


















64-Bit-Unterstützung und die komplette Cocoa-Reprogrammierung für Mac-OS X machen Photoshops Getriebe fit für heutige Performanceansprüche – das war viel Arbeit für die Adobe-Entwickler, die darüber aber Verbesserungen und neue Funktionen für Version CS5 nicht vernachlässigt haben. Dem “Funktionsmonster” Photoshop spendieren sie nach einem von eher verhaltenen Neuerungen gekennzeichneten CS4 in der für Mai 2010 geplanten Version CS5 eine ganzes Füllhorn an Verbesserungen und Novitäten. Unser erster Testeindruck anhand einer von uns begutachteten Beta-Version (Codenname White Rabbit) konzentriert sich auf die acht wichtigsten Bereiche der Funktionspremieren und -optimierungen.
Highlight 1: Content Aware Fill
Adobe baut die Techniken der Musterersetzungen in Photoshop weiter aus. Zu dem schon länger etablierten Reparaturpinsel und dem inhaltsbewahrenden Skalieren von Photoshop CS4 kommt nun die Technik des Content Aware Fill. Gemeint ist damit das Ersetzen von Bildbereichen durch Umgebungsbereiche. Photoshop CS5 nutzt dabei mehrere Muster aus dem Umfeld des zu ersetzenden Bereichs und füllt diesen nahtlos mit einer daraus generierten Struktur, die die Umgebung möglichst unauffälig und ohne Artefakt- und Wiederholungskanten einpasst. Diese neue Technik findet sich als Option des Reparaturpinsels und als Option des Befehls “Auswahl füllen”. Mit dem Reparaturpinsel eingesetzt gelingen dabei Operationen wie das Entfernen von Leitungsdrähten sehr überzeugend auch mit nur einem Malstrich, selbst dann wenn die Umgebung von komplexer Struktur ist. Noch erstaunlicher sind die Ergebnisse des Content Aware Fill, wenn man gleich größere Auswahlbereiche mit dieser Option füllt. Photoshop CS5 lässt dabei komplexe Objekte wie Zaunpfähle, Personen oder Gebäude verschwinden und ersetzt diese meist gelungen durch die Umgebung. Der verwendete Patch-Match-Algorithmus vermeidet dabei weitestgehend Störungen wie verschmierte Bereiche.
Erster Eindruck: Content Aware Fill ist eine der Top-Neuerungen von Photoshop CS5. So erfolgreich der Reparaturpinsel als beliebtestes neues Photoshop-Werkzeug bisher war, ohne diese Option mag man ihn in Zukunft nur noch ausnahmsweise einsetzen. Das Füllen ganzer Aswahlbereiche mit dieser Technik ist zudem eine außerordentliche Zeitersparnis, auch wenn manchmal noch nachgebessert werden muss.
Highlight 2: Optimierung von Auswahlrändern
Eine der schwereren Aufgaben in Photoshop sind komplexe Freisteller. Photoshop erleicherte diese Arbeit mit halbwegs intelligenten Werkzeugen wie dem Schnellauswahlwerkzeug und seit Photoshop CS4 mit dem Dialog “Kante verbessern”. Der Anwender muss sich damit nicht auf das möglichst exakte Erstellen von Auswahlen konzentrieren, sondern kann den Auswahlrand in einem zweiten Schritt besser auf die Auswahlkanten anpassen. Diesen Dialog hat Adobe in Photoshop CS5 überarbeitet und mit drei wichtigen Neuerungen versehen: Der neue Smart-Radius erkennt innerhalb seines Radius automatisch die Charakteristik der Objektkante und regelt den Auswahlrand entsprechend. Dieser Smart-Radius lässt sich über einen Radius-Verbessern-Pinsel weiter bearbeiten, beispielsweise, wenn Haarfransen noch nicht von der ursprünglichen Auswahl erfasst waren. Schließlich lassen sich mit einer neuen Option Farbsäume am Maskenrand, die vom ursprünglichen Objekthintergrund stammen, entfernen. Das Ergebnis dieser Maskenoptimierung lässt sich wahlweise als Auswahl, Ebenenmaske, neue Ebene mit oder ohne Maske oder neues Dokument mit oder ohne Maske ausgeben.
Erster Eindruck: Haarige Freisteller verlieren mit den neuen Kante-Verbessern-Optionen weiter ihren Schrecken. Besonders die Berücksichtigung harter und weicher Objektkanten gleichzeitig ist dabei ein großer Fortschritt. Mit etwas Übung erzielen jetzt auch weniger versierte Photoshop-Anwender saubere Freisteller.
