
Ein Betriebssystem ist komplex und trotz aller Tests tauchen einige Probleme erst auf, wenn man es im Alltag verwendet. Das ist mit Snow Leopard nicht anders, allerdings stehen manche der Änderungen, die Apple wissentlich in das neue Betriebssystem eingebaut hat, in recht starkem Kontrast zum bisher üblichen. Es wäre gut gewesen, wenn Apple diese Änderungen (wie das fehlende Appletalk-Protokoll für Drucker) vorher bekannt gemacht hätte.
Schriften mit neuer Höhe

Appe hatte einen Fehler in 10.6 eingebaut, der nicht nur Layouter und Designer auf die Palme brachte: Snow Leopard berechnet bei bestimmten Schriftarten die Höhe der Buchstaben anders als bisher. Mit der Ergebnis, dass etwa in Quark Xpress 7 und 8 (aber auch in Software wie Apple iWeb 09) manche Dokumente unleserlich werden. Die geänderte Zeilenhöhe führt dazu, dass weniger Zeilen in den vorgesehenen Platz passen und der überschüssige Texte dann fehlt.

Der Fehler entstand durch eine geänderte Neuberechnung der Höhe bestimmter Buchstaben einer Schrift – aber nur bei bestimmten Postscript-Schriften (“Postscript Type 1 Font”). Bestätigt ist der Fehler vor allem bei Postscript-Schriften von Adobe und Monotype, die Analyse hat aber gezeigt, dass eine weite Palette an Schriften anderer Hersteller zu ähnlichen Problemen führt. Zum Teil waren solche Schriften noch bis vor drei oder vier Jahren im Handel.


















Verantwortlich dafür ist anscheinend ein Wechsel in den Softwarebibliotheken. Anstelle von “Apple Type Services” (ATS) übernimmt in Snow Leopard “Core Text” die Aufgabe, Postscript-Schriften zu analyisieren und die Buchstabenhöhe zu berechnen. Die Software-Entwickler von Quark haben zuerst auf die Umstellung hingewiesen und arbeiten derzeit mit den Entwicklern von Apple an einer Lösung. Eine knappe Veröffentlichung auf den Internet-Seiten von Quark lässt den Schluss zu, dass die unterschiedliche Berechnung mit dem Update auf Mac-OS X 10.6.2 beseitigt wird, so dass Layout-Änderungen nicht mehr auftreten sollten. Solange das Update aber nicht offiziell zur Verfügung steht, bleibt das eine Spekulation.
Mit dem Update auf Mac-OS 10.6.2 ist dieser Fehler behoben.
Fehlerquelle Gast-Account
Eine Handvoll Personen hat ein Fehler von Snow Leopard schwer getroffen, der zum Verlust aller Dateien im Benutzerordner führt. Auslöser ist die Anmeldung als Benutzer “Gast”. Dieser Fehler tritt nur unter 10.6.0 und 10.6.1 auf, das Update auf 10.6.2 hat diesen Fehler behoben.
Rob Griffiths hat für unsere US-Kollegen von der Zeitung Macworld die Situation analysiert: Der Fehler tritt auf, wenn auf einem Mac erst Leopard (Mac-OS X 10.5) genutzt und auf Version 10.6 aktualisiert wird. In allen bisher bekannten Fällen war der “Gast-Account” unter Mac-OS X 10.5 aktiviert und wurde unter Mac-OS X 10.6 erneut für die Anmeldung am Mac genutzt. Nach der erneuten Anmeldung mit dem gewohnten Benutzernamen sind alle Dateien und Unterordner im Benutzerordner gelöscht. Stattdessen enthält der Benutzerordner nur noch die Grundausstattung an Dateien und Ordnern – es sieht aus, als würde man sich zum ersten Mal am Mac anmelden.
Benutzerkonfiguration prüfen
Wer die Konfiguration für den Gast-Account prüfen will (Mac-OS X 10.5 oder 10.6), muss die Systemeinstellungen öffnen und in den Bereich “Benutzer” wechseln. Dann das Schloss unten in diesem Fenster öffnen (mit dem Kennwort eines Benutzers mit Verwaltungsrechten), links in der Liste der Benutzer den Eintrag “Gast-Account” auswählen und rechts prüfen, ob die Anmeldung aktiviert ist: “Gästen erlauben, sich an diesem Computer anzumelden”.
Datenverlust bisher eher selten

