Rund 100 Neuerungen verspricht das iPhone OS 3.0 Benutzern, für Entwickler stehen laut Apple 1000 neue APIs zur Verfügung. Unter den Neuheiten des Handy-Betriebssystems sind lange vermisste Funktionen wie Ausschneiden und Einfügen oder der lange versprochene Push-Notification-Dienst, der Multitasking überflüssig machen soll. Wer eine Flash-Integration erwartet hat, sieht sich enttäuscht, aber immerhin hat Apple nun endlich intelligente Anwendungen für die Bluetooth-Schnittstelle seines Handys gefunden.
iPhone-Apps im Abo
Vor zwei Jahren eingeführt, ist das iPhone mittlerweile in 80 Ländern verfügbar. Das iPhone SDK kam vor einem Jahr als Beta raus und wurde seitdem über 800.000 mal von Apples Website geladen. Das kostenpflichtige Entwicklerprogramm hat mittlerweile über 50.000 Mitglieder, von denen 60 Prozent neu als Apple-Entwickler registriert sind. Scott Forstall, Senior Vice President of iPhone Software bei Apple, trat bei der Veranstaltung in Cupertino als erster Redner auf und kündigt Erweiterungen für den App Store an. Eine davon ist ein neues Abo-Modell, mit dem Apple auf die Wünsche zahlreicher Anwender reagiere. Was Apple darunter versteht, demonstriert Forstall mit einem Spiel, aus dem man weitere Levels beziehen könne, oder anhand eines Fremdenführers, denn man auf mehrere Städte ergänzen könne.



















Nicht nur für Software-Anbieter auch für Verlage ist diese Erweiterung genial, denn so können Sie endlich ihre Inhalte (etwa Macwelt Premium) über eine iPhone-App zum Kauf anbieten. Das Geschäftsmodell dabei sieht so aus wie bei allen iPhone-Apps: 30 Prozent für Apple, 70 Prozent für den Entwickler/Anbieter. Abos gibt es allerdings nur für kostenpflichtige iPhone-Programme. Aus kostenlosen Programmen lassen sich also keine Erweiterungen kostenpflichtig beziehen.
Bluetooth neu entdeckt
Eine Peer-to-Peer-API für Bluetooth könnte zu neuen Dimension in puncto Datentausch zwischen iPhones führen. Jedes iPhone hat Bluetooth, doch benutzen kann man es eigentlich nicht, denn mit Ausnahme drahtloser Telefon-Headsets konnte das iPhone bislang keine Geräte per Bluetooth ansprechen.
Mit einer neuen Programmierschnittstelle (API) soll sich das nun ändern. Jedes Programm kann nun via Bluetooth Kontakt zu anderen iPhones in der unmittelbaren Umgebung aufnehmen. Das soll sogar ohne das lästige “Pairing” funktionieren. Dazu erweitert Apple seine Zero-Conf-Schnittstelle “Bonjour”, die dann “Bonjour Plus” heißt.
Anwendungsbeispiele wären vernetzte Spiele, die auch ohne Internetverbindung funktionieren. Oder schneller Adressenaustausch für kleine Teams, auch medizinische Applikationen sollen ihre Daten leichter übergeben können.
In iPhones 3G zieht endlich auch das A2DP-Protokoll ein. Damit lässt sich Musik in hoher Qualität und in Stereo via Bluetooth zu einem Empfänger übertragen. Das kann ein drahtloser Kopfhörer oder auch ein Autoradio sein. Der originale iPod Touch bleibt mangels Bluetooth-Modul außen vor, der im September auf den Markt gekommene iPod Touch 2G kann jedoch Bluetooth nutzen. Anwender des originalen iPhones müssen auf A2DP verzichten, der darin integrierte Bluetooth-Chip ist dafür nicht geeignet. Eine weitere Neuerung für drahtlose Verbindungen ist das WiFi-Auto-Login.