Highlight 3: Bildelemente repositionieren und umformen
Mit der Puppet-Warp-Funktion bekommt Photoshop eine neue Art der Pixeldeformation spendiert, die ähnlich wie die Verflüssigen-Funktion arbeitet, aber größere Objektbereiche transformieren kann. Puppet Warp legt ein Gitternetz über das Bild und über frei zu setzende Anfasspunkte lassen sich anschließend Bildteile drehen, abwinkeln, repositionieren, verformen, stauchen oder dehnen. Am besten funktioniert Puppet Warp mit zuvor freigestellten Objekten, ansonsten verzerrt man über das Gitternetz das ganze Bild. Drei Modi legen zudem fest, in welcher Stärke umpositionierte Objekte verformt werden und über eine Umstapelung der Anfasspunkte legt man das Erscheinungsbild bei Überlappungen fest. Im Test funktioniert das Umformen mit Puppet Warp auch bei größeren Bildern flüssig. Wünschenswert wären allerdings eine Rückgängig-Funktion für einzelne Verformungsschritte und eine Speichermöglichkeit für verformte Gitternetze.
Erster Eindruck: Puppet Warp ist nicht nur Spielerei, neben kreativen Anwendungen taugt es durchaus auch zur Korrektur von Proportionen und geometrischen Anpassungen von Bildelementen.
Highlight 4: Besser malen mit Photoshop
Mit neuen, sich natürlich verhaltenden Pinselspitzen und einem Werkzeug namens Mixer Brush geht Photoshop einen deutlichen Schritt hin zu einer Simulation von echten Malwerkzeugen und echter Malfarbe. Mit dem Mixer Brush ist Photoshop CS5 dabei in der Lage, mehr als eine Malfarbe in einer Pinselspitze aufzunehmen, wobei die Farben aus einer Bildebene oder dem Farbwähler aufgenommen werden können und in einem “Reservoir” wie in einem Farbtopf bevorratet werden. Die aufgenommenen Farben lassen sich dann nach einstellbarer Mal”dauer” auftragen, bevor der Pinsel abgemalt ist. Außerdem kann man entscheiden, wie sich die Malfarbe mit den vorhandenen Farben eines Hintergrunds vermischt: Die Malfarbe kann etwa sehr deckend aufgebracht werden oder sich wie auf einem nassen Maluntergrund mit den vorhandenen Farben der Malebene vermischen. Die zweite große Neuerung im Malbereich sind fortgeschrittene Pinselspitzen, bei denen das Verhalten verschiedener Pinselformen wie breit, borstig oder spitz simuliert wird. Bei diesen neuen Pinselspitzen zeigt eine eingeblendete Pinselspitzenanimation während des Malens das Verhalten des aktuellen Werkzeugs auf Pinselandruck, Pinseldrehung und Pinselneigung an – was, um den vollen Umfang der neuen Pinselspitzenfunktionen auszukosten, ein druck- dreh- und neigungssensitives Grafiktablett voraussetzt. Die uns vorliegende Beta versteht sich im Test noch nicht ganz mit einem Wacom Intuos 4, wobei allerdings hauptsächlich die Größenänderung via Grafiktablett-Wahlrad noch nicht möglich ist.
Erster Eindruck: Photoshop CS5 macht jetzt Spezialisten wie Corel Painter X Konkurrenz, dafür fehlen jedoch noch weitere Spezialfunktionen wie die Simulation von Ölfarben oder Papierverhalten des Maluntergrunds. Gegenüber den bisherigen Möglichkeiten sind die neuen Malfunktionen aber ein großer Fortschritt nach einer langen Phase, in der sich in der Fortentwicklung von Photoshops Malfähigkeiten wenig tat. Geschuldet war dies vielleicht auch der dafür nötigen Rechnerleistung; erst mit aktuellen Macs sind Malaktionen mit diesen neuen Funktionen “stotterfrei” möglich.
