Auf seinen großen Coup muss Sascha Haenel
voraussichtlich noch etwas warten. Während sich die Telefonriesen in
Mainz bei der Versteigerung der neuen Mobilfunklizenzen einen
milliardenschweren Markt erobern wollen, wurde bereits spekuliert, ob
die Erfindung des leidenschaftlichen Tüftlers den neuen UMTS-Standard
möglicherweise überflüssig machen würde. Die neue Erfindung des 18-
jährigen Schülers aus Hildesheim war in den vergangenen Tagen
überraschend in die Schlagzeilen geraten.
Haenel, der in einem Jahr Abitur macht, hatte beim Wettbewerb
«Jugend forscht» den ersten Preis für eine Software erhalten, die
ohne großen Aufwand die Datenübertragung von Handys um ein Vielfaches
beschleunigen soll. «Die UMTS-Technik wird erst in einigen Jahren zur
Verfügung stehen», sagte Haenel. Die Lizenzgebühren in Milliardenhöhe
seien neben den Kosten für den Aufbau eines neuen Netzes dabei nur
«die Spitze des Eisbergs». Mit Hilfe seiner Software-Entwicklung
sollen dagegen per Handy über das herkömmliche GSM-Netz statt der
bislang möglichen 9,6 Kilobit 448 Kilobit in der Sekunde an Daten
versendet werden können. Der Clou: Der Datentransfer laufe auf Basis
des bestehenden Mobil-Netzes. Zudem wäre sie laut Haenel ohne großen
Aufwand und Mehrkosten sofort weltweit einsetzbar.
«Bislang hat die Software noch niemand auf ihre Machbarkeit und
industrielle Umsetzbarkeit hin geprüft», sagte Peter Gottall von
Siemens. Sicher sei allerdings, dass sie technologisch nicht an den
drei bis vier Mal so schnellen, weltweiten Standard UMTS heranreichen
kann. Die Personalabteilung von Siemens habe zwar Kontakt zu Haenel
aufgenommen, um ihn als pfiffigen, kreativen Menschen für eine
Mitarbeit im Unternehmen zu gewinnen, sagte Gottall. Um seine neue
Erfindung sei es dabei aber nicht gegangen. «Wir können derzeit nur
dementieren, dass es konkrete Gespräche mit Herrn Haenel um seine
Erfindung gibt», sagte Gottall. Der «Spiegel» hatte berichtet, das
Unternehmen verhandle bereits mit dem Schüler über den Bau eines
Handy-Prototyps.
«Die Entwicklung Haenels nutzt für die Datenübertragung die
Gesprächspausen, um die Datenpakete zu übertragen», erläutert Klaus
Helling, Vorsitzender der Jury von «Jugend forscht». Helling
beschreibt Haenel als sehr begabten Forscher, der bereits mehrfach
bei dem Wettbewerb ausgezeichnet wurde. Seinen jüngsten Preis habe er
bei der letzten Verleihung im Mai erhalten. Die große Aufregung, die
jetzt um ihn entstehe, könne er deshalb nicht ganz nachvollziehen.
Mit UMTS habe die Erfindung nichts zu tun. «Die Software-Lösung
Haenels wird wohl kaum den Weltstandard UMTS ins Wanken bringen»,
sagte Helling.
Der Standard UMTS, auf den sich weltweite Unternehmen,
Initiativen, Gremien und Regierungen geeinigt haben, wird ab
voraussichtlich 2002 große Datenübertagungsraten von zwei Megabit in
der Sekunde und damit mobiles Internet mit Bild, Ton und Video
ermöglichen.
dpa