Nicht nur per Bluetooth, sonder auch über die Dock-Schnittstelle spricht Apple mit iPhone-Peripherie. Hersteller von Lautsprechersystemen, Radioweckern oder anderer Hardware finden im neuen iPhone SDK nun einige APIs, mit deren Hilfe sie iPhone-Software entwickeln können, die ihre Geräte steuern. So seien laut Apple etwa iPhone-Apps denkbar, welche die Equalizer-Einstellungen angeschlossener Soundsysteme steuern.
iPhone wird zum Navigationsgerät
Das iPhone OS 3.0 bringt wesentliche Neuerungen beim Umgang mit Landkarten. Entwickler sind mit der API Core Locations im neuen SDK nun in der Lage, Karten aus Google Maps in ihre eigenen Anwendungen zu integrieren. Dabei erhalten die Programmierer Zugriff auf alle von Google Maps bekannten Darstellungen, wie Straßenpläne, Satellitenbilder und Hybrid-Ansicht, auch das Identifizieren und Verfolgen des aktuellen Standpunktes per GPS ist möglich. Das Feature nutzen etwa Restaurantführer, die gleich den Weg zu den empfohlenen Lokalen zeigen können.
Als Navigationsgerät war das iPhone bisher trotz integriertem GPS-Empfänger nur bedingt tauglich, mit dem neuen Betriebssystem erhält das Apple-Handy aber alle Funktionalitäten, um echte Routenplanung zu ermöglichen. Google Maps helfen hier aber nicht weiter, aus Lizenzgründen kann Apple keine Karten zur Verfügung stellen. Mit dem Schlagwort “Bring your own maps”, fordert Apple die iPhone-Entwickler auf, eigenes Kartenmaterial mitzubringen, respektive zu lizenzieren. Die Routenplanung arbeitet am besten mit dem iPhone 3G, das Vorgängermodell kann seine Position über Triangulation von Wi-Fi-Hotspots und Mobilfunkmasten nicht immer genau bestimmen.
Search durchsucht das iPhone
Nun hat das iPhone endlich auch sein Spotlight-Pendant erhalten. Bislang stand die Suche nur für Kontakte zur Verfügung, jetzt auch für Mail, Termine oder Apps.
Mit dem Update auf das iPhone Os 2.0 erlaubte Apple dem Anwender erstmals, in seinen Kontaktadressen zu suchen. Mit dem OS 3.0 hat Apple diese Suche auf das ganze iPhone ausgeweitet. So lassen sich Mails nach Adressat, Absender oder Betreff durchforsten, der Nachrichtentext ist zumindest nach dem ersten Eindruck noch ausgenommen. Wenn sich eine Nachricht nicht mehr auf dem iPhone befindet, lässt sich die Suche auf den Server ausweiten.
Auch Termine und Notizen lassen sich durchsuchen, auf dem iPhone installierte Apps, gespeicherte Songs und Filme und und und. Die Suche ist über ein kleines Spotlight-Icon links unten zugänglich und führt auf ein Suchfeld. Unterhalb des Suchfelds listet das iPhone die Ergebnisse. Wie unsere Kollegen von der Macworld feststellen, bricht Apple hier zum ersten Mal sein ungeschriebenes Gesetz und platziert das Suchfeld auf der Startseite. Respektive links daneben, zu Spotlight gelangt man, wischt man den Start-Screen nach rechts.
Kopieren, Ausschneiden und Einsetzen
Mit iPhone OS 3.0 kann man auf dem iPhone nun endlich Textabschnitte kopieren, ausschneiden und einsetzen. Clever: Die Beschleunigungssensoren sind mit eingebunden. Und: Die Auswahl ist nicht auf Bilder beschränkt.
Lange erwartet, zieht Copy-Paste nun endlich in das Betriebssystem des Apple-Handys ein. In einer Mail, auf einer Website oder einem Notizzettel notiert man etwa Worte und ganze Absätze, indem man seinen Finger auf den gewünschten Text setzt. Es erscheint eine transparente Auswahl mit Markierungspunkten, die sich beliebig ziehen und verschieben lassen, das iPhone lässt nun die Option, den gewählten Bereich auszuschneiden oder zu kopieren. Nach dem Wechsel in ein anderes Programm ist die Auswahl beliebig einsetzbar. Copy-Paste auf dem iPhone beschränkt sich nicht auf Apples eigene Programme, auch aus den Angeboten Dritter lässt sich Text kopieren, auch ganze URLs oder den Inhalt kompletter Sprechblasen aus der SMS-Kommunikation nimmt die Zwischenablage auf. Clever gelöst hat Apple die Rückgängig-Funktion: Setzt man etwa den Inhalt der Zwischenablage an eine falsche Stelle ein, genügt es nun, das iPhone zu schütteln. Ein Menü bietet nun an, die Aktion rückgängig zu machen. Eine weitere Neuerung erleichtert die Textarbeit auf dem iPhone: Die Tastatur lässt sich nun auch im Landschaftsmodus nutzen, dreht sich also mit, wenn man das iPhone kippt.
