Mit den üblichen Effekten, die in vielen Fällen ebenfalls Dreidimensionalität suggerieren , haben die neuen Perspektivgitter-funktionen in Illustrator CS5 nichts gemein. Entsprungen sind sie dem Wunsch nach einer arbeitstauglichen Konstruktionshilfe für perspektivische Zeichnungen, Entwürfe und Illustrationen. Illustrator CS5 trägt diesem Wunsch mit einem neuen, umfangreichen Funktionssegment Rechnung. Die neuen Perspektivfunktionen setzen sich aus mehreren Einzelelementen zusammen.
Im Einzelnen sind dies: Zwei Werkzeuge für das Bearbeiten von Perspektivraster und Objekten innerhalb dieses Rasters, ein Untermenü im Menü “Ansicht” zum Aktivieren und Deaktivieren des Rasters sowie zum Ansteuern der Optionseinstellungen und schließlich ein Untermenü unter “Objekt > Perspektive” mit einigen ergänzenden Befehlen. Komplettiert wird das Ganze durch ein Widget mit einem Würfelsymbol zum Ansteuern von x-, y- und z-Ebene.
Wichtigstes Element für die Konstruktion einer perspektivischen Zeichnung ist das Raster selbst. Im Prinzip funktioniert es wie ein Hilfslinienraster. Ein- und ausblenden lässt es sich über den Befehl “Ansicht > Perspektivenraster > Raster einblenden”. Einfacher funktioniert das Ein- und Ausblenden über eine Kombination der Tasten “Befehl-Umschalt-I”. Als Standard bietet das Raster eine voreingestellte Zweipunktperspektive. Wahlweise kann der Anwender auch ein Perspektivraster mit nur einem oder mit drei Fluchtpunkten aufrufen. Letzteres bezieht den Faktor Höhe mit ein und eignet sich zum Zeichnen von Hochhäusern, deren Ansicht sich nach oben hin verjüngt. Wie das Ganze funktioniert zeigt der Workshop anhand eines einfachen Gebäudes, angelegt in einer Zweipunktperspektive. Einen kompakten Überblick der neuen Funktionen bietet der Kasten “Perspektivraster: Funktionen”. Eine andere Vorgehensweise für das Erstellen von 3D-Zeichnungen ist im Kasten “Isometrische Darstellung” beschrieben.
Fazit
Eine vollwertige CAD-Funktion liefert die neue Perspektivenrasterfunktion von Illustrator sicherlich nicht. Als Konstruktions- und Arbeitshilfe zum Erzeugen einfacher 3D-Zeichnungen funktioniert das neue Feature recht flexibel. Das Finetunen der erstellten Zeichnungen – etwa mit Schattierungen, Verläufen, Mustern, Stilen und anderen Effekten – kann nach gehabter Manier mir den unterschiedlichsten Grafik- und Vektorbearbeitungsfunktionen erfolgen.
Raster einrichten
Dreh- und Angelpunkt einer perspektivischen Zeichnung ist das zu Grunde liegende Konstruktionsraster. Das Illustrator-Raster bietet nicht nur mehrere Grundtypen, sondern zusätzlich auch einige interaktive Anfasser, über die sich das vorliegende Raster modifizieren lässt. Erster sinnvoller Arbeits-schritt ist in den meisten Fällen das Anpassen des Rasters
Aktivieren des Perspektivenrasters
Ab Illustrator CS5 ist das Perspektivenraster unsichtbar in jedem Dokument vorhanden und erleichtert so die Konstruktion.

Ein- und ausgeblendet wird es über Ansicht > Perspektivenraster > Raster einblenden oder die Tastenkombination “Befehl-Umschalt-I”. Aktivieren Sie das Werk-zeug “Perspektivenraster”(Tastenbefehl für die Ansteuerung “Umschalttaste-P”), werden mehrere Anfasspunkte sichtbar, über die das Rasternetz verändert werden kann. Im konkreten Fall ist das Standardzweipunktraster ein passender Ausgangspunkt.
Modifizieren des Rasters
Um das Rasternetz an die Erfordernisse der später einzufügenden Gebäudeansicht anzupassen, werden drei Parameter verändert.

Für eine Fußgänger-Sichtweise wird als erstes die Horizontlinie abgesenkt. Durch Schieben der kleinen Rautensymbole links und rechts außen nach oben oder unten ändert sich die Betrachterebene. Der zweite zu verändernde Parameter ist die Weite der beiden Rasternetzseiten. Die Anfasser hierfür sind ebenfalls rautenförmig, sitzen jeweils am Ende des Gitternetzwürfels unten und lassen sich – im Rahmen des vorhandenen Rasters – sowohl nach innen als auch nach außen schieben. Im vorliegenden Fall wird das Netz auf das Querformat der kompletten Zeichenfläche erweitert. Letzter Parameter ist die Feinmaschigkeit des Gitternetzes. Auch hierfür gibt es einen Anfasser auf der Mittellinie direkt oberhalb der Horizontlinie. In diesem Beispiel bleibt die Netzweite unverändert.
Hausseiten erstellen
Um sich auf die Flächenproportionen konzentrieren zu können, empfiehlt sich eine einfache 2D-Konstruktion.

