
Mit Hilfe eines Virtualisierungsprogramms kann man parallel zu Mac-OS X ein zweites Betriebssystem nutzen. Will man per Elster die monatliche Umsatzsteuererklärung abgeben oder eine Runde Need for Speed spielen, klappt dies dank virtuellem Windows-System schnell und problemlos. Im Unterschied zu Boot Camp muss man nicht mal den Rechner wechseln oder neu booten.
Während erste Versionen der Virtualisierungsprogramme das fremde Betriebssystem noch in einem separaten Fenster oder in einem Vollbildmodus laufen ließen, integrieren die beiden Programme mit jeder Version Windows besser in Mac-OS X . So lassen sich mittlerweile ein gewünschtes Programm oder eine Datei direkt in Windows öffnen. Trotzdem hat man weiter seine Mac-Programme und seinen Mac-Schreibtisch vor sich. Allerdings funktioniert dies bei heruntergefahrenen Systemen nicht.
Bedienkomfort mit Coherence und Unity
Bei Parallels heißt dieser Modus “Coherence”, bei Fusion “Unity”. Insgesamt vier Ansichtsmodi bietet Parallels, bei der neuen Parallels-Ansicht “Crystal” blendet das System zusätzlich Desktop-Menü und Dock-Symbol aus. Bei beiden Lösungen kann man das Windows-Startmenü über Menüleisten-Tools aufrufen. Die Lösung von Fusion ist weniger komfortabel.
Über ein Menüleistensymbol greift man bei Fusion auf virtuelle Betriebssysteme zu, nutzt das Startmenü von Windows und speichert häufig benötigte Programme wie den Internet Explorer. Eleganter hat dies Parallels gelöst: Nach der Installation findet man im Dock einen Ordner mit Links zu allen Programmen des Windows-Systems. Für den Datentausch sorgen freigegebene Ordner. Vorgegeben bei Parallels ist auch die Freigabe des Schreibtischs, man sieht Daten auf dem Mac-Desktop somit auch auf dem Windows-Schreibtisch. Im Fenstermodus importiert man Dateien per Drag-and-drop, beide Systeme unterstützen Exposé.
Ein nicht für Mac-OS X verfügbares Windows-Programm kann man fast wie eine Mac-Anwendung nutzen, vorausgesetzt man hat einen schnellen Mac. Bei unserem Testgerät, einem Mac Mini mit einem Monitor der Auflösung 1920 mal 1080, führt in diesem Modus allerdings jede Bewegung eines Fensters zu kleinen Darstellungsverzögerungen. Selbst das Bewegen eines Explorer-Fensters verursacht eine deutlich erhöhte CPU-Last. Hohe Auflösungen, etwa bei einem HD-Monitor, können bei Grafikanwendungen als Bremse wirken. Die Darstellungsmodi “Unity” und “Coherence” nutzen die native Auflösung des Mac, was die Anforderungen erhöht. Beste Performance liefert der Fenstermodus bei einer Auflösung von 800 mal 600 Pixel.
Windows in der Virtualisierung starten
Wie bei früheren Versionen bietet Parallels sichtbar mehr Komfort. Trackpad-Gesten und Apple Remote stehen bei Parallels auch Windows-Programmen zur Verfügung. Sogar das Aussehen der Windows-Software kann Parallels ändern und gibt ihr einen Mac-typischen Look.

Der Komplettstart eines virtuellen Windows-Systems dauert bei einem Mac Mini rund fünf Minuten, deutlich schneller ist das Öffnen eines eingefrorenen Systems. Bei Fusion, dort nennt sich der Vorgang “Anhalten”, dauert es direkt nach einem Neustart des Mac 96 Sekunden, bis sich die Programme der Umgebung nutzen lassen. Beim nächsten Programmstart, wenn viele Dateien noch im Speicher liegen, geht es schneller, nämlich in 26 Sekunden.
Mit 132 Sekunden benötigt Parallels für das Starten deutlich länger, beim zweiten Aufwecken aus dem Standby warten wir dagegen keine zwei Sekunden. Parallels bietet neben dem Standby die Option “Pause”. Sie hält das System innerhalb weniger Sekunden an, zum Beispiel wenn man für ein Mac-Programm wie Photoshop mehr Leistung benötigt.
Viel RAM hilft viel

Exzessiv wie in den Vorversionen ist bei beiden Virtualisierern der RAM-Verbrauch. Wer mehrere speicherintensive Anwendungen parallel nutzt, sollte mindestens vier GB RAM zur Verfügung haben. Weniger Speicher fordert das ältere Windows XP, das nicht gepflegt wird, aber günstig als Gebrauchtsoftware zu haben ist.
Beendet man die virtuelle Maschine, dauert das Sichern des Systems etwa eine halbe Minute. Bei Fusion fällt auf, dass das Hintergrundprogramm nach dem Anhalten noch einige Minuten damit verbringt, den Arbeitsspeicher freizugeben. Auch bei Parallels bremst das Anhalten des virtuellen Systems den Mac einige Zeit lang aus. Dass bei beiden Systemen die vielen Hintergrundprogramme den Startvorgang des Mac um einige Sekunden verzögern, fällt im Test negativ auf, im Alltag vielen Anwendern sicher nicht.
