 40 Prozent mehr gehen als sonst, um dieses Limit zu erreichen, sagt das Unternehmen.
Sparsam dank Bluetooth 4.0

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Da die Messgeräte inzwischen oft das neue Bluetooth 4.0 Smart unterstützen, können diese Daten direkt an das iPhone gesendet und über eine entsprechende App ausgewertet werden. Bluetooth Smart ist dabei besonders Strom sparend und sorgt dafür, dass Pulsgurt und Co. mit einer Knopfzelle als Batterie monatelang versorgt werden. iPhone (ab dem 4S) und iPad (ab dem iPad 3) sind mit die ersten Geräte, die diesen neuen Standard unterstützen.
Die steigende Anzahl der Produkte rund um das Thema Fitness mit dem iPhone zeigt, wie groß dieser Trend aktuell ist. Die Spanne der neuen Produkte reicht dabei von Wellness für jedermann bis hin zu Trainingshelfern für Sportler mit Ambitionen. Für den Alltag gibt es neue Bewegungsmesser von Fitbit und Withings. Diese modernen Schrittzähler messen über den Tag, ob man sich genug bewegt hat und sollen teilweise anhand der nächtlichen Bewegungen sogar den Schlaf analysieren können.
In den USA sind diese kleinen Begleiter bereits sehr verbreitet. Die Preisspanne der Bewegungsmesser reicht von etwa 60 bis 100 Euro. Fitbit hat neben der klassischen Variante zwei neue Modelle. Nun gibt es eine Version für das Handgelenk und eine leicht abgespeckte Variante des Fitbit zum ebenfalls abgespeckten Preis.
Die Konkurrenz hat jetzt ebenfalls mehrere Schrittzähler im Angebot. Neben diesen neuen Produkten gibt es inzwischen beinahe unzählige neue Waagen mit App-Anbindung oder Fingersensoren für das iPhone, die unsere Sauerstoffsättigung im Blut messen sollen. Der Übergang von Bewegungsmotivatoren bis hin zu Produkten, die als eine Art Gesundheitsberater helfen sollen, ist dabei fließend.
Mit dem iPhone trainieren
Vor wenigen Jahren war transparentes Training mit kompletter Datenanalyse noch eine Sache für Profis. Amateursportler haben sich dagegen an ihrem Gefühl oder maximal an der Pulsuhr orientiert. Das hat sich jetzt deutlich geändert. Mit Sensoren, Apps und der Intelligenz aus der Cloud kann heute jeder seine Sporteinheiten auswerten und so besser verstehen, was er falsch oder richtig macht. Es entsteht ein ganzer Markt rund um neue Bluetooth-Geräte mit passender Datenanalyse für Sportler. Was früher Profi-Dienstleistungen waren, kann jetzt jeder nutzen.

Ein neuer Brustgurt von Omega Wave setzt auf die Intelligenz der Software und soll anhand der Pulswerte vor dem Sport und in der Regenerationsphase hinterher die aktuelle Fitness messen. Dies ist für Sportler gedacht, die sich immer weiter verbessern wollen. Dazu gibt das System anhand der aktuellen Verfassung Empfehlungen für das nächste Training – je nach Fitnesszustand zum Beispiel Erholungs- oder Belastungstraining.
Die Firma 4iiii (sprich: Four Eyes) bringt ebenfalls einen neuen Brustgurt auf den Markt, der die Herzfrequenz misst und die Daten direkt an die iPhone-App sendet. Der Clou: Der Gurt kann sich mit anderen Funksensoren von Drittanbietern verbinden, die auf die gängige “ANT+”-Technik setzen und deren Daten per Bluetooth für das iPhone übersetzen.
Ob diese Hilfen tatsächlich zuverlässige Messgeräte sind, ist unklar: “Von der technischen Seite her betrachtet, ist es durchaus möglich, hier eine sinnvolle Ergänzung zu realisieren. Die Frage ist, wie zuverlässig die Instrumente messen können”, sagt Markus de Marées.

Gemeinschaft statt Technik
Diese neuen, modernen Hilfsmittel können tolle Trainingsassistenten oder Motivatoren sein. Doch Sport wird nicht nur durch moderne Technik effektiv und motivierend: “Es gibt ja auch noch die Möglichkeit, sich im Rahmen von Vereinen und Laufgruppen fit und gesund zu erhalten. Hier kann die Gruppe der Innenwahrnehmung (‚ich laufe immer so schnell’) den Abgleich mit der Realität liefern. Das wäre dann eine Maßnahme der Tendenz zu Vereinsamung innerhalb unserer Gesellschaft entgegen zu wirken”, sagt de Marées von der Sporthochschule Köln.
Selbstversuch

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Redakteur Patrick hat einen Selbstversuch gemacht und fünf Tage lang seine Bewegung gemessen:
Mittwoch : Erster Tag, große Neugierde und Begeisterung. Zunächst morgens die Software am Mac und die iOS-App des Trackers installiert. Ausprobiert, wie der Datenabgleich funktioniert. Ich schaue über den Tag verteilt mindestens fünf Mal, wie nah ich dem Tagesziel schon bin und halte Kollegen unaufgefordert stolz mein neues Spielzeug unter die Nase. Schluss mit der Winterfaulheit!
Donnerstag : Enttäuschung, am Mittwoch 40 Prozent zu wenige Schritte gegangen. Das muss heute besser werden! Ich gehe zu Fuss zur Arbeit, um mein Tagesziel zu erreichen. Treffe auf halber Strecke einen Kollegen, nehme doch den Bus. Am Abend zeigt sich, dass ich immer noch zu wenig gegangen bin. Das nervt!
Freitag : Hatte den Tracker wohl dabei, habe aber am Abend die Daten nicht überspielt. War bestimmt kein guter Tag.
Samstag/Sonntag : Wochenende, der Tracker liegt auf dem Schreibtisch und kann mir kein schlechtes Gewissen machen. Kurze Überlegung, mit dem Ding Joggen zu gehen, um die Zahlen zu pushen. Dann fällt mir wieder ein: warum, es ist doch Wochenende.
Montag : Tracker zuhause vergessen, egal!
Es fühlt sich an wie ein Neujahrsvorsatz: Große Ambitionen, schnelle Ernüchterung.
Ich melde mich lieber wieder einmal bei meiner Laufgruppe, das macht mir deutlich mehr Spaß, als wegen eines elektrischen Zählers im Alltag irgendwelche Umwege zu laufen.