
Beobachtet man in letzter Zeit den Verkehr in einer deutschen Großstadt, könnte man meinen, die Deutschen seien zu einem Volk orientierungsloser Mobilisten geworden. Kaum ein Kleinwagen, an dem nicht ein kleiner Kasten an der Windschutzscheibe pappt. Die teureren Karossen haben das Kästchen in der Konsole integriert – ohne Navi aber fährt fast niemand mehr herum. Mobile Navigationsgeräte waren letztes Jahr zu Weihnachten der Verkaufsrenner – sie übertrafen bei Amazon und Co. sogar die Dauerbrenner Digitalkameras und iPods. Kein Wunder: In den letzten Jahren sind Navis kleiner geworden, sie sind deutlich preiswerter und vor allem kinderleicht in der Bedienung.
Renner zu Weihnachten
Ein weiterer Vorteil: In der Grundausstattung kostet ein einfaches Modell kaum mehr als ein Update der digitalen Straßenkarte – da greifen viele doch lieber gleich zu einem neuen Gerät. Und noch eine gute Nachricht für alle, die Schwierigkeiten mit der Wegfindung haben: Alle von uns getesteten Geräte haben die Kinderkrankheiten mobiler Navigationsgeräte längst überwunden. Satelliten werden dank verbesserter GPS-Empfänger problemlos gefunden und schon wenige Meter nach einer Tunnelausfahrt wieder erkannt. Auch in engen Großstadtschluchten funktioniert die GPS-Steuerung einwandfrei, so dass der größte Nachteil gegenüber einem fest verbauten und meist zehnmal so teuren Navi entfällt. Gegenüber letzteren bieten, abgesehen von optischen Aspekten, mobile Navis viele Vorteile. Sie sind meist auf dem neuesten Stand der Technik und bieten, in den teureren Varianten, eine Fülle an Zusatzfunktionen.
Informationen aus dem Web
Da sich Navigationsgeräte in ihrer Grundaufgabe, den besten Weg von A nach B zu finden, kaum mehr unterscheiden (auch das Kartenmaterial stammt immer von den gleichen zwei Anbietern, Navtec und Teleatlas), müssen sich die Hersteller immer neue Dinge einfallen lassen, um sich von der Konkurrenz abzuheben.
Eine Schlüsselfunktion hat dabei neuerdings das Internet inne. Nicht nur lassen sich Karten-Updates über das Netz kaufen, wichtiger noch sind Geo-Informationen, die das Netz zu Hauf bietet. Das fängt an mit den so genannten POIs (Points of Interest), also Gebäuden, Einrichtungen und so weiter. Der nächste Supermarkt, die nächste Tankstelle, der Pizzabäcker oder eine Spezialklink in der Nähe: Es gibt nichts, was das Navi nicht weiß – oder wissen sollte.
Am schnellsten und aktuellsten erhält man diese Informationen aus dem Internet, weshalb die großen Anbieter wie Garmin und Tomtom inzwischen voll auf das Netz setzen. Die Frage ist nur, wie die Informationen den Weg aus dem Netz in das Navi finden.
Mac-Anbindung erforderlich
Da bislang kein Navigationsgerät über eine eigene Verbindung ins Internet verfügt, muss das Füttern der Daten über einen Mac geschehen, oder genauer gesagt über einen PC. Denn nach Mac-Software hielt man in der Vergangenheit vergeblich Ausschau.
Lediglich der holländische Hersteller Tomtom, gegründet von ehemaligen Palm-Mitarbeitern, hatte schon immer eine Schwäche für den Mac. Das merkt man an der klaren Benutzerführung und der Tatsache, dass es für Geräte von Tomtom schon länger eine Mac-Software gibt.
Nachgezogen hat nun auch der Hersteller Garmin, der nach langen Verzögerungen nun auch eine grundlegende Mac-Software im Angebot hat. Alle anderen Hersteller sind nach wie vor auf dem Apple-Auge blind. Wir beschränken uns bei unserem Test deshalb auf Geräte von Garmin und Tomtom.
Vorreiter Tomtom
Dem nach eigenen Angaben in Eu-ropa marktführenden Hersteller Tomtom kommt die Ehre zu, mit Abstand die komfortabelste und umfassendste Mac-Software im Programm zu haben. Ähnlich wie bei iTunes verwaltet man damit seine Karten, Stimmen, Klingeltöne, POIs (bei Tomtom heißen sie unglücklich eingedeutscht OVIs, Orte von Interesse), man lädt Kartenaktualisierungen herunter, die andere Tomtom-Nutzer ins Internet stellen, man aktualisiert die Dateien mit Standorten von Blitzampeln und kann sogar, falls es das Gerät unterstützt, Musikdateien und Fotos auf sein Navi laden. Ähnlich wie bei iTunes verfügt die Tomtom-Software auch gleich über eine Anbindung an den Internet-Shop des Anbieters, in dem man weitere Navigator-Stimmen und Kartenmaterial zukaufen kann.