Die Zahl der betroffenen Mac-Besitzer ist anscheinend gering, trotzdem ist der Datenverlust eine ernste Angelegenheit. Nutzer sollten den Gastzugang deaktivieren oder auf Mac-OS 10.6.2 aktualisieren. Deshalb empfehlen wir im Moment dringend, den Gast-Account unter 10.6.1 für die Anmeldung bei Mac-OS X 10.6 abzuschalten. Dazu öffnet man die Systemeinstellungen und wechselt in den Bereich “Benutzer”. Anschließend öffnet man das Schloss unten im Fenster (sofern noch nicht geöffnet), wählt den Benutzer “Gast-Account” links in der Liste aus und deaktiviert die Option “Gästen erlauben, sich an diesem Rechner anzumelden.”
Zusätzlich empfehlen wir einmal mehr, mindestens täglich alle Dateien und Ordner im Benutzerordner zu sichern. Zum Beispiel mit Time Machine oder einer anderen Backup-Software.
Skurriles beim Doppelklick
Vor Mac-OS X 10.6 war es üblich, dass die Software, die eine Datei erzeugt, diese auch wieder öffnet. Beispiel: Wer ein Bild mit Adobe Photoshop speichert, konnte erwarten, dass nach einem Doppelklick auf die Datei wieder Photoshop startet und dass dort dieses Bild geladen wird. Da Mac-OS X 10.6 und das Programm Finder aber intern die dafür bisher genutzten Informationen ignorieren, geschieht neuerdings folgendes: Man bearbeitet und speichert das Bild mit Photoshop. Macht man später im Finder einen Doppelklick auf die Datei, öffnet sich statt Photoshop das Programm Vorschau.
Dieser Programmwechsel tritt bei allen Dateiformaten beziehungsweise Namensendungen auf, die mehrere, unterschiedliche Programme öffnen und speichern können. Dazu zählen die Bildformate JPEG und TIFF (.jpg oder .jpeg), die Textformate RTF und TXT sowie eine Reihe anderer Formate wie HTML (.html oder .htm).
TIPP Die einfachste Lösung ist, die betreffende Datei im Finder auszuwählen, das Infofenster zu öffnen (mit dem Befehl “Ablage > Information” oder mit der Kombination “Befehlstaste-I”) und dort im Abschnitt “Öffnen mit” das Programm Word (oder die jeweils passende Software) auszuwählen und dann auf den Knopf “Alle ändern” zu klicken. Bei diesem Weg erhält man eine Rückfrage, die klar macht, was eigentlich geschieht: Mac-OS X beziehungsweise Finder speichern in einer Datenbank einen Eintrag, der beispielsweise die Endbuchstaben “.tiff” im Dateinamen mit der Software Photoshop verknüpft.
Die so gespeicherte Information gilt global für alle Dateien, deren Namen mit den genannten Buchstaben endet – in unserem Beispiel für “.tiff”. Selbst wenn man eine solche Datei aus dem Internet lädt, öffnet sich nach einem Doppelklick auf die Datei in Zukunft Photoshop.

Um die Einstellung zu ändern, muss man immer den Weg über das Infofenster für eine Datei gehen. Einen Editor für die Datenbank gibt es nicht, da die Information recht komplex gespeichert ist (in der Datei “com.apple.LaunchServices.plist” im Ordner “Library/Preferences”). Theoretisch könnte man dort mit einem einfachen Texteditor selbst Hand anlegen, doch die Gefahr ist groß, dass die Datei dabei unlesbar wird. In diesem Fall gilt dann wieder die Standarddatenbank von Mac-OS X, die zum Beispiel “.tiff” mit Vorschau verknüpft.
TIPP Besonders skurril wird es, wenn man die zuvor beschriebene Änderung über das Infofenster im Finder auf eine Datei beschränkt; sprich: wenn man nicht auf den Knopf “Alle ändern” klickt. Denn diese Einstellung wird nicht in einer Datenbank gespeichert, sondern auf eine – für Apple-Verhältnisse – dämliche Art in der jeweiligen Datei (genauer: in einem erweiterten Attribut): Mac-OS X notiert in diesem Attribut den vollständigen Namen des Programms, das die Datei in Zukunft öffnen soll.

