Das Urteil des renommierten Apple-Händlers war vernichtend: “Eine neue Festplatte kann ich in Ihr Macbook einbauen, die Rettung der Daten ist für uns nicht möglich. Der einzige Weg, die Daten wiederzuherstellen, ist ein professionelles Datenrettungsunternehmen, die Kosten werden hier schnell vierstellig.” Eine Sicherheitskopie des Macbook über Time Machine oder ein anderes komfortables Backup-Programm lag nicht vor.

Der Daten-GAU kommt in vielen Fällen völlig überraschend. Das genannte Macbook hatte drei Jahre klaglos gearbeitet. Beim Schreiben eines Texts war wie aus dem Nichts das rotierende Icon aufgetaucht, das Macbook reagierte in der Folge nicht mehr auf Aktionen des Benutzers. Der Versuch eines Neustarts scheiterte dann in der Folge, das Macbook blieb am Startscreen hängen.
Im genannten Fall führte ein Hardware-Crash der Festplatte zu den Problemen, der schlimmste aller denkbaren Schadensfälle. In vielen Fällen lassen sich Dateien einfach nicht mehr öffnen, da die Verzeichnisstruktur der Festplatte fehlerhafte Einträge aufweist. Manchmal ist einfach die Datei beschädigt. In diesen Fällen bieten sich unter OS X Lion Bordmittel, die die Probleme fast immer und schnell lösen können. Mit dem integrierten Notfall-Volume in Lion haben es Mac-Benutzer noch einfacher als unter OS X 10.6 – hier muss zur Reparatur des internen Volumes eine System-DVD her, von der es zu booten gilt.
Darüber hinaus gibt es Datenrettungstools, die bei schwerwiegenderen Problemen helfen. Mit ihnen ließen sich auch wichtige Daten der genannten Macbook-Festplatte wiederherstellen.
Wir zeigen in diesem Workshop Schritt für Schritt den Weg zur Wiederherstellung verlorener Daten. Seien diese nur versehentlich gelöscht, durch Festplattenprobleme nicht zu öffnen oder mit Bordmitteln nicht mehr zu retten. In allen Fällen gilt es, Ruhe zu bewahren und nicht wahllos mit Rettungstools loszulegen.
Wer auf dem beschädigten Volume ziellos mit Rettungstools zu arbeiten beginnt, riskiert es, den Schaden noch zu vergrößern. Ist etwa das Verzeichnis der Festplatte beschädigt, können Rettungstools unter Umständen Dateien wiederherstellen und auf der beschädigten Platte in Bereichen speichern, in denen andere Dateien liegen: Fehlt im Verzeichnis der Festplatte etwa die Information, welche Bereiche der Festplatte “belegt sind”, findet ein Über-schreiben statt.
Bevor Sie zu härteren Geschützen greifen, lässt sich mit dem im Lieferumfang von OS X enthaltenen Festplatten-Dienstprogramm gefahrlos eine Reparatur der Zugriffsrechte auf dem Volume durchführen. Ebenfalls zur Verfügung steht die Funktion “Volume reparieren”. Beide Werkzeuge beheben einfache Schäden an Verzeichnissen und Einträgen des Volumes, ohne Daten zu überschreiben. Bleibt das Festplatten-Dienstprogramm wirkungslos, führt der erste Weg zum Apple-Händler oder Elektronikmarkt. Erstehen Sie zunächst eine externe Festplatte, die kann später dann als Backup-Volume für Time Machine eingesetzt werden.
Wählen Sie eine Festplatte, die das doppelte Volumen Ihrer Mac-Festplatte bietet. Je nach Größe und Art (USB oder Firewire) sind externe Festplatten schon für unter 100 Euro erhältlich.
Erster Schritt: Volume sichern
Um zu verhindern, dass bei Ihren weiteren Versuchen zur Datenrettung Dateien gelöscht oder überschrieben werden, klonen Sie die Festplatte im ersten Schritt. Dabei wird eine exakte Kopie des Volumes auf der zweiten Festplatte angelegt. Falls bei den Rettungsversuchen etwas schiefgeht, haben Sie über den Clone weiter Zugriff auf alle noch vorhandenen Daten oder können einen zweiten Rettungsversuch starten.

Ein Clone der Festplatte lässt sich mit Carbon Copy Cloner (kostenlos), Super Duper (28 Dollar) oder dem im Lieferumfang von OS X enthaltenen Festplatten-Dienstprogramm erzeugen und auf die externe Festplatte kopieren. Ist der Clone erzeugt, können Sie mit der Datenrettung beginnen
Zugriffsrechte und einfache Reparatur
Mit Festplatten-Dienstprogramm bietet Apple eine sehr gute Lösung, um Festplatten zu klonen, Disk-Images zu er-stellen und Basisreparaturen an Festplatten-Volumes vorzunehmen. Diese lassen sich mit einer Ausnahme auch direkt auf dem Startvolume durchführen. Die Jobs können ausgeführt werden, ohne vorher einen Clone der Festplatte anzulegen, sicherer ist der Weg mit einer Kopie. Da nahezu jeder Benutzer, der Dateiprobleme hatte, fortan mit Backups arbeitet, fällt die Anschaffung einer zweiten Festplatte sowieso an.