Software mit Problemen
So angenehm zu verwenden die Software von Tomtom ist, so tückisch erweist sie sich in ihrer Handhabung. So gibt die teilweise schlecht lokalisierte Applikation falsche Anweisungen wie: “Trennen Sie das Gerät vom Computer” wo gemeint ist, man soll den entsprechenden Befehl im Menü wählen – was dazu führt, dass Updates des Navi-Systems fehlerhaft beendet werden. Noch schlimmer ist, dass Tomtom keine Funktion vorsieht, mit der man seine Software komplett neu aufspielen kann. Hat man am offen liegenden Dateisystem des Tomtom etwas vermurkst, kann das ohne weiteres dazu führen, dass das Gerät nicht mehr startet. Einen Knopf “System zurücksetzen” oder ähnliches sucht man vergebens. In unserem Test brauchen wir mehrere Stunden, bis wir auf den US-Supportseiten eine Lösung zum Wiederherstellen finden.
TIPP Wer mit der Tomtom-Software arbeitet, sollte aus den genannten Gründen ein Image des Geräte-Volumes als Kopie anlegen und zuerst ein zusätzliches Backup mit der Tomtom-Software erstellen. Dieses führt man mit der Tomtom-Software durch, es geschieht allerdings nicht automatisch.
Nachzügler Garmin
Schon lange verspricht der US-Hersteller Garmin, seine PC-Software auch für den Mac herauszubringen – seit dem Frühjahr hat er es tatsächlich geschafft. Allerdings ist das Angebot recht spärlich, lediglich eine Software, die System-Updates aus dem Internet installiert, sowie einen POI-Loader gibt es. Letzterer sucht im Internet nach Orte-Dateien für Garmin und legt sie auf dem Gerät an der richtigen Stelle ab. Immerhin hat man damit die Grundfunktionen abgedeckt, zumal man andere Daten wie Musik und Fotos “per Hand” im Finder auf die Speicherkarte des Garmin übertragen kann. Gegenüber dem Tomtom hat Garmin einen echten Vorteil: Da die Software so spartanisch ist, kann man kaum etwas zerstören.
Unterschiede in der Ausstattung
Welchen Komfort ein Navi bietet, das ist bei beiden Herstellern eine Frage des Preises. Ein großes Display erleichtert die Übersicht, ein Verkehrsinfo-Empfänger kann einen vor dem Staustehen bewahren, zusätzliche Stimmen lockern die Wegweisung deutlich auf. Wirklich nützlich sind in erster Linie die Freisprechfunktionen, die die teureren Geräte bieten. Sie funktionieren über Bluetooth und verstehen sich in unserem Test mit einem iPhone bestens (siehe Kasten). Wer in seinem Auto keine Freisprechanlage eingebaut hat, für den ist der Aufpreis sehr sinnvoll. Ansonsten stellen wir zwischen den Geräten nur geringe Unterschiede fest: Der Tomtom Go 730 verfügt über den besten GPS-Empfang und die höchste Akkuleistung, hier erweist sich Garmins Nüvi 760 sogar als Schlusslicht. Die Routen zeigen alle Geräte gleich an und auch bei der Neuberechnung einer Route ergeben sich kaum Unterschiede. Alle Geräte im Test sind durchaus empfehlenswert, echte Ausrutscher sind nicht darunter.
Empfehlung Von den Geräten selbst ergeben sich in den jeweiligen Preisklassen kaum Unterschiede. Mac-Anwender werden der sehr viel komfortableren Tomtom-Software den Vorzug geben. Wer ein großes Display, lange Akkulaufzeit und komfortable Zusatzfunktionen schätzt, greift zum Tomtom Go 730. Wer es lieber etwas kleiner und handlicher hat, ist mit dem One bestens bedient.Sebastian Hirsch