Bei einem Mac mit vier Gigabyte Arbeitsspeicher sollte man der virtuellen Maschine besser nicht mehr als ein Gigabyte zuteilen. Bei beiden Versionen kann man zudem festlegen, ob das System Speicher dem virtuellen oder dem echten System zuteilen soll.
Mehrere Monitore im Einsatz
Parallels wie Fusion unterstützen mehrere Monitore, sowohl im Vollbildmodus als auch im Modus “Coherence”. Mit Parallels tritt beim Anschluss eines externen Monitors eine Kernel-Panic auf. Allgemein stellen wir beim Thema Stabilität wenig Unterschiede fest. Nach unserem Eindruck arbeitet Fusion etwas stabiler, vor allem wenn man virtuelle Systeme oft startet und beendet.
Time Machine unterstützt die neue Parallels-Version besser, man kann seit Parallels 6 einen so genannten Snapshot mit den letzten Änderungen sichern. Dadurch muss Time Machine nicht mehr nach jedem Zugriff die komplette virtuelle Festplatte sichern, sondern nur noch die Snapshots.
Unterstützte Betriebssysteme
64-Bit-Betriebssysteme unterstützen beide Anbieter, auch Mac-OS X Server kann man installieren. Die Installation eines Windows-Systems ist dank guter Assistenten problemlos und auch für Einsteiger zu bewältigen. Vmware bietet eine große Bibliothek vorkonfigurierter Betriebssysteme, die man nur herunterladen muss. Über die Startoberfläche von Fusion kann man Testversionen von virtuellen Maschinen herunterladen. Dabei öffnet sich eine Seite, die den Download einer 30-Tage-Version von Windows Server 2003 ermöglicht. Weitere 500 Betriebssysteme sind startbereit downloadbar, dabei handelt es sich aber vor allem um Linux-Distributionen und Server-Systeme. Parallels bietet ebenfalls eine Online-Datenbank mit Systemen, man kann sogar über die Programmoberfläche das Google Betriebssystem Chrome OS direkt herunterladen. Man benötigt für dieses System allerdings einen Google-Account.
Damit die virtuellen Systeme problemlos funktionieren, muss man zusätzliche Treiber und Erweiterungen installieren. Bei beiden Systemen erfolgt die Installation dieser Systemerweiterungen automatisch, ein Update-System erkennt veraltete Treiber und Erweiterungen und aktualisiert sie. Beide Programme kommen mit Zusatzsoftware für Windows. Parallels bietet die Installation des Virenscanners von Kaspersky und des Backup-Programms von Acronis, allerdings läuft der Virenscanner nur 90 Tage. Die Vmware beiliegende Antivirensoftware von McAfee ist 12 Monate lauffähig.
Bereits vorhandene Boot-Camp-Partitionen können beide Tools nutzen, Parallels beherrscht sogar das Umwandeln in eine virtuelle Maschine und das Anhalten einer Boot-Camp-Partition. Der zeitraubende Komplettstart entfällt, dies funktioniert jedoch nur mit FAT-Partitionen, nicht mit NTFS. Diese neue Funktion bleibt dadurch Windows XP und noch älteren Systemen vorbehalten.
Einmal erstellte virtuelle Maschinen kann das jeweilige Konkurrenzprodukt importieren. Parallels erkennt virtuelle Systeme von Vmware automatisch und bietet die Umwandlung an. Beide Systeme nutzen die Images von Virtual PC und Virtual Box. Man kann auch einen PC in eine virtuelle Maschine umwandeln. Bei Fusion geht das übers Netz, Parallels unterstützt zusätzlich ein USB-Datenkabel und USB-Festplatten.
Deutlich einfacher als bei Boot Camp lassen sich Sicherheitskopien der Gastsysteme des Systems anlegen und portieren. Wechselt man die Festplatte oder kauft einen neuen Mac, ist ein Umzug deutlich einfacher als mit einer Boot-Camp-Partition.
Hardware-Unterstützung
Sehr gute Leistungen erzielen die virtuellen Maschinen bei CPU-lastigen Aufgaben. Die Performance der Mac-CPU steht den Programmen zu etwa 90 Prozent zur Verfügung. Bis zu acht CPUs und acht Gigabyte RAM kann man nutzen. Für die Unterstützung von mehr als drei Gigabyte Speicher muss man aber eine 64-Bit-Version von Windows verwenden.
Zugriff über Apps
Ein weiterer Bonus von Parallels: Es gibt eine App für iPhone und iPad , von der aus man auf die Programme in einer virtuellen Maschine zugreifen kann. Man kann dann etwa per iPad auf Flash-Anwendungen zugreifen oder ein Windows-Programm nutzen. Das funktioniert sowohl in einem lokalen Netz, als auch über das Web. Der Mac muss dazu natürlich aktiv sein, eine Registrierung bei Parallels ist erforderlich.
