Das Jahr beginnt mit einem angekündigten Knaller: Apple hat gestern einen Netto-Verlust von 195 Millionen US-Dollar für das erste Quartal des laufenden Geschäftsjahres (1.Oktober bis 31. Dezember 2000) bekannt gegeben. Dies entspricht im operativen Geschäft einem Verlust von 247 Millionen US-Dollar. Der Nettoverlust pro Aktie beträgt somit 58 Cent, im gleichen Quartal des Vorjahres hatte Apple noch einen Gewinn von 51 Cent pro Aktie ausgeschüttet. Der Umsatz betrug in den drei Monaten etwas über eine Milliarde Dollar und fällt somit um ganze 57 Prozent geringer aus als Ende 1999. Apple verfügt aber weiter über ein Barvermögen von vier Milliarden US-Dollar.
Vor einem Jahr hatte Apple noch mit einem Gewinn von 183 Millionen Dollar und einem Umsatz von 2,34 Milliarden geglänzt. Dabei liegt der außeramerikanische Anteil am Gesamtumsatz erstmals bei 49 Prozent. So setzte Apple in Amerika 513 Millionen US-Dollar um, 326 Millionen in Europa, Middle East und Afrika, 84 Millionen in Japan sowie 50 Millionen im Asiatischen Raum. Gegenüber dem letzten Quartal glänzt somit nur die Region Europa, Middle East und Afrika. Hier stieg auch die Anzahl der verkauften Rechner um drei Prozent an, alle anderen Regionen verzeichnen zweistellige Verlustraten. Mit einem vergleichsweise geringen Minus 12 Prozent fällt auch der Ertragsrückgang dieser Region niedriger als beim Rest aus, wo Apple Einbrüche von bis zu 70 Prozent hinnehmen musste.
Apples Rechenkünste
Um den operativen Verlust von 247 Millionen US-Dollar auf einen Nettoverlust von 195 Millionen zu senken, verkaufte Apple diesmal 3.8 Millionen Aktien der ARM Holding und 1 Millionen Aktien von Akamai Technologies und verdiente damit 49 Millionen Dollar. Gleichzeitig wechselte der Mac-Hersteller den Bilanzierungsstandard (SFAS No. 133) und erzielte auf diese Weise einen rechnerischen Gewinn von 12 Millionen Dollar, aber auch einen Verlust von 9 Millionen. Nach Aussagen von Apple hat das Unternehmen keine eigenen Aktien zurückgekauft.
Verkaufte Rechner
Im ersten Geschäftsquartal 2001 verkauften Cupertinos Mannen weltweit 659.000 Rechner, das sind im Vergleich zum ersten Quartal des Vorjahres satte 52 Prozent weniger. Im einzelnen gingen 308.000 iMacs, 100.000 iBooks, 173.000 Power Macs sowie 49.000 Powerbooks über die Ladentheken. Mit einer Stückzahl von nur 29.000 Cubes erhält Apple die Quittung seine Hochpreispolitik. Gegenüber dem Vorjahr (ebenfalls viertes Quartal) legt nur das iBook in den Verkaufszahlen um 12 Prozent zu, alle anderen Modelle verzeichnen zweistellige Einbußen (36 bis 73 Prozent).
Die Lagerbestände schrumpfen
Immerhin seien laut Apple die Lagerbestände im Handel seien mittlerweile so weit abgesunken, dass die Geräte nur noch für fünf bis sieben Wochen vorrätig seien. Als Apple im Dezember die Gewinnwarnung ausgab, sprach man von einem Lagerbestand für bis zu elf Wochen. Apple versucht vor allem im Vorweihnachtsgeschäft mit massiven Preissenkungen den Bestand vor der Einführung neuer Produkte abzubauen.
Apples Erwartungen für die nächsten Monate
Fred Anderson, Apples Finanzchef, sagte auf der Pressekonferenz, dass Apple für das laufende Finanzjahr 2000/2001 nun einen Umsatz von 6 Milliarden Dollar erwarte. Vor der Gewinnwarnung letztes Jahr hatte die Spanne noch zwischen 6 und 6,5 Milliarden gelegen. Im zweiten Quartal, das am 31 März endet, will man wieder in die Gewinnzone kommen. Dies wolle man mit wunderbaren neuen Produkten erreichen, die man noch in der Pipeline habe.
Die Erwartungen der Analysten
Die Analysten betrachten die Zukunft von Apple skeptischer. Sie trauen den neuen Produkte des Mac-Herstellers kurz- und mittelfristig kein starkes Umsatzwachstum zu. Hohe Lagerbestände und ein allgemein schleppender PC-Verkauf, unter dem auch die anderen PC-Hersteller zu leiden haben, seien ein ungünstiges Umfeld. Laut einer Studie von PC Data ging der Dezember-Verkauf von PCs in Amerika im Vergleich zum Vorjahr um 24 Prozent zurück. Eine IDC-Studie gibt den Rückgang sogar mit 30 Prozent an. Die Computerfirmen Compaq, Dell und Gateway haben ebenfalls vor geringeren Gewinnmargen gewarnt und reagieren auf die Situation mit Preisnachlässen.
Vor der gestrigen Pressekonferenz schätzten Analysten nach einer Umfrage von First Call/Thomson Financial den Verlust mit 64 Cent höher ein als er schließlich ausfiel. Im Gegensatz zu Apple sieht das Investmenthaus JP Morgan für das zweite Quartal keine große Veränderung für das Unternehmen, da der aktuelle Preiskampf auf dem PC-Markt die Gewinnmargen verringere. Dies scheint auch Steve Jobs bewusst zu sein, denn er hat in der Keynote zur Macworld Expo 2001 erstmals einen direkten Austattungs-Preis-Vergleich vorgeführt, bei dem das Powerbook G4 natürlich besser abschnitt, als das Vaio Z 505 von Sony. Der Meinung des Investmenthauses JP Morgan haben sich auch die Analysten des Investmenthauses Merrill Lynch angeschlossen. Branchenbeobachter halten Apple daher auch weiterhin für einen Übernahmekandidaten.
Christopher Jakob