Dazu legt man mit dem Werkzeug “Zeichenfläche” eine neue Zeichenfläche an. Tipp: Man kann sich das Zeichnen der abgebildeten Hausfront-Elemente erheblich vereinfachen, wenn man im Menü “Ansicht” die beiden Optionen “Am Raster ausrichten” und “An Punkt ausrichten” aktiviert und das Dokumentraster einblendet. Die Abbildung zeigt zwei aufeinander abgestimmte Hausseiten – eine kurze und eine längere. Die einzelnen Elemente bestehen aus einfachen Rechteckobjekten.
Vektorzeichnung modifizieren
Hausseiten einfügen
Nun fügt man die 2D-Hausfronten in das aufgezogene Perspektivenraster ein

Dazu genügt es, Hausseite für Hausseite auszuwählen, das Werkzeug für die Auswahl des Perspektivrasters zu aktivieren (Umschalttaste-V), im Widget für Perspektiven links oben in der Dokumentansicht die gewünschte Würfelseite anzuklicken und die ausgewählten Objektgruppen (in dem Fall: kurze und lange Hausseite) links und rechts der Vorderkante innerhalb des Perspektivenrasters zu positionieren. Wenn Sie dabei die Wahltaste gedrückt halten, erzeugen Sie gleichzeitig Kopien. Die nötigen Objektanpassungen nimmt Illustrator dabei automatisch vor. Ebenfalls angepasst wird dabei auch der aus Text bestehende Schriftzug.
Zeichenebene verlagern
Ansichtsebene für Stockwerkvorsprünge und Fenstersimse anpassen

Für diese Aufgabe aktiviert man den Modus zur Veränderung der Rastergitteransicht durch Klicken auf das Werkzeug “Perspektivenraster”. Auf der unteren Linie erscheinen drei mit einem Punkt in der Mitte gekennzeichnete Anfasser. Der mittlere dient dem Verschieben des Bodenbezugspunkts nach vorne oder hinten, der rechte und linke dem Verschieben der beiden Seitenansichten – ebenfalls nach vorne oder hinten. Im Folgenden werden die Gitternetzebenen für die kurze und die lange Hausfront leicht nach vorne verlagert – so weit, dass sie den Vorderflächen der Fenstersims- und Stockwerkvorderseiten entsprechen, die im Folgeschritt einzufügen sind.
Unterelemente
Die noch ausstehenden Objekte können entweder aus der 2D-Konstruktionszeichnung übernommen oder aber mit dem Werkzeug “Rechteck” neu eingezeichnet werden
Wichtig dabei ist, dass das Werkzeug “Perspektivenauswahl” sowie die passende Würfelseite im Widget aktiviert sind. Die flach liegenden Flächen erfordern eigentlich mehrere Umpositionierungen der Bodenfläche im Perspektivraster. Da die Eckpunkte durch die neuen Seitenflächen jedoch bereits vorgegeben sind, können sie alternativ – bei ausgeblendetem Perspektivraster – mit dem Zeichenwerkzeug gezeichnet werden. Da die neuen Elemente oben liegen, empfiehlt es sich, die zusätzlichen Elemente auf einer neuen Ebene anzulegen.
Schattierung
Farbschattierungen – also optische Unterscheidungsmerkmale zwischen Licht- und Schattenseite – können mithilfe der Perspektivenfunktion nicht generiert werden

Unterschiedliche Farbtöne für linke Seite, rechte Seite, Boden und (eventuell) Dach ermöglichen jedoch eine angemessene Herausarbeitung von Licht und Schatten. Bei rein grafischen Zeichnungen genügt es, den einzelnen Seiten unterschiedliche Farben zuzuweisen. Möchte man realistischer wirkende Farbabstufungen, empfiehlt es sich, der Grundfarbe unterschiedliche Schwarz-Anteile zuzugeben und die erzeugten Varianten als Farbfelder abzuspeichern, oder aber das Arbeiten mit der Illustrator-Farbhilfe. Im Beispiel wurden die in Schritt ” Zeichenebene verlagern ” und ” Unterelemente ” erzeugten Vorsprünge mit gelber Signalfarbe belegt.
Perspektivraster: Funktionen
Ein Feature zum vollautomatischen Erzeugen von 3D-Ansichten ist die Funktion “Perspektivraster” in Illustrator CS5 nicht, sondern eine Arbeitshilfe für das Anlegen von Konstruktionsraster(n) und das (perspektivische) Anordnen von Objekten. Die wichtigsten Funktionen:
Das Perspektivraster Das zugrundeliegende Raster kann – siehe Hauptartikel – über unterschiedliche Anfasser verändert werden. Der Horizont wird über die beiden äußeren Rautenanfasser nach oben oder nach unten verschoben, der obere Endpunkt der vertikalen Vorderkante über die Raute oben, der untere Endpunkt über den Knopfanfasser auf der Bodenebene in der Mitte.