Ausschließlich Parallels unterstützt zudem 5.1-Ton. Eine externe USB- oder Firewire-Soundkarte mit Surround-Unterstützung kann man von der virtuellen Umgebung aus ansprechen, etwa bei einem Spiel. Gut gefällt uns bei Parallels die einfache Konfiguration von Peripherie. So kann man ein bestimmtes USB-Gerät, etwa eine USB-Soundkarte, fest zuweisen. Das beherrscht allerdings auch Fusion. Wie bei früheren Versionen ist der Zugriff auf Medien wie CDs und DVDs möglich, das Brennen von Medien jedoch nicht.
Performance im Vergleich
Für beide neuen Versionen versprechen die Hersteller eine deutlich verbesserte Performance. Gegenüber Parallels 5 soll die neue Version 6 etwa eine um 80 Prozent bessere Grafikleistung bieten. Auf einen ausführlichen Performance-Vergleich mit den Vorversionen haben wir verzichtet und stattdessen die aktuellen Versionen mit Boot Camp verglichen.

Parallels zeigt in den meisten Tests die bessere Performance. Besonders deutlich zeigt sich dies bei der Grafikleistung. Beide Kontrahenten unterstützen OpenGL 2.1 und DirectX 9.0c, Grundvoraussetzung für viele Spiele. Die neuesten Spiele nutzen bereits DirectX 11, DirectX 9 ist aber immer noch für viele Spiele ausreichend. Für den Test nutzen wir unter anderem den Benchmark 3DMark 06, der die Grafikleistung mit mehreren Spiele- und weiteren Tests misst.
Während Vista unter Fusion gerade einmal 657 Punkte erzielt, schafft es unter Parallels gute 1107 Punkte. Die Ergebnisse sind von Spiel zu Spiel unterschiedlich, aber Parallels erreicht bei Spielen etwa die doppelte Bildrate. Mit Boot Camp kann der Virtualisierer jedoch nicht mithalten. Bei einer Messung unter einem “echten” Windows mit Boot Camp erzielen wir auf dem Testrechner immerhin 1902 Punkte.
Läuft ein Spiel unter Boot Camp problemlos, kann es trotzdem unter Parallels Performance-Probleme geben. Die Performance kann von Spiel zu Spiel variieren, unsere Messungen sind aber ein guter Referenzwert. Einen schlechten Eindruck hinterlässt Fusion auf einem Macbook Pro mit Nvidia 8600. Auch nach mehreren Neuinstallationen läuft die Benchmark-Software nicht unter der 64-Bit-Version von Windows 7.
Keine großen Unterschiede zeigen die beiden Systeme beim so genannten Leistungsindex, einem Performance-Test von Vista und Windows 7. Hier schlägt Fusion Parallels knapp mit 4,5 zu 4,4 Punkten.
Mit dem Videokonverter Handbrake konvertieren wir einen MPEG-2-Film in ein MPEG-4-Video. Handbrake nutzt beide CPU-Kerne, was wir bei der Messung deutlich spüren. Mit nur einer freigegebenen CPU dauert die Encodierung 153 Sekunden, 82 Sekunden bei zwei freigegebenen Prozessoren.
Beste Werte erzielt das Programm unter Boot Camp, hier ist es bereits nach 74 Sekunden fertig. Besonders langsam geht das unter Fusion. 92 Sekunden benötigt es unter Vista, 82 Sekunden unter der Parallels-Version von Vista. Kleinere Videoprojekte lassen sich also durchaus auch mit Virtualisierungssoftware bewältigen.
Auch bei guter Performance treten aber vor allem bei Spielen Kompatibilitätsprobleme auf. Die virtuellen Grafikkarten bieten einfach nicht die Zuverlässigkeit einer echten Grafikkarte. Ob ein Spiel funktioniert, kann man über das Forum von Parallels erfahren, das gilt auch für Fusion. Kompatible Programme listet Vmware unter dieser Adresse auf. Bevor man sich für eine der beiden Lösungen entscheidet, empfehlen wir einen Blick in diese Foren. Hier findet man auch einige Tipps für die richtige Konfiguration.
Kaufempfehlung und Fazit
Parallels bietet mehr Komfort und Performance als Fusion. Trotzdem kann man auch mit dem Konkurrenzprogramm gut arbeiten, das virtuelle Systeme deutlich schneller startet. Interessant ist Fusion zum Beispiel für Firmen, die bereits andere Vmware-Lösungen nutzen. Völlig problemfrei arbeitet aber keine der beiden Virtualisierungslösungen. Für Computerspieler ist Boot Camp immer noch die schnellste und stabilste Lösung.
Fast abraten kann man vom Kauf zum Ladenpreis. Beide Hersteller bieten ihre Software immer wieder zu Promo-Preisen an. Zuletzt bot beispielsweise Vmware Fusion als Crossgrade für 10 US-Dollar an.
Vorzüge: Die neue Version von Parallels ist deutlich schneller und eignet sich sogar für ältere Computerspiele. Gegenüber Boot Camp ist Parallels nach einiger Eingewöhnung die komfortablere und einfachere Lösung.
Nachteile: Sinnvolle Nutzung von Windows 7 und Vista setzt einen schnellen Mac und viel Arbeitsspeicher (ab vier Gigabyte) voraus.