Bei der Entwicklung des Auswahlwerkzeuges haben die Ingenieure auch an Bilder gedacht. So ist es jetzt möglich, in iPhoto mehrere Bilder auszuwählen und sie gleichzeitig zu versenden. Für den Bilderversand ist der iPhone-Anwender nun nicht mehr allein auf E-Mail angewiesen, das iPhone OS 3.0 unterstützt nun auch MMS. Aus technischen Gründen stellt das Betriebssystem MMS nur für das iPhone 3G zur Verfügung.
Laut Apple ist Copy-Paste leicht in iPhone-Apps einzubauen, die durch Schütteln ausgelöste Rückgängig-Funktion ist dabei automatisch integriert. Die Beschleunigungssensoren finden übrigens nicht nur beim Einsetzen in der genannten Art Verwendung. Wie der iPod Nano der vierten Generation schaltet das iPhone beim Abspielen von Musik in den Zufallsmodus, sobald man es schüttelt.
iPhone OS 3.0 – Push notification
Sie müssen am Samstag ein wichtiges Telefonat führen, möchten aber trotzdem sofort über ein Tor ihres Lieblings-Fußballvereins informiert werden? iPhone OS 3.0 löst das Problem.
“Push Notification” ist ein Dienst auf dem iPhone, der im Hintergrund läuft – und damit ein Kurswechsel von Apple. Denn bisher sträubte sich die Firma mit Händen und Füßen gegen Hintergrundprogramme auf dem iPhone, weil damit die Batterielaufzeit kräftig fallen würde. Denn ein Hintergrundprogramm ist ständig aktiv (oder wenigstens in regelmäßigen Abständen), so dass der Prozessor des iPhone nicht in den Ruhezustand gehen kann.
Bei der Präsentation von iPhone OS 3.0 lieferte Scott Forstall Vergleichszahlen mit anderen mobilen Geräten: Aktiviert man auf einem Blackberry oder einem Windows-Mobile-Gerät ein Hintergrundprogramm ist die Batterie bis zu 80 Prozent früher leer als ohne diese Software.
Demgegenüber sei Apple vergleichsweise sparsam: Das Hintergrundprogramm für “Push Notification” führe zu einem 23 Prozent höheren Stromverbrauch – sprich: statt der heute üblichen 5 bis 6 Betriebsstunden mit WLAN oder UMTS-Verbindung erreicht man bei aktiver Push Notification dann 4,5 bis 5 Stunden. Apple hatte den Dienst bereits für den vergangenen Herbst versprochen, entschuldigt die Verzögerung mit dem unerwarteten Ansturm von Entwicklern auf den App Store. Die ursprünglich konzipierte Infrastruktur hätte die Nachfrage nicht befriedigen können.
Bei der Präsentation ihrer Push-notifaction-Lösungen zeigten verschiedene Entwickler, was sich mit dieser besonderen Art der Nachrichten machen lässt. Bei ESPN, einem amerikanischen Fernsehsender für Sportnachrichten, kann man beispielsweise die Ergebnisse eines bestimmten Baseball-Teams abonnieren. Sobald die Mannschaft einen Punkt erzielt, erhält man eine Nachricht, die von ESPN über die Server von Apple an den Kunden weiter gereicht wird. Die Nachricht ist dann beispielsweise dezent auch bei einem Anruf sichtbar, auf Wunsch wird ein besonderer Hinweiston dazu abgespielt. ESPN kann dann zum Beispiel in der Nachricht eine Möglichkeit bieten, die ESPN-Software für das iPhone zu starten und dann dort ein kurzes Video zum Punktgewinn abspielen.
