
Schriften in fremden Alphabeten spielen auch auf Consumer-Macs eine immer größere Rolle. Selbst Rechner, die bewusst mit abgespeckten Sprachpaketen betrieben werden, profitieren von der Internationalisierung des Apple-Schriftequipments: Kyrillisch sowie die mitteleuropäischen Akzentzeichen decken die Basis-Fonts Helvetica und Lucida Grande ohne weiteres ab. Ob Windows oder Mac-OS – Betriebssysteme von heute sind hochgradig internationalisiert. Sicherlich hat die Entwicklung des Internet einen wesentlichen Anteil an dieser Entwicklung.
System- und Programmschriften
Zwar offeriert Mac-OS X keine opulent ausgebauten Satzschriften für Chinesisch oder Arabisch, doch Font-Distributoren wie Fontshop, Linotype oder URW helfen hier weiter. Für das Öffnen von Dateien hingegen, das Surfen im Internet, die Texteingabe oder auch einfache Formatierungsaufgaben liefert Leopard alles Nötige. Die Tage von Mac-OS 9 mit seinem überschaubaren Set an Systemschriften sind lange vorbei. Zwar lassen sich auch die Systemfonts von Mac-OS X 10.5 und dessen unmittelbaren Vorgängern bewusst herunterfahren.
Ganz so einfach wie in früheren Zeiten ist das allerdings nicht mehr. Hauptproblem: Die Zeichensätze befinden sich in unterschiedlichen Ordnern. Wichtig ist zunächst der Ordner “Fonts” der System-Library. Da es sich hier um Systemschriften handelt, sollte man von diesem Verzeichnis die Hände lassen. Zusätzlich offeriert Mac-OS X weitere Ordner, in denen sich zusätzlich installierte oder von Programmen abgelegte Fonts befinden können – neben den “Fonts”-Ordnern im Hauptordner “Library” und weiteren Library-Ordnern in den jeweiligen Benutzerverzeichnissen enthalten auch die Ordner “Application Support” oft Schriften – etwa von Microsoft oder von Adobe.
Internationale Grundausstattung

Der zweite Grund, warum sich das Reduzieren von Schriften als anspruchsvolle Aufgabe gestaltet, ist der Status des Font-Ordners in der System-Library. Neben jener Handvoll Schriften, die das Systems benötigt, enthält er auch Zeichensätze für die Darstellung internationaler Schriftsysteme: etwa die für Arabisch zuständige Geeza Pro, die Thonburi, mit der sich Texte in Malaiisch oder Thailändisch anzeigen lassen, sowie vier Fonts für die Darstellung ostasiatischer Sprachen: Hiragino Kaku Gothic Pro, Hiragino Mincho Pro, Lihei Pro und STHeiti.
Mehrschriftig sind darüber hinaus die Systemfonts Helvetica, Lucida Grande, Geneva und Monaco. Neben dem Standard-Zeicheninstrumentarium für westeuropäische Sprachen enthalten sie das Central-European-Zusatzzeichenset sowie kyrillische Zeichen. Helvetica und Lucida Grande verstehen zusätzlich auch Griechisch; darüber hinaus enthält die Lucida Grande ein Zeichenset für Eingabe und Darstellung von Texten in Hebräisch.
Vielfalt dank Unicode
Eine wichtige Grundlage für die hohe Zahl aktueller Systemschriften ist Unicode – eine Zeichenbelegungs-Spezifikation, die sich bei Schrift- wie Computer- und Programmherstellern als Standard durchgesetzt hat. Unicode gibt es zwar bereits seit Anfang der Neunziger. Doch erst seit Mac-OS X unterstützt Apple den neuen Zeichenbelegungsstandard vorbehaltlos. Praktische Folge: Die Mehrzahl der aktuellen Systemschriften enthält weit mehr als die früher gängigen rund 200 Zeichen. Die Lucida Grande wartet mit stolzen 2.816 Zeichen auf.

Bei Schriften für die Bewältigung ostasiatischer Sprachen sind Zeichen in fünfstelliger Anzahl nichts Ungewöhnliches, die Hiragino Mincho etwa kommt auf insgesamt 20.315.
Nicht alle von Apple mitgelieferten Schriften sind derart gut ausgestattet. Über die im Systemordner abgelagerten Fonts hinaus installieren Leopard und Vorgänger weitere Fonts. Die diversen Library-Ordner enthalten Schriften für die Anzeige, Eingabe und Formatierung fremder Schriftsysteme – die Baghdad etwa für die Anzeige arabischer Texte oder die New Peninim MT für hebräische.
