
“Ich habe das Lick von Steve Cropper geklaut,” räumt der Gitarrist und Sänger John Fogerty freimütig in der Künstlerlektion ein, die er für Apples Garageband 5.0 aufgenommen hat. Mit “Danke Steve!” beschließt der Gründer von Creedence Clearwater Revival (CCR) so den Teil des Filmes, der sich an etwas fortgeschrittene Gitarristen richtet. Es ist damit einmal nicht der Apple-CEO gemeint sondern der langmähnige und bärtige blonde Musiker, den die meisten von Fogerty angesprochenen Hobbymusiker aus dem Blues-Brothers-Film von 1980 kennen dürften. Einem “Danke, Apple!” von Anwenderseite her würden wir aber nicht widersprechen, hat sich doch Garageband in seiner Inkarnation in iLife 09 wieder weg vom Produktionsstudio für Filme und Podcasts hin zu einer Software für Musiker und solche, die es werden wollen, gewandelt.













Garageband kann Spaß machen, hangelt man sich einfach nur durch die zahlreichen Loops und Samples und stellt sich damit mehr oder weniger individuelle Tracks zusammen, die sich nicht zuletzt als iPhone-Klingelton eignen. Wer Garageband nur in dieser Weise einsetzt, verschwendet aber einen Großteil des Potentials der Software. Anders als etwa Steinbergs Sequel richtet sich Apples Musikprogramm nicht an Laptopmusiker und Hobby-DJs sondern eher an solche, die ein Instrument spielen oder es erlernen möchten. Und gerade für die letztere Klientel hat Apple eine echte Innovation in Garageband integriert.
Von der Pike auf gelernt
Jeweils neun Grundübungen für Piano und Gitarre hat Apple für Garageband produzieren lassen, in denen ein Musiklehrer die Grundlagen der Instrumente erklärt und einfache Stücke erläutert. Wer Keyboard oder Gitarre an den Rechner angeschlossen hat, kann auch gleich mitspielen und bei Bedarf das Tempo des Instruktors, der sich als Tim vorstellt, reduzieren. Tim ist jedoch recht einfach zu folgen, beginnt der Musikpädagoge schließlich bei den absoluten Grundlagen wie Sitzhaltung am Klavier und Grundstimmung der Gitarre, zumal hat Apple für die deutsche Version die Lektionen übersetzt. Von Synchronisation kann man jedoch beim besten Willen nicht sprechen, was unterschiedliche Sprecher Tim in den Mund legen, hat mit dessen Lippenbewegungen nicht viel zu tun. Man gewöhnt sich jedoch recht schnell daran und wirft seinen Block auf die wichtigen Dinge wie die Hände des Lehrers oder die synchron zu deren Bewegungen eingeblendeten Griffschemata auf Tastatur oder Griffbrett. Die Filme laufen im Ganzbildmodus ab, anders als auf den in Dutzendware erhältlichen Youtube-Filmen von Musikern bei der Arbeit, sieht der Garagebandschüler genau, was sich abspielt. Damit iLife 09 auf eine DVD passt, legt der Hersteller jeweils nur ein Lehrvideo für Klavier und Gitarre bei, die restlichen Grundübungen sind kostenlos über den neuen “Store für Übungen” erhältlich, jeweils um die 200 MB groß.
Der Profi zeigt, wie es geht
Apple mag ein neues Geschäftsmodell mit diesem Store gefunden haben, Künstlerübungen kosten jeweils 4,95 Euro, die Bezahlung wickelt der Apple Store online ab. Auch Wochen nach der Ankündigung auf der Macworld Expo 2009 und dem Verkaufsstart Ende Januar ist das Angebot noch sehr rar. Dabei klingt die Idee brillant: Renommierte Musiker zeigen auf der Lehrplattform Garageband, wie sie die Songs spielen, die sie berühmt machten und erzählen etwas zur Entstehungsgeschichte. Wir haben uns die Lektion “John Fogerty” gekauft, um etwas über Proud Mary zu erfahren, was wir noch nicht wussten. Und wurden dabei nicht enttäuscht: Zwar ist die Basislektion für all die gedacht, die sich gerade erst durch Tims Grundübungen gekämpft haben, Fortgeschrittenen verrät Fogerty aber gleich ein Geheimnis seines Sounds: Die Gitarre – eine Gibson Les Paul – hat der CCR-Gründer einen Ganzton tiefer gestimmt. Was also nach E-Dur gegriffen aussieht, klingt nach D-Dur – und alle anderen Akkorde klingen wegen der geringeren Saitenspannung wesentlich satter. Den Trick hat seinerzeit auch Jimi Hendrix gerne angewendet. Proud Mary ist nicht gerade der schwerste aller Rock-Songs von daher ein dankbarer Einstieg für die Künstlerübungen. Fogerty lässt aber keinen Zweifel daran, dass nur Fleiß zu einem Klang führt, der begeistert. Jeden Tag übe er, um stets ein klein wenig besser zu werden. Garageband ist definitiv eine Software, mit deren Hilfe die Beschäftigung mit dem Instrument noch mehr Spaß macht. Die Grundübungen und Künstlerübungen – die von John Fogerty umfasst 750 MB Datenvolumen – legt Garageband nicht in der Bibliothek des Nutzers ab, sondern im für alle Benutzer auf einen Rechner erreichbaren Ordner “/Library/Application Support/GarageBand/Learn to Play”. Eine direkte Methode, Übungen im privaten Hausnetz gemeinsam zu nutzen, bietet Garageband nicht, die Dateien lassen sich aber ohne Weiteres von Rechner zu Rechner transferieren – was im Rahmen rein privater Nutzung nicht verboten sein dürfte.