Eine weitere Einsatzmöglichkeit für diese Nachrichten ist ein Chat, den man später fortsetzen möchte. Meebo zum Beispiel wird in Kürze eine Software für das iPhone anbieten, in der man nach einer Anmeldung bei diesem Dienst Chat-Nachrichten später nachgereicht bekommt; oder sehen kann, wann ein Freund sich angemeldet hat und eine Kontaktaufnahme versucht hat. Selbst Firmenkunden sollen von diesen immer aktuellen Nachrichten profitieren: Auf der Bühne in San Francisco zeigte Hody Crouch von Oracle, wie ein Distributor automatisch vom Warenwirtschaftssystem über demnächst bevor stehende Lieferengpässe bei einem bestimmten Produkt gewarnt wird und dann ein Hilfsprogramm von Oracle auf dem iPhone nutzen kann, um wiederum andere Kunden oder Händler direkt von diesem Mangel zu informieren. Push notification funktioniert laut Apple über die Mobilfunknetze UMTS und GPRS sowie über WLAN-Verbindungen. Apple verspricht, dass die Nachrichten rund um den Globus ankommen. “Apple kümmert sich um die Details in allen 80 Ländern, in denen heute das iPhone erhältlich ist. Wir stellen sicher, dass dabei die Besonderheiten aller Telefonanbieter berücksichtigt werden”, verspricht Scott Forstall.
Kein Flash, noch kein Tethering
Trotz hartnäckiger Nachfragen der in Cupertino versammelten Presse hat Apple bei der Präsentation des iPhone OS 3.0 keinerlei Hinweise auf neue Hardware gegeben. Zuletzt hatte Apple das iPhone im Juni letzten Jahres aktualisiert, die Produktzyklen der Industrie und des Mac-Herstellers lassen neue Hardware frühestens im Sommer erwarten, womöglich zeitgleich mit Veröffentlichung des iPhone OS 3.0. Bis dahin könnte das iPhone 3G auch als UMTS-Modem für Laptops dienen. Dies lassen zumindest Aussagen von Apples Produktmanager für iPod und iPhone Greg Joswiak vermuten. Angesprochen auf die nach wie vor fehlende Modemfunktion erläuterte Joswiak, dass sowohl seitens des Clients als auch des Mobilfunkproviders Vorkehrungen getroffen sein müssten. Apple habe das iPhone für die Tethering genannte Modem-Nutzung vorbereitet, der Ball liege nun bei den Providern. Tethering werde aber auf jeden Fall kommen. Apples Mobilfunk-Partner wie AT&T in den USA und T-Mobile in Deutschland dürften also gerade an Vertragskonditionen feilen. Technische Details zum Tethering nennt Apple nicht, vermutlich wird sich das iPhone aber per Bluetooth als Modem anbieten. Flash hat Apple hingegen eine Absage erteilt, nicht ohne eine Hintertür offen zu lassen. “Dazu gibt es heute keine Ankündigungen”, erklärte Apples Marketingchef Phil Schiller auf die Frage nach Adobes Technologie. Wer etwa bewegte Bilder in seine iPhone Apps und Web-Anwendungen einbauen wolle, sei mit HTML 5 und den Quicktime-APIs des iPhone SDK bestens versorgt. ESPN nutze etwa für seine Sport-Anwendungen die Qucktime-Streaming-APIs des Entwicklungssystems.
Neue Spiele für das iPhone
Die Nintendogs-Welle schwappt auch aufs Apple-Handy: War ja klar, dass diese lukrative Idee schleunigst auf iPhone musste. Ngmoco, Spieleerfinder fürs iPhone, die bislang unter anderem Rolando veröffentlich haben, haben die Nintedog-Idee aufs iPhone gebracht. Nur dass es dort Touchpets heißt, weil man die kleinen Biester nicht mit einen Plastikgriffel sondern direkt mit dem Finger streicheln kann. Egal wie die Umsetzung des Spiel ist, in Sachen Vermarktung hat sich Ngmoco eine Eins verdient: Nicht nur, dass man dem niedlichen Kläffer zusätzliches Spielzeug kaufen kann, sogar die passende Hundekleidung gibt’s. So muss sich der Wauwau beim Spielen mit den Kumpels nicht für sein Outfit schämen – und auf zig Eltern rollt die nächste kommerzielle Terrorwelle zu -abgesehen davon, dass sie ihr verschmiertes iPhone sowieso nur noch in Ausnahmefällen wieder zurück bekommen. .
Spiel No zwei: LiveFire
Wem nach so viel Niedlichkeit schon ganz übel ist, für den ist die zweite Spieleidee von NGmoco gedacht: ein Egoshooter, den man über Wifi zu mehreren spielen kann. Und das wird auch gleich demonstriert. Denn während der Spieler beim ersten Versuch gleich verliert, lädt er sich flugs einen Kumpel übers Netz ein und gemeinsam strecken sie den bösen Angreifer nieder. Schöne neue Spiele-Welt!