Am Beispiel mit einer Textdatei (“Gast.txt”) und dem von uns gewählten Editor BB-Edit ergibt das folgendes Attribut: “/Applications/Text/BB Edit/BB Edit 9”. Dieser Mechanismus entspricht ungefähr dem Entwicklungsstand von Windows 98 und ist leicht zu verwirren: Ändert man den Namen des Programms oder verschiebt man es in einen anderen Ordner, dann öffnet sich die Textdatei bei einem Doppelklick wieder in Textedit.
TIPP Alternativ gibt es noch zwei andere Varianten, eine Datei in einem bestimmten Programm zu öffnen: Man zieht die Datei auf das Symbol des jeweiligen Programms; in unserem Beispiel die Bilddatei auf das Symbol von Adobe Photoshop. Das funktioniert besonders einfach, wenn man zuvor das Symbol des Programms in das Dock gezogen hat. Oder man startet zuerst die Software, öffnet das Fenster “Ablage > Öffnen” beziehungsweise “Datei > Öffnen” und wählt dort die gewünschte Datei auf der Festplatte aus.
Drucken mit Hindernissen
Apple verspricht auf den Internet-Seiten zu Snow Leopard, dass dieses Betriebssystem besser, schneller und einfacher sei. Zitat von Apples Internet-Seite: “Snow Leopard sorgt dafür, dass du immer den aktuellsten Treiber hast und so deinen Drucker optimal nutzen kannst. Wenn du einen Drucker anschließt, kann Mac OS X den jeweils aktuellsten verfügbaren Treiber aus dem Internet laden. Und das System überprüft auch regelmäßig die Aktualität deiner Treiberversion. Ist der Treiber veraltet, wird die aktuelle Version über die Softwareaktualisierung geladen.”
In der Praxis tritt mit Snow Leopard eine Reihe absurder Fehler auf, die aber nur zum Teil auf Fehler von Apple zurückzuführen sind. Trotzdem ist der Endeffekt oft, dass Drucken nicht mehr möglich ist. Ganz generell gilt das zum Beispiel für alle Druckermodelle, die allein über das Protokoll Appletalk erreichbar sind – Drucken über Appletalk ist mit Snow Leopard nicht mehr möglich.
TIPP Wer derzeit Mac-OS X 10.4 oder 10.5 nutzt, sollte vor dem Umstieg unbedingt in den Systemeinstellungen prüfen, ob der Drucker bisher über Appletalk angesprochen wird. Dazu öffnet man die Systemeinstellungen (zum Beispiel über den gleichnamigen Befehl im Apfel-Menü) und wechselt in den Bereich “Drucken & Faxen”. Dort klickt man links in der Liste auf den Drucker und dann rechts auf den Knopf “Optionen & Zubehör” (siehe Bild auf Seite 90). Steht dann im Bereich “Allgemein” beim Eintrag “URL” eine Adresse, die mit “pap” beginnt, ist das ein eindeutiger Hinweis auf Appletalk bei der Druckerkommunikation. Da mit Snow Leopard diese Kommunikation nicht mehr funktioniert, sollte man sich an den Hersteller oder Verkäufer des Druckers wenden. Alternativ gibt es eine Liste von Apple (http://support.apple.com/kb/HT3669?viewlocale=de_DE), doch die ist nicht immer auf dem neuestem Stand.

