
©Psystar
“Ein Mac für 400 Dollar”. Diese Ankündigung machte Schlagzeilen. Dabei handelt es sich um einen gewöhnlichen PC mit Standardkomponenten. Der wesentliche Unterschied: Psystar liefert den Open Computer auf Wunsch mit vorinstalliertem Mac-OS X aus. Dass OS X mit einigen Tricks auch auf normalen PCs laufen kann ist bekannt. Ein Händler, der sich traute, die Rechner selbst mit dem Apple-Betriebssystem zu bestücken und offiziell so zu verkaufen: das war neu.
Unsere amerikanischen Kollegen von Macworld haben sich einen Open Computer bestellt und ihm auf den Zahn gefühlt. Wie schlägt sich der inoffizielle Mac-Konkurrent in der Praxis? Ernsthafter Konkurrent, ein Mac für alle oder alltagsuntaugliche Bastelkiste?
Der Open Computer
Im Inneren des Open Computer steckt ein Core 2 Duo von Intel. Dabei handelt es sich nicht um die besonders sparsamen Mobilvarianten, wie im iMac oder Mac mini, sondern um die günstigere Desktopversion des Prozessors. Zwei Gigabyte RAM und eine Festplatte mit 250 Gigabyte Speicherplatz ergänzen die Ausstattung. Die Grafikausgabe übernimmt ein On-Board-Chip von Intel, der sich den Grafikspeicher vom Hauptspeicher abzwackt. Firewire und WLAN sind aufpreispflichtig, machen zusammen zusätzliche 140 Dollar aus.
Auf Wunsch ist der Mac-Ersatz auch mit doppeltem Arbeitsspeicher und doppelter Festplattenkapazität zu haben. Gegen 110 Dollar bekommt der Rechner eine Nvidia Geforce 8600 GT, die gegenüber dem Standardchip einen deutlichen Leistungssprung verspricht. 2,66 GHz statt der serienmäßigen 2,2 GHz sind ebenfalls möglich. Auch OS X kostet extra: 155 Dollar will der Händler für das vorinstallierte Betriebssystem. Bluetooth oder ein Fernbedienung wie die Apple Remote gibt es nicht.
Die Version, die sich Macworld in die Redaktion kommen ließ, ist mit der optionalen Firewire-Karte und der Geforce-Grafikkarte ausgestattet. OS X wollten die Tester selbst installieren, der Händler Psystar riet ihnen jedoch dringend davon ab. So kostete die bestellte Konfiguration insgesamt 715 US-Dollar – rund 460 Euro.
Der erste Eindruck
Nach Aussage von James Galbraith, Redakteur bei Macworld, wurde der Rechner ist einem Pappkarton mit Schaumstoffflocken geliefert, jedoch ohne weitere Verpackung. So musste der Open Computer zunächst von einigen Rückständen des schützenden Materials befreit werden. Der erste Start – besser Startversuch – brachte Ernüchterung. Ein Kabel im Inneren des Rechners hatte verhängnisvollen Kontakt zu einem Lüfter, was sich in lautem Rattern äußerte. Auch nachdem das Problem behoben war, sei der Rechner vor allem eines gewesen: laut. “Sie möchten diesen Rechner nicht auf Ihrem Schreibtisch stehen haben” warnt Galbraith.
Psystar verspricht inzwischen, andere Lüfter zu verwenden. Offenbar funktioniert die Lüftersteuerung nicht und die Propeller laufen deshalb immer mit voller Drehzahl.
Probleme im Alltag
Die gute Nachricht: OS X läuft auf dem Psystar, die schlechte: aber nicht zu 100 Prozent. So funktionierte eine Firewire-Festplatte nicht als Timemachine-Medium und auch das Booten per Firewire blieb erfolglos. Systembackups sind somit anscheinend unmöglich. Zudem berichten andere Magazine, dass der Open Computer die OS X-DVD nicht liest. Eine eventuelle Neuinstallation ist demnach nur schwer möglich. Dies erklärt die Empfehlung des Händlers, gleich die vorinstallierte Version zu wählen. Der Software Updater wurde von Psystar deaktiviert – wohl aus Angst, ein automatisches Update könnte das System lahm legen Stattdessen will der Anbieter Updates testen und über seine Webseite vertreiben.

Das Online-Magazin Cnet hat den Open Computer ebenfalls getestet. Ihnen fiel auf: Der Knopf, der die Schublade des DVD-Brenner öffnet, reagiert und OS X nicht. Nur mit einer originalen Apple-Tastatur öffnete sich das Laufwerk. Digitalkameras und iPods funktionierten laut Cnet jedoch problemlos.
Nackte Zahlen
Neben dem Verhalten im Alltag ist für die Interessenten an einer günstigen Mac-Alternative vor allem eines wichtig: Wieviel Leistung bekommt man mit einem “gefälschten” Apple für sein Geld? Die Kollegen von Macworld ließen den Open Computer, sowie einen Mac Mini mit zwei GHz und einen neuen iMac mit 2,4 GHz gegeneinander antreten.
Bei dem CPU-Test mit Speedmark 5 liegt der iMac mit 230 erreichten Punkten an der Spitze. Der Open Computer erreicht mit 213 Punkten Platz zwei. Der Mac Mini ist mit 167 Punkten das Schlusslicht im Vergleich. Beim Spielebenchmark gibt es ein Patt. Der iMac gewinnt bei Unreal Tournament 2004, während Psystars Rechner bei Quake 4 mit deutlichem Vorsprung anführt. Hier macht sich die optionale Grafikkarte bezahlt. Der Mac Mini hat das Nachsehen und hinkt deutlich hinter beiden anderen Rechnern hinterher. In der Summe ist der iMac (999 Euro) der schnellste unter den drei Rechnern, der Vorsprung ist jedoch nicht gravierend.
Fazit
Im Grunde hat der Open Computer die Aufmerksamkeit kaum verdient. Denn er ist ein gewöhnlicher PC, den sich jeder Kunde auch selbst zusammenstellen kann. Die Softwaregrundlage, die OS X auf diesem System ermöglicht, stammt von Mitgliedern des OSx86-Projektes, die sich schon seit längerem mit dem Thema “OS X ohne Mac” beschäftigen. Die eigentlich Leistung Psystars besteht in dem Mut, mit einem solchen Modell aggressiv in die Öffentlichkeit zu gehen. Dadurch werden erst jetzt viele Menschen darauf aufmerksam, dass sich jeder einen eigenen Open Computer zusammenstellen kann. Gleichzeitig zeigt Psystar aber auch, dass sich ein Mac derzeit noch nicht vollwertig mit Komponenten vom PC-Händler ersetzen lässt.