
Zu den spektakulärsten der eigentlich eher unspektakulären Neuerungen von Final Cut Pro 7 gehört eine erweitere Pro-Res-Codec-Familie. Gab es vorher nur die beiden Varianten “normal” mit etwa 145 Mbit/s und “HQ” mit zirka 220 Mbit/s Datenrate (immer bei 1920 mal 1080i und 29,97 fps), hat Apple den Codec nun um drei weitere Qualitätsstufen erweitert.











“Pro Res LT “liefert rund 100 Mbit/s und ist damit vor allem für den News- und Doku-Schnitt geeignet, wo es weniger auf brillante HD-Bildqualität ankommt, da meist nur in Standard-PAL gesendet wird. “Pro Res Proxy” mit 45 Mbit/s ist ein neues Offline-Format, das speziell geschaffen wurde, um einen Vorschnitt in geringer Qualität für mobile Anwendungen zu erhalten. Mit “Pro Res 4444” erweitert Apple die Codec-Familie nach oben, so dass High-End-Anwender nicht nur mit einer Sampling-Rate von 4:4:4 arbeiten können, sondern auch einen Alpha-Kanal für Transparenzen bekommen. Dieser Codec eignet sich vor allem für die Arbeit mit der im Profibereich bekannten RED-Kamera, und für hochwertige Compositings aus Motion oder After Effects.
Die Pro-Res-Codec sind auch aus anderen Programmen heraus nutzbar, sofern diese Renderings in Quicktime erlauben. Das Encoding kann allerdings nur auf einem Mac erfolgen. Decoder gibt es hingegen auch für Windows.
Weiterhin hat Apple im Codec-Bereich die Unterstützung von AVC-Intra verbessert, so dass Anwender Material direkt importieren können. Auch das Transfer-Werkzeug wurde optimiert. Man überträgt Videomaterial bereits beim Mounten des Mediums, ohne es vorher loggen oder auswählen zu müssen.
Professioneller schneiden
Viel Aufmerksamkeit hatte Apple der “Professionialisierung” von Final Cut Pro gewidmet. Funktionen, die bereits seit der ersten Version fehlten, haben es nun in die Version 7 geschafft. So finden Anwender nun ein eigenes, frei skalier- und platzierbares Timecode-Fenster, das die aktuelle Zeit der Timeline/Canvas oder des Viewers anzeigt.
Auch die Arbeit mit Markierungen wurde verbessert: Nicht nur dass man diese in acht Farben gestalten und bereits bei der Wiedergabe mit Texten und Metadaten versehen kann, sie wandern sogar mit, wenn man in der Timeline einen Schnitt durchführt oder Elemente hinzufügt oder entfernt. Auch der Export der Marker inklusive der enthaltenen Informationen als Textdatei ist möglich.
Die Sequenz-Tabs sind ebenfalls bunt geworden und lassen sich innerhalb der Timeline frei arrangieren. Vorbei ist auch die Zeit, wo man alle Tabs manuell schließen muss; ein Klick auf “andere Tabs schließen” reicht, um nur die gewünschte Timeline zu sehen.
Freudensprünge bei alt eingesessenen Final-Cut-Benutzern lösen sicherlich auch die globalen Übergänge aus. Audio- oder Videoblenden werden nicht nur auf dem gerade gewählten Schnittpunkt gesetzt, sondern auf alle aktivieren Elemente in der Timeline, egal ob ein oder einhundert Schnitte.
Neu hinzugekommen sind die so genannten Alpha-Übergänge, die die Transparenz von Grafik- oder Videoelementen als Maske nutzen. Apple bietet hier ein paar Vorlagen an (zirka 750 Megabyte als freier Download), die man per Drag-and-Drop in das Maskenfeld des Übergangs zieht. Enthalten sind zum Beispiel fliegende Blätter, Kreise oder ein Countdown. Die Übergänge bestehen hierbei aus einer animierten Grafik, der Alpha-Maske sowie dem Wipe für weiche Übergänge. Man kann auch eigene Grafikelemente gestalten.