Die Konstruktionsebenen können über den linken und den rechten Knopfanfasser verschoben werden. Die Fein- oder Weitmaschigkeit des Gitternetzes wird über die kleine Raute oberhalb des Bodens auf der Vorderachse variiert, die Reichweite des Rasters über die rautenförmigen Anfasser auf den unteren Achsen. Verschieben lassen sich darüber hinaus auch die Fluchtpunkte (durch Ziehen nach rechts, links, unten oder oben) sowie die Position des Perspektivenrasters auf der Arbeitsfläche (unterer Rautenpunkt rechts).
Rastervorgaben Als Standardraster möglich sind: Einpunktraster (nur ein Fluchtpunkt), Zweipunktraster (zwei Fluchtpunkte) und Dreipunktraster mit einem zusätzlichen Fluchtpunkt für die Höhe. Die im Vorabsatz beschriebenen Veränderungsmöglichkeiten orientieren sich grundsätzlich am Rastertyp. Die Vorgaben können über den Punkt “Ansicht > Perspektivenraster” angesteuert werden. Zusätzliche Optionen ermöglichen das Abspeichern selbst erzeugter Raster sowie das Einrichten eigener Raster (Raster definieren).
Werkzeuge und Widget Für das Bearbeiten von Perspektivenraster und Objekten stellt Illustrator zwei unterschiedliche Werkzeuge zur Verfügung. Um das Raster selbst zu verändern, ist die Auswahl des Werkzeugs “Perspektivenraster” erforderlich. Grundregel: Ist das Raster aktiviert, werden neu gezeichnete Elemente perspektivisch eingefügt. Auf welcher Seite, kann über ein kleines Widget gesteuert werden. Letzteres dient dem Auswählen von linker Seite, rechter Seite oder Bodenebene. Um nicht perspektivische Objekte (anzulegen bei ausgeblendetem Raster) in das Perspektivraster einzufügen, muss das-Werkzeug “Perspektivenauswahl” aktiviert sein. Das Einfügen in die aktuell angewählte Ebene (angezeigt im Widget) erfolgt durch einfaches Hineinziehen in das Rastergitternetz.
Sonstige Punkte Unter Objekt > Perspektive stehen ergänzend einige Arbeitsbefehle zur Verfügung.
Isometrische Darstellung als 3D-Effekt
Die neuen Funktionen für Perspektivenraster sind zweifelsohne eine immense Arbeitshilfe. Sollen lediglich einfache Objekte in den Raum hinein extrudiert werden, ist das Arbeiten mit dem 3D-Effektfilter “Extrudieren und abgeflachte Kante” jedoch meist sinnvoller

Vorteile: Der Filter funktioniert als Effekt, die Einstellungen sind also auch im Nachhinein veränderbar. 3D-Schattierungen werden direkt mit angebracht. Zusätzlich nutzen lässt sich der Filter auch beim Erstellen isometrischer Ansichten – einer Konstruktionsweise, die vom neuen CS5-Perspektivenraster nicht unterstützt wird. Eigenheit isometrischer Darstellungsweisen: Anders als “richtige” Perspektivdarstellungen zeichnen sich isometrische durch eine vereinfachte, auf Fluchtpunkte verzichtende Abbildung aus.
Alternative Auch für Hausfassaden mit zwei Seiten, wie im Workshop-Beispiel, ist die Vorgehensweise über den Extrudiereneffekt möglicherweise eine attraktive Alternative. Der Trick besteht darin, eine oder zwei der beiden Fassadenseiten mit nur einem Minimalwert in den Raum hinein zu extrudieren. Die so erzeugten Wandfassaden (respektive die als Würfel in den Raum hinein extrudierte Fassade plus die minimal extrudierte, flache Fassade) können in einem anschließenden Schritt aneinander ausgerichtet werden.
Vorgehensweise im Detail Als erstes wird eine Objektgruppe (linke Hausfassade) ausgewählt und über “Effekt > 3d > Extrudieren” und den Befehl “abgeflachte Kante” eine isometrische Ansicht erstellt. Isometrische Darstellungsweise und Seite werden über die Aufklapp-Liste hinter “Position” ausgewählt. Um die zwei oder drei Objektgruppen, denen man den Effekt zuweist, später besser anordnen zu können, empfiehlt sich unter “Tiefe der Extrusion” ein möglichst geringer Wert – beispielsweise 0,1 Millimeter. Die Vorgehensweise für die zweite Fassade ist identisch. Eventuell ist eine dritte Fassade notwendig, zusätzlich für das Dach.
Abschluss Die abschließende Arbeit besteht darin, die zwei oder drei mit dem Extrusionseffekt bearbeiteten Objektgruppen aneinander auszurichten. Da die Objekte selbst nach wie vor zweidimensional sind, empfiehlt sich hier das Umwandeln der extrudierten Objektgruppen in reale Objekte. Dies erreicht man über den Befehl “Objekt > Aussehen umwandeln”. Das anschließende Ausrichten der zwei oder drei Gruppen aneinander sollte keine weiteren Probleme bereiten.