Welche Fonts auf einem Rechner aufgespielt sind, hängt unter anderem davon ab, welche Programme und Programmpakete der Anwender nutzt. Adobes Creative Suite etwa installiert im Unterordner “Application Support” ein eigenes Schriftpaket. Darin enthalten sind weitere Fonts für die Bearbeitung von Dokumenten in ostasiatischen Sprachen. Auf vielen Rechnern finden sich darüber hinaus Schriften aus dem Office-Paket von Microsoft. Auch dieses enthält einige Fonts für die Darstellung nichteuropäischer Schriftsysteme.
Schriftsysteme on the fly testen
Um auszutesten, welche Schriftsysteme die aktuell aktivierten Schriften darstellen können, ist Safari praktisch. Fehlt eine Schrift für ein bestimmtes Schriftsystem – zum Beispiel Arabisch oder Chinesisch – erscheinen Texte entsprechender Websites mit leeren Rechtecken oder anderen Ersatzsymbolen. Eine gute Möglichkeit, alle weltweit existierenden Schriftsysteme auf einen Rutsch auszutesten, bietet die deutsche Ausgabe der Online-Enzyklopädie Wikipedia.

Bereits das Fenster “Andere Sprachen” auf der linken Seite der Wikipedia-Homepage unter de.wikipedia.org zeigt eine große Auswahl unterschiedlicher Sprachen an, allerdings nur wenn die für die Darstellung nötigen Schriften aktiviert sind. Ist dies nicht der Fall, erscheinen Sprachausgaben, die nicht dargestellt werden können, mit Kästen. Sind die entsprechenden Systemschriften aktiviert, zeigt die Wikipedia-Seitenleiste auch die arabische, kurdische, japanische und chinesische Sprachausgabe an – in der landestypischen Schrift.
Hilfe durch Super-Fonts
Eine noch detailliertere Liste bietet Wikipedia auf der internen Projektseite zu den unterschiedlichen Sprachausgaben an. Unter de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Sprachen sind auch wenig geläufige Regionalsprachen aufgelistet – dargestellt in Lateinisch plus dem dort zur Anwendung kommenden Schriftsystem. Bei einigen Schriftsystemen – beispielsweise der äthiopischen Schrift – muss auch das von Mac-OS X mitgelieferte Font-Besteck passen. Abhilfe leisten hier universell verwendbare Super-Fonts wie die bereits aufgeführte Arial Unicode.
Auch wenn sich Safari in Sachen Schrift-Unterstützung gelegentlich etwas bockig verhält: Entsprechende Fonts ermöglichen es, auch solche Sprachen und Schriftsysteme anzeigen zu lassen, die mit dem normalen Inventar nicht darstellbar sind. Alle Schriftsysteme beherrscht übrigens selbst die Arial Unicode nicht. Wer sich exotische Regionalschriften anzeigen lassen möchte wie beispielsweise das Alphabet der US-amerikanischen Cherokee, kann auf die Shareware-Schrift Code 2000 zurückgreifen – ein Unterstützungsfont speziell für Unicode und in der Basisversion bestückt mit weit über 60.000 Zeichen. Das sollte erst einmal reichen.
Eingabekünstler Zeichenpalette

Nützlich sind die unterschiedlichen Wikipedia-Ausgaben auch als Blindtext-Lieferanten. Wer testen will, ob ein bestimmter Schriftfont in der Lage ist, die Zeichen eines Schriftsystems wiederzugeben, muss sich nur zur entsprechenden Landesausgabe durchklicken. Wird sie dargestellt, ist die nötige Schrift auf dem Rechner installiert. Kopiert man eine Textpassage in Text Edit, kann man ausprobieren, ob noch andere Schriften in der Lage sind, die kopierte Textpassage darzustellen. Auf den Befehl “Format > Schrift > Schriften einblenden auf” (Befehlstaste-T), präsentiert Text Edit einen ähnlichen Schriftenüberblick wie Schriftsammlung – mit dem Unterschied, dass sich die hier vorhandenen Fonts direkt für die Formatierung einsetzen lassen.