Oberfläche mit sinnvollen Vorlagen
Der neue Focus von Garageband zeigt sich bereits an der Oberfläche. Schaltflächen für “Loops” und “Podcasts” sind rechts außen angeordnet und unter das Dach der “Projekte” gewandert. Eine Unterscheidung zwischen Musik- und anderen Projekten gibt es nicht mehr, stattdessen stellt Garageband acht vorkonfigurierte leere Projekte in sein Startfenster. Hat Garageband in älteren Versionen ein neues Musikprojekt mit einer bereits angelegten Spur für das Softwareinstrument Grand Piano angelegt, stehen nun mehr Varianten bereit. In der “Keyboard Collection” prahlt das Programm etwa mit seinen Softwareinstrumenten für Tasteninstrumentalisten, die Schaltfläche “Songwriting” führt zu einem Standard-Band-Setup. Praktisch, und damit eine Art von Bereich für eigene Vorlagen ist die Schaltfläche “Benutzte Projekte”. Die zweite wesentliche Neuerung neben den Lehrvideos präsentiert aber die Vorlage “Electric Guitar” – das Symbol einer Gibson Les Paul mit der Sunburst-Lackierung.
Englische und andere Einstellungen

Legt man in einem Projekt eine neue Spur an, hat man nicht wie bisher die Wahl zwischen Softwareinstrument und echtem Instrument, sondern bekommt nun die dritte Option “E-Gitarre”. Gitarrensounds hatte Garageband zwar seit jeher angeboten, nur war deren Klang einerseits dürftig und andererseits kaum konfigurierbar. Die bekannten Softwareinstrumente sind noch da, Gitarristen echauffieren sich aber zu Recht, wenn jemand versucht, Sechs-Saiten-Klänge mit einem Keyboard einzuspielen. Das ist mit Garageband 5.0 nun auch wirklich nicht mehr nötig, Apple geht bei der Klangerzeugung für Gitarren einen neuen Weg, den man etwa von der Guitar-Rig-Serie von Native Instruments kennt. Die grafische Oberfläche zur Konfiguration von Verstärkern und Effektpedalen macht Spaß, anhand der Abbildungen der von Apple mangels Lizenz so genannten “Vintage Stack” oder “Black Face Combo” erkennt man die Originale von Marshall und Fender recht gut. An Knöpfen drehen, und seien sie auch nur virtuell, bereitet dem Gitarristen deutlich mehr Freude als das Schieben von Reglern. Richtig variantenreich wird die Klangerzeugung aber mit den Fußpedalen oder Stompboxes. Zehn gängige Effekte wie Fuzz, Delay, Chorus oder Flanger stehen zur Verfügung, fünf davon darf man vor seinen virtuellen Verstärker stellen – mehr erlaubt die Band im echten Leben auch nicht. Alles an Einstellungen ist nun gestattet, wer nicht gleich bei den ersten hundert Versuchen den Sound seiner Wahl trifft, verliert dennoch nicht so leicht den Überblick. Die eigenen Einstellungen für Gitarren legt Garageband separat von den Apple-Presets ab. Die klingen durchweg akzeptabel und eignen sich derart als Ausgangspunkte für eigene Soundentwicklungen.
Fazit
Bei aller Freude über die neue Gitarrenanlage und die Lehrvideos in Garageband: Bassisten haben die Entwickler diesmal nicht bedacht. Nur wer gegen die Ehre der Vierseiten-Artisten handelt, wird seinen Bass an einen der virtuellen Gitarrenverstärker anschließen. Ein weiteres Manko: So nett die Fußpedale auf dem Bildschirm wirken, so wenig Fußpedal sind sie wirklich, da sie mangels eines Interfaces für Garageband nur per Mausklick an- und abschaltbar sind. So eignet sich Garageband weiterhin als musikalischer Notizblock für schnelle Aufnahmen, aber sicher nicht zum Live-Einsatz. Gitarristen sei für diesen Zweck Guitar Rig von Native Instruments empfohlen.