Endlich etwas professioneller ist das Beschleunigungswerkzeug “Variable Geschwindigkeit” geworden. Bereits bei der Definition der Dauer kann der Anwender entscheiden, ob er einen linearen- oder einen gekrümmten Geschwindigkeitsverlauf erhalten möchte. Über Keyframes in der Timeline bestimmt man anschließend, wo die Geschwindigkeitsänderung beginnt und wo sie endet. Man zieht entsprechend die Keyframes nach aussen oder nach innen. Wer sich im Zuge dessen vergaloppiert, löscht bestehende Keyframes, setzt diese neu und bestimmt dann, ob diese per Ease-in/Ease-out angefahren werden sollen. Auf diesem Weg ist bildgenaues Setzen wesentlich komfortabler als vorher über die Bezier-Kurve in den Bewegungseigenschaften.
iChat und Bluray
Apple macht sich die eigene iChat-Technologie zunutze, um die Filme direkt aus der Timeline heraus über das Internet zu streamen. Wer zum Beispiel einen Kunden mit einem Mac und einem iChat-Account hat, kann diesen per Video-Konferenz anwählen. Akzeptiert der Kunde die Einladung, ermöglicht die Anzeige “Vorschau in iChat Theater” die aktuelle Schnittversion direkt aus der Sequenz zu übertragen, wobei der Empfänger den Film in Echtzeit sieht. Auch eine optionale Einblendung des aktuellen Timecodes ist möglich. Schnittvarianten können auf diesem Weg diskutiert, umgesetzt und wiederum sofort publiziert werden, ohne dass Zeit raubend Filme exportiert, komprimiert und per Server übertragen werden müssen. Welches Videoformat der Anwender gerade benutzt, spielt keine Rolle, da der Film aus der Timeline nicht komprimiert wird, sondern iChat lediglich den Monitor-Inhalt überträgt.
Einzige Voraussetzung, neben einem iChat-Account, ist hierbei, dass der Empfänger eine Videokonferenz annehmen kann. Er muss entweder über eine eingebaute iSight-Kamera verfügen, oder eine externe Kamera an seinen Mac anschließen. Andere Videokonferenz-Technologien wie Skype werden nicht unterstützt.
Selbst Apple hat inzwischen gemerkt, dass Bluray eine beliebte Technologie ist, und unterstützt mit Final Cut Pro 7 den Export in das Bluray-Format auf Basis des h.264-Codecs. Hierbei nutzt das Programm die neue “Senden”-Funktion, um die Sequenz an den Compressor zu übertragen. Über ein minimiertes Compressor-Fenster wählt man das Bluray Format, bestimmt ob man ein Haupt- und/oder Kapitelmenü aus den Vorlagen verwenden möchte, und definiert entweder die Erstellung eines Images oder das sofortige Brennen einer Bluray Disk.
Obwohl Compressor hierbei kaum Optionen für Untertitel oder Sprachversionen zur Verfügung stellt, reicht es zumindest aus, um mehrere Filme nacheinander (per Kapitelmarken getrennt) auf die Disk zu brennen. Vorteil: Bluray-Player, die zusätzlich den roten Laser unterstützen (zum Beispiel die Sony PS3) erkennen Standard-DVD Medien und spielen diese in HD-Qualität ab. Ein DVD-Rohling mit 4,3 Gigabyte Kapazität liefert somit etwa 45 Minuten HD-Video.
Empfehlung
Obwohl die Neuerungen von Final Cut Pro eher unspektakulär sind, lohnt sich ein Update für professionelle Anwender. Die mitlaufenden Marker, die globalen Übergänge und das iChat Theater beschleunigen den täglichen Workflow rapide. Die Erweiterung der Pro-Res-Familie hilft, die Datenrate und -kapazität für größere HD-Projekte zu optimieren. Nicht zuletzt die Bluray-Unterstützung lohnt die Anschaffung, wer es denn braucht. Weitere Argumente sind natürlich auch die Neuerungen der anderen Studio-Applikationen, die wir in der nächsten Ausgabe genauer unter die Lupe nehmen.