Glyphen in Satzprogrammen
Eine vergleichbare Prozedur bieten auch professionelle Satzprogramme wie Xpress oder Indesign. Um auch Anwendern, die mit einem Schriftsystem nicht vertraut sind, die Eingabe einzelner Zeichen zu ermöglichen, enthalten diese Layoutanwendungen zusätzliche Glyphen-Paletten. Ein Pendant dazu hat auch das Mac-Betriebssystem in petto. Die Zeichenpalette, aufrufbar über das Tastatur-Menü rechts oben in der Finder-Menüleiste, ist ein vielseitiges Tool. Zum einen ermöglicht es unterschiedliche Darstellungsweisen. Die Standarddarstellung “Glyph” bietet einen tabellarischen Überblick der in einer Schrift vorhandenen Zeichen.
Das Menü für die Auswahl einer konkreten Schrift befindet sich ebenfalls im oberen Bereich. Möglich sind auch andere Darstellungsweisen. „Code-Tabellen” sowie die übrigen Optionen im Ausklappmenü “Darstellung” nehmen eine Vorsortierung des Zeichenbestands vor, beziehen diese aber nicht auf eine konkrete Schrift. Dies leisten die Optionen im Aufklappfeld “Infos” im unteren Fensterbereich. Je nach Einstellung zeigt die Zeichenpalette dort an, in welcher Schrift eine ganz bestimmte Glyphe vorhanden ist.
Der richtige Umgang mit Schriften
Wer ein sich mit der Zeit anbahnendes Schriftenchaos am Mac verhindern will, ist auf eine Fontverwaltung wie Apples Schriftsammlung angewiesen.
Grundsätzlich sind drei Strategien im Umgang mit Schriften möglich.
Strategie eins: Überfluss
Da man sie schon hat, lässt man die Schriften wo sie sind. Vorteil: Man kommt in den Genuss der von Apple gebotenen “Mehrschriftigkeit” und macht sich um den Rest keine weiteren Gedanken. Nachteil: Gefahr eines Schriften-Chaos
Strategie zwei: Deinstallation
Vor allem in der professionellen Medienproduktion erweisen sich viele Systemschriften als Störfaktor. Daher ist auf vielen Publishing-Rechern das Font-Equipment von Mac-OS X & Co. stark heruntergefahren. Ganz einfach ist diese Aufgabe nicht. Während sich die Font-Ordner von Library und Benutzer-Libraries auch manuell abspecken oder ganz leeren lassen, sollte man nicht benötigte Fonts im Ordner “System / Library / Fonts” über ein Tool wie Schriftsammlung deinstallieren. Ausnahme sind die fünf Basic-Fonts Lucida Grande, Geneva, Helvetica, Neue Helvetica und Monaco.
Strategie drei: Temporäre Schriftensets
Dazu aktiviert man die für die Anzeige internationaler Schriftsysteme benötigten Schriften je nach Bedarf. Das Programm Schriftsammlung hilft dabei. Zum einen liefert es eine rudimentäre Schriftverwaltung. Im linken Fensterbereich unter “Sammlung” sind die installierten Schriften bereits vorsortiert. Für Schriften der drei fernöstlichen Sprachen Chinesisch, Japanisch und Koreanisch offeriert Schriftsammlung drei vorinstallierte Anzeige-Gruppen. Unter “Schrift” im Fenster rechts daneben sind die Fonts der jeweiligen Gruppe aufgelistet. Über das Plus-Symbol in der Fenster-Fußleiste lassen sich eigene Schriftgruppen anlegen, über das Symbol mit dem Häkchen rechts daneben Schriften aktivieren oder deaktivieren.
Fazit
Unter Mac-OS X mutet der Umgang mit fremden Schriftsystemen wie ein gut aufeinander abgestimmter Klick-Baukasten an, mit dem sich bestimmte Komponenten aktivieren oder eben deaktivieren lassen. Wer sich ernsthaft mit Sprachen beschäftigt, weiß, dass das ein sehr komplexes Thema ist. Seit Mac-OS X ist der Umgang mit internationalen Schriften jedoch deutlich einfacher geworden. Dank dieser Innovationen sind die Schnittstellen für Spracheinstellung, Formatierung und Font-Aktivierung erst möglich. Eine wichtige Fonttechnik-Innovation ist Unicode – eine Spezifikation, die sämtliche Zeichensysteme der Welt katalogisiert und deren Umsetzung sich mittlerweile auf den unterschiedlichsten Ebenen bemerkbar macht.