
Mit Erinnerungen hat Apple erstaunlich spät eine echte Lücke im Repertoire der Standard-Apps gefüllt. Denn was wäre prädestinierter dafür, einen an Dinge zu erinnern, als ein ständig eingeschaltetes und stets in der Nähe befindliches Smartphone? Vor iOS 5 mussten iPhone-Besitzer entweder Apps von Fremdanbietern nutzen oder aber versuchen, andere Apps zu missbrauchen. Wer daran denken musste, morgen mal den Klempner anzurufen, hat dafür womöglich einen Termin oder eine Notiz angelegt. Doch Erinnerungen à la Apple sind sehr viel praktischer: Eine Erinnerung kann zu einer bestimmten Zeit angezeigt werden, belegt aber dafür nicht gleich Zeit im Terminkalender. Und während ein Termin unbemerkt verstreichen kann, bleiben Erinnerungen aktiv, bis man sie explizit abgehakt hat.
Noch praktischer werden Erinnerungen aber für Besitzer eines iPhone 4 oder 4S, denn sie können sich auch abhängig vom Aufenthaltsort erinnern lassen. So kann man sich auffordern lassen, zu Hause anzurufen, sobald man das Büro verlässt, oder Peter etwas zu fragen, sobald man einmal bei ihm ist. Dafür greift Erinnerungen natürlich auf die Ortungsdienste zurück, tut dies aber auf eine sehr effiziente Weise, die wenig Energie verbraucht.
Geofencing
Mit den ortsbezogenen Erinnerungen hat Apple für einiges Aufsehen gesorgt. So kann man sich an Dinge erinnern lassen, sobald man einen Ort erreicht oder verlassen hat. Intern nutzt Apple dafür ein Feature namens “Region Monitoring”, das bereits in iOS 4 existierte, aber erst seit iOS 5 auch anderen Apps zur Verfügung steht. Eine App kann einen Ort und einen Radius definieren, um beim Betreten oder Verlassen dieser Position per interne Push-Nachricht vom System benachrichtigt zu werden. Dafür muss die App selbst nicht weiterlaufen, sondern das System selbst kümmert sich auf möglichst effiziente Weise darum, zu prüfen, ob man diesen virtuellen Zaun überschreitet – daher der Begriff “Geofencing”. Region Monitoring steht nur für das iPhone 4 und 4S zur Verfügung. Das iPhone 3GS besitzt noch einen älteren GPS-Empfänger, der deutlich mehr Strom verbraucht und dieses Feature daher nicht unterstützt. Neben Apple Erinnerungen unterstützen auch andere Apps wie Foursquare oder Omnifocus Region Monitoring.
Noch hat die Ortsabhängigkeit einige Schwächen. Die größte ist sicherlich, dass sie nur mit dem Adressbuch verknüpfbar ist. Wer beispielsweise daran denken möchte, Pfeffer zu kaufen, sobald er den Supermarkt betritt, muss den Supermarkt ins Adressbuch eintragen, denn Orte für Erinnerungen lassen sich nicht frei über die Karten-App eingeben. Und wer Erinnerungen mit anderen Geräten wie iPads, Macs oder PCs synchronisiert, die keinen Ortsbezug kennen, kann dort nicht einmal sehen, dass auf dem iPhone einer existiert, geschweige denn eine Erinnerung erzeugen, die das iPhone abhängig vom Aufenthaltsort Alarm schlagen lassen würde.
Kollektive Nutzung
Ein großer Vorteil der App ist aber ihre Einbindung in Apples iCloud-Dienst. Erinnerungen werden automatisch mit dem iPad zu Hause, dem Mac oder PC auf dem Schreibtisch und dem iCloud-Webdienst synchronisiert. So ist sichergestellt, dass man eine einmal eingetragene Erinnerung nicht ignoriert. Und da die App vergleichsweise simpel gestrickt und damit auch leicht zu bedienen ist, bewähren sich die Erinnerungen im Alltag erstaunlich schnell. Da verzeiht man auch die kleinen Schwächen der App.
Erinnerungen und Optionen
Zum Erzeugen einer Erinnerung drücken Sie auf das Pluszeichen und geben einen möglichst aussagekräftigen Titel ein. Sobald Sie auf Return tippen, ist die Erinnerung als solche bereits erzeugt. Wenn Sie auf diese Weise Ihre Ideen und offenen Punkte sammeln, können Sie beim Öffnen der App immer sofort sehen, was Sie noch vor sich haben. Wenn Sie einen Punkt erledigt haben, haken Sie ihn buchstäblich mit dem Ankreuzfeld links neben dem Titel ab. Die Erinnerung wird dann in die Liste “Erledigt” verschoben. Schon diese Grundfunktionalität der App kann enorm hilfreich dabei sein, sich selbst besser zu organisieren. Wenn Sie die Erinnerung antippen, gelangen Sie zu den Optionen. Unter “Mehr anzeigen” können Sie etwa eine Priorität für den Eintrag festlegen, die jedoch leider auf dem iPhone ohne sichtbare Auswirkung bleibt, sondern Ihnen nur beim Organisieren hilft. Ebenso können Sie eine Notiz mit weiteren Erläuterungen hinzufügen. Sowohl Prioritäten als auch Notizen sind noch etwas mangelhaft umgesetzt, denn beides sehen Sie nur, wenn Sie wiederum die Erinnerung und dann “Mehr anzeigen” antippen. Auch eine Möglichkeit, Erinnerungen nach Priorität zu sortieren, fehlt leider.