Festplatten-Dienstprogramm lässt sich am Mac unter OS X 10.7 in zwei Varianten nutzen. Sie können es direkt am Mac starten und die Verzeichnisstruktur prüfen und bei Bedarf reparieren lassen. Ferner können Sie das Volume auf Fehler prüfen, allerdings nicht reparieren.
Bis OS X 10.6 musste dazu von der Installations-DVD gebootet werden, neben dem Installationsprogramm für OS X enthält sie auch das Festplatten-Dienstprogramm. Mit OS X Lion wird automatisch eine zweite Partition auf der Festplatte installiert, das Notfall-Volume. Wird beim Start des Macs die Wahltaste (“alt”) gehalten, lässt sich “Recovery HD” auswählen. Dem Benutzer stehen dann vier Optionen zur Verfügung, darunter auch das Festplatten-Dienstprogramm mit der Möglichkeit, das beschädigte Volume zu reparieren.
Versehentlich gelöschte Dateien
Ein dem Datenverlust durch defekte Volumes oder Verzeichnisse verwandtes Problem ist das versehentliche Löschen von Dateien. Beim normalen Löschen und auf einem intakten Volume wird dabei lediglich der Eintrag im Volume-Verzeichnis gelöscht – vergleichbar einem Eintrag in einem Inhaltsverzeichnis. Die eigentliche Datei ist noch vorhanden, ihr Speicherplatz vom Volume jedoch freigegeben. Mit dem kostenlosen Tool Photo Rec und verschiedenen kommerziellen Tools lassen sich die Dateien oftmals wiederherstellen. Vorbedingung ist hier eine externe Festplatte, auf die die geretteten Dateien übertragen werden. Während die kommerziellen Tools wie Macintosh Data Recovery (78 Euro) von Stellar Phoenix oder Data Rescue 3 (99 Dollar) von Prosoft eine komfortable Oberfläche bieten, verbirgt Photo Rec seine Herkunft aus der Kommandozeilen-Unix-Welt nicht. Das Tool stellt übrigens auch gelöschte Fotos auf Speicherkarten wieder her.
Professionelle Datenrettung

Bei der Festplatte unseres Macbook fruchtete keine der bisher genannten Rettungsversuche. Erst das kommerzielle Programm Disk Warrior von Alsoft für 100 Euro war in der Lage, rund 95 Prozent der Daten zu retten. Wir benötigten dazu knapp zwei Tage. Disk Warrior brauchte allein über 15 Stunden, um aus den vorhandenen Dateifragmenten ein neues Volume-Verzeichnis zu erstellen. Einen guten Tag benötigten wir dann, um die Dateien manuell vom beschädigten Volume auf eine Festplatte zu übertragen.
Bei derart massiven Beschädigungen wird die Festplatte ausgebaut und in ein externes Festplatten-Gehäuse verfrachtet. Hier gibt es für die verschiedenen Festplattenstandards, die über die Jahre in Macs verbaut wurden, Gehäuse für IDE, ATA, SATA und so weiter. Sie sind für rund 10 Euro beim PC-Händler um die Ecke zu bekommen und finden per USB Anschluss an den Mac. Alternativ bieten verschiedene Hersteller Festplatten-Adapter, die alle gängigen Standards unterstützen, sie kosten etwas mehr als ein Gehäuse.
Bei der Rettungsaktion konnten wir allein rund 3900 Fotos retten, die sonst unwiederbringlich verloren wären, dazu Hunderte von Dokumenten, die die Macbook-Besitzerin für ihren Job benötigt – sie nutzt jetzt Backups mit Time Machine. Wir zeigen im Folgenden, wie planmäßige Datenrettung am Mac funktioniert.
Backup vom Volume, Backup-Alternativen
Externe Festplatte für die Datenrettung

Damit die Datenrettung klappt, ist eine externe Festplatte als Speichermedium für die geretteten Daten in fast allen Fällen unumgänglich. Wer einmal einen herben Datenverlust erlebt hat, wird zudem in Zukunft Time Machine nutzen wollen, um seine Daten durch komfortables Backup zu schützen. Dazu sollte die Festplatte schnell sein und mit ausreichend Platz daherkommen. Wir setzen das Modell My Book Studio von Western Digital ein. Für rund 200 Euro gibt es 3 Terabyte, das Modell mit 2 Terabyte Speicherplatz kostet rund 150 Euro. My Book Studio bietet Firewire- und USB-2-Anschlüsse. Natürlich tut es auch eine andere Markenplatte.
Backup vor der Datenrettung