Multimedia und Community
Sie zeigen Fotos und spielen MP3-Musikdateien ab. Navis werden immer mehr zu Multimedia-Geräten. Seit Neuestem spannen die Hersteller auch die Nutzer ein.
Taugt das Navigationsgerät als Entertainment-Anlage im Auto? Glaubt man den Versprechen der Hersteller, dann kann man Autoradio und iPod gleich zusammen einmotten – und das Navi hernehmen. Ganz so ist es allerdings nicht. Das Hauptproblem besteht darin, dass die kleinen Lautsprecher der Navigationsgeräte für die Stimmwiedergabe ausreichen, nicht aber für Musik. Die Hersteller bieten zwar integrierte FM-Transmitter an (Tomtom sogar mit iPod-Anbindung), bei dem der Sound über die Radio-antenne an das Autoradio übertragen wird, dies ist aber keine echte Lösung. In Ballungsgebieten findet sich nämlich keine freie Frequenz, über die der FM-Transmitter seinen Klang ohne Störungen übertragen kann. Bei Autos mit einer hinten liegenden Dachantenne ist das Signal zudem zu schwach. So taugen Navis allenfalls dazu, als Notlösung eine MP3-Datei als verrauschter Radioersatz zu übertragen – keine sehr befriedigende Lösung.
Inhalte von Nutzern
Sinnvoller ist da eine andere Idee der Hersteller: Warum nicht die zig Tausende Navi-Nutzer, die täglich unterwegs sind, dafür nutzen, Kartenänderungen oder gar Fehler zu melden und so das Kartenmaterial aktuell zu halten. Tomtom ist hier der Vorreiter, seine Technik heißt Mapshare, und glaubt man den täglichen Aktualisierungen aus dem Internet, geht das Konzept auf. Nach Angaben von Tomtom wird jede Eingabe geprüft, so glaubt man, Scherzbolde ausschließen zu können.
Ebenfalls auf die Community baut Tomtom beim Thema POI. Hier können Institutionen und Wirtschaftsbetriebe ihre Daten einstellen, beispielsweise Kaufhausketten die Lage ihrer Warenhäuser oder Sparkassen ihre Geldautomaten. Ebenfalls eine nette Idee: User können eigene Routen einstellen, beispielsweise eine Fahrt durch das Rheintal oder die schönste Route zu den oberbayrischen Schlössern. Alle Dateien stellt Tomtom den Nutzern gratis über die eigene Software zur Verfügung. Auch Garmin macht erste Ansätze in diese Richtung, deren Community-Funktionen stecken allerdings noch in den Kinderschuhen.
iPhone am Navi betreiben
Teurere Navigationsgeräte mit entsprechender Ausstattung taugen als Freisprechanlage – das funktioniert auch sehr gut mit einem iPhone
Teurere Navigationsgeräte wie die von uns getesteten Nüvi 760 TFM und Tomtom Go 730 bieten einen für Vielfahrer unschätzbaren Vorteil: Sie lassen sich als komfortable Freisprecheinrichtung nutzen. Über Blutooth verbinden sie sich mit dem Handy und nehmen Telefongespräche entgegen oder rufen Nummern an. In unserem Test funktioniert dies mit beiden Geräten problemlos mit einem iPhone. Lediglich die erste Verbindung zwischen Navi und iPhone klappt nicht auf Anhieb, wir müssen beide Geräte mehrmals zur Verbindungsaufnahme auffordern, bis es klappt. Haben sich iPhone und Navi aber erst einmal gefunden, nehmen sie anschließend automatisch die Verbindung auf, wenn man im Auto das Navigationsgerät einschaltet.
Adressbuch inklusive
Das Garmin-Gerät übernimmt automatisch sämtliche Adressen aus dem iPhone, bei Tomtom muss man das am Gerät einmal einstellen. Danach kann man direkt am Navi per Adressbuch anrufen und über das Gerät telefonieren. Wird man selbst angerufen, zeigt das Navi den Anrufer mit Namen an und nimmt den Anruf auf Wunsch auch automatisch entgegen. Lediglich die Liste der verpassten Anrufe gibt das iPhone nicht an die Navis weiter.
Navigationsgeräte Ausstattung und Bewertung:
Tomtom Go 730 T
Hersteller: Tom Tom
Preis: 350 €
Note: 1,7 gut

Testurteil:
+ Einfache Bedienung, sehr guter Funktionsumfang, gute Mac-Anbindung
– Hoher Preis, Software instabil
Tomtom One Europe
Hersteller: Tom Tom
Preis: 200 €
Note: 2,2 gut

Testurteil:
+ Einfache Bedienung, sehr gute Mac-Anbindung, Tempolimit-anzeige
– Software instabil
Garmin Nüvi 760 TFM
Hersteller: Garmin
Preis: 350 €
Note: 2,5 befriedigend

Testurteil:
+ Einfache Bedienung, guter Funktionsumfang, Mac-Anbindung
– Hoher Preis, Mac-Anbindung umständlich
Garmin Nüvi 255 WT
Hersteller: Garmin
Preis: 250 €
Note: 2,6 befriedigend

Testurteil:
+ Einfache Bedienung, Mac-Anbindung, großes Display
– Hoher Preis, Mac-Anbindung umständlich
Garmin Nüvi 205
Hersteller: Garmin
Preis: 120 €
Note: 2,9 befriedigend

Testurteil:
+ Einfache Bedienung, Mac-Anbindung, niedriger Preis
– Mac-Anbindung umständlich, nur Karten von D / A / CH