Die naive Pose war perfekt: “Bin ich schon drin, oder was?”, fragte Boris Becker in einem TV-Werbespot aus dem Oktober vergangenen Jahres. Damit gewann er binnen vier Monaten rund 500 000 neue Kunden für den US-amerikanischen Online-Dienst AOL. Knapp ein Jahr später ist der “Netz-Frischling” auf dem Weg zum Dot- Com-Unternehmer. Gemeinsam mit dem ehemaligen RTL-Chef Helmut Thoma, dem Deutschen Sportbund und dem Chef der Berliner Internet-Agentur Pixelpark, Paulus Neef, will Becker demnächst ein Online-Portal mit dem Namen “Sportgate” im World Wide Web eröffnen.
Seit Mai diesen Jahres bauen in Berlin etwa 20 Experten an dem Sportportal, das mit Sportinformationen und Kontaktbörsen vor allem Freizeitsportler ansprechen will. Noch diesen Herbst soll die “erste Ausbaustufe” von Sportgate ins Netz gehen, kündigt Sprecher Stefan Wimmer an. Meldungen, wonach das Angebot schon vor den Olympischen Spielen stehen sollte, träfen nicht zu: “Das Startdatum 12. September wurde aus Versehen kommuniziert. Wir gehen dann raus, wenn wir bereit sind.” Der Firmensitz soll in Nordrhein-Westfalen liegen. Köln und Bonn haben dabei nach Unternehmensangaben die größten Chancen.
Schwierig sei es vor allem, die passenden Inhalte für das Online- Portal zu bekommen, schildert Wimmer. Die soll zum einen eine Sport-Agentur liefern. Zum anderen könnten die Nutzer selbst Nachrichten aus Sportvereinen und Fanclubs beisteuern. Durch diese “Originalität der Inhalte”, betont Wimmer, wolle sich Sportgate von anderen Anbietern wie Sport 1 und Sport-com unterscheiden. Der Deutsche Sportbund will das Online-Portal als Informations- und Meinungsforum für seine Mitglieder nutzen. Um die Gestaltung des Internetauftrittes kümmert sich die Bertelsmann-Tochter Pixelpark.
Aber auch die Rollen der anderen Sportgate-Partner scheinen gut verteilt. Als Geschäftsführer agiert Helmut Thoma, der neben seinen Erfahrungen Kontakte einbringt. Das gilt auch für die “PR-Lokomotive” Boris Becker. Er kann Türen zum Beispiel zu seinem Werbepartner AOL öffnen: “Sie können davon ausgehen, dass Boris Becker mit uns redet, wenn er einen Internet-Auftritt macht”, bestätigt AOL-Sprecher Karsten Meincke. Konkretes sei noch nicht entschieden, “aber es ist klar, dass wir strategisch in diesem Projekt mitarbeiten werden”.
Peter Barkow, auf Internet-Firmen spezialisierter Analyst bei der Düsseldorfer Privatbank HSBC Trinkaus, sieht aber auch Risiken. “Vom Handling her erscheint es mir schwieriger, über die Nutzergemeinde Inhalte zu erzeugen als mit Inhalten Nutzer zu gewinnen.” Doch noch sei es zu früh, um zu sagen, ob es funktioniert, meint der Branchenbeobachter. Neben dem Kirch-Projekt Sport 1 sei sicher Platz für ein weiteres Sportangebot im Internet. Und schließlich sei Boris Becker ein “irrsinniger Sympathieträger”.
Geld verdienen wollen Becker und Co. mit Bannerwerbung, Sponsoren und dem Verkauf von Sportartikeln, sagt Wimmer. Und trotz des späten Starttermins hofft Sportgate noch in diesem Jahr auf 500.000 Kunden. Wahrscheinlich im übernächsten Jahr will das Unternehmen dann an die Börse. “Für viele Anleger wäre Becker sicherlich Grund, eine Aktie zu kaufen”, sagt Paul Sibianu, Analyst bei der Düsseldorfer WGZ-Bank “Er ist der Franz Beckenbauer des Tennis – was er anfasst, wird zu Gold.” dpa/ab