Mit Apples Festplatten-Dienstprogramm, Carbon Copy Cloner oder Super Duper legen Sie im ersten Schritt einen Clone Ihrer Festplatte auf der externen Platte an. Bei Super Duper – die kostenlose Trialversion bietet Backup und Restore – legen Sie ein Image auf der externen Festplatte an, das als “Read-only” Schutz vor unbeabsichtigten Veränderungen bietet. Die Read-only-Funktion legen Sie über “Options” fest. Das Anlegen dauert je nach Festplattengröße ein bis drei Stunden. Das Image lässt sich später mounten oder – ebenfalls mit Super Duper – wieder auf eine Festplatte als Startvolume übertragen.
Carbon Copy Cloner

Eine bewährte Hilfe beim Anlegen von startfähigen Kopien des Laufwerks oder beim Erzeugen von Volume-Images ist seit vielen Jahren Carbon Copy Cloner von Bombich Software. Sie können das Programm kostenlos nutzen, dabei sind Spenden (Donationware) willkommen. Wählen Sie nach dem Start unter “Quelle” Ihr Startlaufwerk, unter “Ziel” die Option “Neues Disk Image”. Als Speicherort für das Image wählen Sie die externe Festplatte. Wie Super Duper wird in diesem Fall ein Clone als Image gesichert.
Festplatten-Dienstprogramm

Sie können das Problemlaufwerk aber auch mit dem Festplatten-Dienstprogramm klonen. Wählen Sie das Volume unter “Wiederherstellen” als Quelle und ein anderes als Ziel. Hierfür bietet sich eine externe Platte an, die Sie vorher löschen und als “Mac OS Extended (Journaled)” formatieren. Damit das Laufwerk startfähig ist, wählen Sie unter Optionen “GUID”. Ein Klick auf “Wiederherstellen” startet den Vorgang. Festplatten-Dienstprogramm erstellt in diesem Fall ein startfähiges Volume, kein Image. Sie können Ihren Mac damit auch von der externen Festplatte starten.
Zugriffsrechte prüfen und reparieren
Ein Verzeichnisfehler kann die Ursache für Zugriffs- und Kopierprobleme sein. Bevor Sie also an kompliziertere Rettungsmaßnahmen gehen, nutzen Sie Festplatten-Dienstprogramm, und überprüfen Sie die Zugriffsrechte. Beim Installieren von Updates und Software geraten diese Dateirechte gelegentlich in Unordnung und führen dazu, dass Kopiervorgänge nicht klappen oder sogar Druckaufträge nicht mehr am Ziel landen. Wählen Sie gleich die Option zum Reparieren. Die Aktion können Sie auch zwischendurch alle paar Monate durchführen, eine externe Festplatte wird hier nicht benötigt. Sind Probleme aufgetreten, probieren Sie erneut, die Dateien zu öffnen. Ist das Problem nicht behoben, bietet das Festplatten-Dienstprogramm den nächsten Schritt.
Volume prüfen

Sind die Zugriffsrechte erfolgreich überprüft, lässt sich per Festplatten-Dienstprogramm über die Option “Volume prüfen” auch die komplette Verzeichnisstruktur des Startvolumes auf Fehler untersuchen. Im Bild wurde der Test erfolgreich durchlaufen. Das Festplatten-Dienstprogramm bietet beim Fehlerfund auch einen Reparaturversuch – allerdings nicht beim Startvolume, die Option ist gegraut. Benutzer von OS X 10.6 müssen den Mac von der System-DVD booten und das Festplatten-Dienstprogramm zur Reparatur einsetzen. Seit OS X Lion gibt es dazu das Notfall-Volume.
Notfall-Volume nutzen

Apple belegt beim Installationsprozess von Lion einen Teil der Festplatte mit einer “Rettungspartition”. Das ist ein knapp ein Gigabyte großer Abschnitt, der im normalen Betrieb unsichtbar bleibt. Erst wenn man beim Start des Macs die Wahltaste (oder Alt-Taste) gedrückt hält, wird diese Partition als ” Recovery HD ” sichtbar. Wählt man sie aus, lädt der Mac ein Hilfsbetriebssystem von dieser Partition. Dann stehen vier Optionen zur Verfügung: Man kann den Mac vom Time-Machine-Backup wiederherstellen, Lion erneut installieren, mit Safari im Internet surfen (beispielsweise auf den Support-Seiten von Apple) oder das Festplatten-Dienstprogramm starten. Gestartet bietet das Programm auch die Reparatur des Volumes, nicht nur die Prüfung auf Fehler. Falls das Festplatten-Dienstprogramm Fehler findet, die es selbst nicht beheben kann, müssen Sie zu kommerziellen Tools greifen, wir stellen Disk Warrior auf den folgenden Seiten vor.
Disk Warrior zur Datenrettung
Defekte Festplatte per USB verbinden