Ein Beispiel für die Schwierigkeiten mit der fehlenden Druckerkommunikation über Appletalk ist das Gerät Konica Minolta Magicolor 6110. Der Farblaserdrucker ist von Mac-OS X über Appletalk und TCP/IP (LPD) erreichbar. Doch TCP/IP ist ab Werk so eingestellt, dass der Drucker automatisch eine IP-Adresse von einem DHCP-Router im Netz erhält. Arbeitet man mit mehreren Macs in einem firmeninternen Netz, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass der Drucker nach jedem Neustart eine andere IP-Adresse erhält und folglich auf allen Macs neu eingerichtet werden muss. Ein Ausweg ist nur über Windows-Software von Konica Minolta möglich: Crown Print Monitor Plus erlaubt die IP-Adresse des Druckers manuell einzustellen und macht so den Drucker dauerhaft für Macs mit Snow Leopard erreichbar.
Bei anderen Druckern wie Canon Pixma MX860 scheitert die Einrichtung unter Snow Leopard an einer komplexen Wechselwirkung mit Parallels Desktop. Solange die virtuellen Ethernet-Schnittstellen von Parallels aktiv sind, lässt sich der Drucker nicht einrichten.
TIPP Speziell beim Canon Pixma MX860 klappt die Einrichtung über die Systemeinstellungen beziehungsweise Canons IJ-Software nur, wenn man die virtuellen Ethernet-Schnittstellen deaktiviert. Dazu wechselt man in den Systemeinstellungen in den Bereich “Netzwerk” und klickt links in der Liste der Schnittstellen auf den Eintrag “Parallels Host-Only Networking Adapter”. Dann kann über das Menü unter der Liste (mit dem Zahnradsymbol) den Befehl “Dienst deaktivieren” auswählen. Anschließend wählt man die Schnittstelle “Parallels Shared Networking Adapter” und deaktiviert auch diese. Danach sollte die Installation der Canon-Software einwandfrei funktionieren und der Drucker auf Befehle reagieren.
Ein ähnlich komplexes Problem behindert zur Zeit, die Kommunikation mit dem Drucker HP Laserjet 1020. Das Modell war (laut einer E-Mail vom HP-Kundendienst) nie für den Mac beziehungsweise für Mac-OS X konzipiert, doch im Handel war der Schwarz-Weiß-Laserdrucker mit einer CD mit Mac-Software erhältlich. Diese Software funktioniert mit Mac-OS X 10.4 und 10.5, doch nach dem Update auf Snow Leopard reagiert der Drucker nicht mehr auf den Mac – alle Druckjobs laufen ins Leere. Wie sich aus den verschiedenen Beschreibungen heraus lesen lässt, ist es mit Mac-OS X 10.6 nicht mehr möglich, wichtige Software vom Mac zum Drucker zu übertragen. Ohne die Software aber reagiert der Drucker nicht auf Befehle.
TIPP Der Drucker HP Laserjet 1020 sollte (noch nicht getestet) unter Mac-OS X 10.6 wieder funktionieren, wenn man von den Internet-Seiten von Apple (http://support.apple.com/kb/DL907) die aktuellen Druckertreiber für HP-Geräte lädt und bei der Installation als Modell “HP Laser 1022 1.1.0.182” auswählt. Fein raus sollten auch alle Mac-Benutzer sein, die zusätzlich noch Windows im Einsatz haben: Wenn man einmal von Windows einen Druckauftrag abschickt, ist der HP Laserjet 1020 für Mac-OS X 10.6 ansprechbar – allerdings nur solange der Drucker nicht ausgeschaltet wird. Dann ist erneut der Einsatz des Windows-Treibers notwendig.
Dezente Gamma-Korrektur
Eine bisher relativ wenig beachtete Änderung sollte dagegen eher Freude auslösen – wenn man sich über die Folgen im Klaren ist: Mac-OS X 10.6 verwendet eine andere Gamma-Korrekturkurve (kurz: Gamma-Kurve oder Gamma-Wert) als alle anderen Mac-Betriebssysteme zuvor. Diese Korrektur ist notwendig, weil fast alle darstellenden Geräte wie Monitor und Drucker die Grautöne zwischen Schwarz und Weiß nicht einwandfrei darstellen können. Fast alle Geräte zeigen zum Beispiel eine mathematische Verdoppelung der Helligkeit von 10 Prozent auf 20 Prozent der maximalen Helligkeit nicht als Verdoppelung an. Deshalb gibt es einen Korrekturwert, damit die Verdoppelung auf Papier oder auf dem Monitor für das menschliche Auge korrekt sichtbar wird. Die mathematische Form dieser Korrektur ist eine Kurve, deren Abweichung vom linearen Wert (= einer Geraden im 45 Gradwinkel) angibt, ob die tatsächlichen sichtbaren Werte heller oder dunkler als der mathematische Wert sein sollen.
Was sich ziemlich kompliziert anhört (aber mathematisch eher trivial ist), hat im Alltag mit Snow Leopard ganz handfeste Vorteile: Da Apple bei Mac-OS X 10.6 den Gamma-Wert 2,2 verwendet und da dieser Wert identisch mit dem Gamma-Wert von Windows und Linux ist, ergeben sich keine Kontrast- und Helligkeitsunterschiede mehr, wenn man am Mac im Bild optimiert und es später auf einem Windows- oder Linux-Rechner betrachtet. Bisher war dagegen immer ein gewisses Fingerspitzengefühl notwendig, weil der Unterschied in der Gammakurve dazu geführt hat, dass Bilder, die am Mac optimal aussehen unter Windows eher etwas hart und dunkel wirken. Dieser Effekt gehört mit Snow Leopard der Vergangenheit an.
Fazit
Die nächsten Updates für Mac-OS X 10.6 werden spannend: Apple sollte mittlerweile einen guten Überblick haben, welche Fehler besonders großen Ärger machen. Wenn die Entwickler bei Apple sich auf die paar wichtige Bereiche konzentrieren, sollte mit Version 10.6.2 oder 10.6.3 eigentlich Besserung eintreten.
Wenn die Spekulationen richtig sind, sollte zumindest der Fehler in der Höhenberechnung der Postscript-Schriften mit Mac-OS X 10.6.2 der Vergangenheit angehören. Dem Vernehmen nach ist damit auch der Fehler beim Gast-Account behoben.