Erinnerungen mit Datum
Wenn einem am Wochenende einfällt, dass man Montag jemanden anrufen muss, kann man eine Erinnerung mit einem Termin versehen, indem man die Erinnerung anwählt und auf “An einem Tag” tippt. Die App schlägt einen naheliegenden Termin vor, den man mühelos ändern kann. Hat man einen Termin festgelegt, kann man unter “Wiederholen” dafür sorgen, dass die Erinnerung regelmäßig erfolgt. Die von Apple vorgegebenen Wahlmöglichkeiten von täglich bis jährlich lassen sich leider nicht ändern. Zum jeweils festgelegten Termin wird man benachrichtigt. Dieser sorgt aber nicht dafür, dass sich die Erinnerung automatisch erledigt.




Weitere Funktionen: Ortung, Listen, iCloud, Siri
Statt eines Termins lässt sich für Besitzer eines iPhone 4 oder 4S auch ein Ort für eine Benachrichtigung definieren. Tippen Sie auf “An einem Ort”, und wählen Sie “Aktueller Ort”. Übernehmen Sie entweder diesen, oder wählen Sie einen anderen, der dann allerdings in Ihrem Adressbuch eingetragen sein muss. Sie können sich wahlweise beim Erreichen oder Verlassen eines Ortes erinnern lassen. Wenn Ihnen einfällt, dass Sie etwas Bestimmtes tun müssen, sobald Sie mal wieder im Büro sind, können Sie eine Erinnerung dafür anlegen. Haben Sie eine ortsgebundene Erinnerung aktiviert, laufen die Ortungsdienste permanent, was durch den Kompasspfeil in der Statusleiste angezeigt wird. Nach unseren Erfahrungen hält sich der Mehrverbrauch aber noch einigermaßen im Rahmen und ist beispielsweise nicht mit einer Navigations-App oder Ähnlichem vergleichbar. Es ist durchaus möglich, eine Benachrichtigung sowohl an einen Ort wie auch einen Termin zu koppeln – Sie werden dann in beiden Fällen benachrichtigt. Erinnerungen mit Ort gibt es lediglich auf dem iPhone 4 und 4S. Auf per iCloud synchronisierten Macs, PCs oder iPads wird die Ortsinformation leider einfach unterschlagen.



Erinnerungen organisieren und wiederfinden
Um den Überblick zu behalten, bietet es sich an, Erinnerungen in mehreren Listen zu sortieren. Über das Listensymbol links oben kann man mit “Bearbeiten” weitere Listen erstellen, in denen sich Erinnerungen ablegen lassen. Eine Sonderstellung hat hierbei nur die Liste “Erledigt”, in die Erinnerungen automatisch mit dem Abhaken verschoben werden. Ebenfalls über das Listensymbol verfügbar ist ein Suchfeld, das in den Titeln sucht. In der Datumsansicht blättert man nicht nur in Erinnerungen mit Termin, sondern dort neu erzeugte Einträge bekommen auch automatisch einen Termin am jeweiligen Tag verpasst.




Automatischer Abgleich mit iCloud

Der große Vorteil der Erinnerungen-App ist, dass sie perfekt in den iCloud-Dienst eingebunden ist und Erinnerungen dadurch automatisch an iPad, Mac, PC und den iCloud-Webdienst gesendet werden. Hierfür muss man unter “Einstellungen > iCloud” die Erinnerungen mit auswählen. Auf dem Mac übernimmt das Programm iCal die Darstellung der Erinnerungen, wenn man dort die iCloud-Synchronisation startet und die Erinnerungsliste einblendet. Auf dem PC lassen sich Erinnerungen mit den “Aufgaben” von Microsoft Outlook ab Version 2007 abgleichen, wenn zuvor die iCloud-Systemsteuerung installiert wurde.
Erinnerungen mit Siri
Nichts beeindruckte bei der Vorstellung des iPhone 4S mehr als die Kombination der Erinnerungen-App mit der Spracherkennung. Denn die Verbindung von beidem funktioniert wirklich großartig: “Erinnere mich morgen mittag Klempner bestellen” klappt ebenso perfekt wie etwa “Erinnere mich Blumen gießen, wenn ich nach Hause komme”. Auch Phrasen wie “Denke dran” oder “Neue Erinnerung” erzeugen automatisch Erinnerungen und selbst ein “Morgen Mittag Mutter anrufen” reicht. Wer mit Bluetooth-Freisprecheinrichtung im Auto fährt, kann so jeden Gedanken festhalten, der ihm gerade durch den Kopf geht.