Lässt sich die Festplatte übers Festplatten-Dienstprogramm nicht anzeigen, auch nicht über das Notfall-Volume, liegt in der Regel ein Hardware-Fehler vor. Sie müssen dann entscheiden, ob Sie die Hilfe eines professionellen Datenretters in Anspruch nehmen oder ein Profitool kaufen und selbst einen Rettungsversuch unter-nehmen. In letzterem Fall ist die Festplatte zunächst aus dem Mac zu entfernen und in ein externes Gehäuse zu verbauen, alternativ können Sie Adapter nutzen, die die Festplatte per USB mit dem Mac verbinden. Am Mac ist dann natürlich zunächst ein aktuelles OS X zu installieren, dazu ein Datenrettungstool der Wahl. Neben geeigneten Festplattengehäusen bieten sich Adapter wie Hama AA25 für rund 20 Euro an.
Datenrettungstool Disk Warrior

Die Reparaturfähigkeiten von Disk Warrior (www.alsoft.com) gehen deutlich über die des Festplatten-Dienstprogramms hinaus. Neben dem üblichen Reparieren von Zugriffsrechten und Volumes (in “Files”) kann Disk Warrior unter “Directory” das Festplattenverzeichnis analysieren und dann eine optimierte beziehungsweise reparierte Version erzeugen. Bevor man das alte Verzeichnis durch das neue ersetzt, kann man beide vergleichen. Die neue Version des defekten Volumes wird gemountet, Dateien lassen sich auf eine zweite Festplatte kopieren. Während OS X unsere defekte Platte nicht erkennt, zeigt sie Disk Warrior an.
Verzeichnisstruktur wiederherstellen
Starten Sie zunächst Disk Warrior, wählen Sie die Option “Directory”. Verbinden Sie jetzt die defekte Festplatte mit dem Mac. OS X vermeldet in den meisten Fällen, dass das Volume nicht lesbar ist, klicken Sie “Ignorieren”. Nach einigen Sekunden finden Sie die defekte Festplatte im Klappmenü in Disk Warrior, im Beispiel meldet sich das Volume als “Ohne Titel”. Klicken Sie den Button “Rebuild”, um das Erzeugen eines neuen Verzeichnisses zu starten.
Geduld bei der Wiederherstellung

Das Programm durchforstet die defekte Festplatte Bit für Bit und erstellt aus den gefundenen Informationen ein neues Volume-Verzeichnis. Bei unserer 80-Gigabyte-Festplatte aus dem Macbook dauerte die komplette Operation der Datensammlung gute 15 Stunden. Beenden Sie vorab alle Programme am Mac, und lassen Sie den Computer und Disk Warrior in Ruhe ihre Arbeit verrichten.
Defekte Disk mounten

Nach gut 15 Stunden hat Disk Warrior seinen Job erledigt. Das Programm zeigt einen Fehlerreport an. In unserem Fall wird darauf hingewiesen, dass eine einfache Wiederherstellung über das Ersetzen des Volume-Verzeichnisses nicht klappt. Die Daten sind manuell von der defekten Festplatte zu kopieren. Disk Warrior mountet die defekte Festplatte im Nur-Lesen-Modus am Mac. Per Doppelklick lässt sie sich jetzt öffnen. Die wichtigen Dateien können Sie nun manuell auf Ihren Mac oder eine weitere Festplatte kopieren.
Fotos und Daten kopieren
Öffnen Sie auf dem Volume jetzt Ihr Benutzerverzeichnis (im Bild “karla”) unter “Benutzer”. In “Dokumente” finden Sie die Verzeichnisstruktur, Sie können versuchen, nun komplette Ordner von der defekten Festplatte auf Ihren Mac zu kopieren. Da bei schweren Defekten viele Dateien betroffen und nicht kopierbar sind, müssen Sie in den meisten Fällen die Dateien einzeln manuell kopieren. iPhoto beinhaltet Ihre Fotos. Neuere Versionen verpacken alle Daten in ein Paket namens iPhoto Bibliothek. Per Rechts-klick mit der Maus (oder ctrl-Klick) öffnen Sie das Paket. Unter “Originals” finden Sie die Originalversionen der Bilder. Bei älteren iPhone-Versionen öffnen Sie “Originals” direkt. Kopieren Sie die Fotos einzeln oder in kleinen Gruppen auf Ihren Mac.