Highlight 5: Ausgebaute HDR-Technik
Auch im Bereich High Dyamic Range Imaging (HDRI) stillt die neue Photoshop-Version Nachholbdarf und Adobe bedenkt dabei sowohl Anwender des “echten” HDRI, die HDR-Bilder aus Belichtungsreihen erzeugen, wie auch Anwender, die den surrealistischen oder hyperrealistischen HDR-Effekt mit normalen Einzelbildern erzielen wollen. Der Verarbeitungsweg bei HDRs aus Belichtungsreihen bleibt in Photoshop CS5 derselbe: Die eigentliche Erzeugung des HDRs im jetzt “HDR Pro” genannten Dialog kennt nun auch die Optionen des Deghostings, dem Entfernen unerwünschter Objektbewegungen in den Einzelbildern, und das Tonemapping legt man wie gehabt vor dem Wechsel zu einem 16-Bit- oder 8-Bit-Ausgabebild fest. Für das Tonemapping gibt es nun eine Reihe neuer Optionen, die sich vor allem beim Tonemapping mit der überarbeiteten lokalen Adaption finden. So ist die Sättigungskorrektur jetzt getrennt nach weniger gesättigteten Farben oder als allgemeine Sättigungskorrektur möglich. Die Wiedergabe von Details, Schatten und Lichtern lässt sich ebenfalls besser regeln. Wer will, kann auch im HDR-Pro-Dialog das Kantenglühen des surrealistischen HDR-Effekts betonen. Auf normale Bilder angewendet, heißt der HDR-Dialog “HDR Tonung” und findet sich im Bildanpassungen-Menü. Mit diesen beiden Dialogen lassen sich viele Tonungseffekte erzielen, die über die Möglichkeiten von HDR-Spezialisten wie Photomatix hinausgehen.
Erster Eindruck: Erstmals seit Version CS2 zeigt Photoshop Fortschritte im Bereich HDR-Erzeugung und HDR-Tonemapping und Adobe denkt dabei auch an die Anwender, denen mehr an den Tonungseffekten als einer fotorealistischen Wiedergabe liegt.
Highlight 6: Adobe Camera Raw 6
Raw-Fotografen werden bei der Arbeit mit Camera Raw 6, dem Raw-Konverter von Photoshop CS5, vordergründig auf wenig Neues stossen. Wichtige Bildeinstellungen sind aber von Grund auf überarbeitet – Adobe hat Camera Raw mehr einer Qualitätsüberholung unterzogen. Die wichtigen geänderten Funktionen, die sich baugleich auch bei Lightroom in demnächst erscheinender Version 3 finden werden, sind ein neuer Schärfungsalgorhitmus, eine deutlich bessere Farb- und Luminanzrauschreduzierung und eine automatische Korrektur chromatischer Aberrationen (die der uns vorliegenden Beta noch fehlt). Insbesondere die Rauschreduzierung ist nach unserem Eindruck ein deutlicher Gewinn, die einen guten Kompromiss zwischen zu erhaltenden Details und der Entfernung von Rauschpixeln geht. Auch die komplett neue Schärfungsfunktion ist nach unserem Eindruck überzeugend. Weiche Bildwiedergaben, typisch für unbearbeitete Raw-Aufnahmen, werden durch die neue Schärfung in eine detailscharfe Wiedergabe umgewandelt, ohne Schärfungsartefakte einzuführen. Neben diesen zwei Highlights bietet Camera Raw 6 auch eine neue Filmkornsimulation und eine Nachbearbeitungs-Vignettierung für Bildrandeffekte.
Erster Eindruck: Adobe bringt beim Camera-Raw-Dialog kaum Neues, was aber verbessert wurde, kann sich sehen lassen. Das mittlerweile altbackene Interface jedoch bleibt unverändert. Wer die gleichen Funktionen in einem moderneren User Interface haben will, soll wohl zu Lightroom greifen.
Highlight 7: Automatische Objektivkorrektur
Wer in den letzten Zeilen Worte zur Objektivkorrrektur vermisst hat: Camera Raw 6 Beta bringt hier (noch?) nichts Neues, wohl aber ein Filterdialog von Photoshop CS5. Objektivbedingte Fehler in Bildgeometrie, Randabschattungen sowie chromatische Aberrationen lassen sich nun mit Korrekturdaten anhand vermessener Objektive beheben. Dazu dient die neue automatische Objektivkorrektur, die mittels Exif-Metadaten der Aufnahme aus einer Objektivkorrekturbibliothek nach passenden Korrekturprofilen sucht. Wer dort nicht fündig wird, kann auch eine Online-Suche starten. Noch ist die Liste der unterstützen Kameras und Objektive nicht besonders groß, doch haben Anwender die Möglichkeit, mit einem frei erhältlichen Programm namens Adobe Lens Profile Creator eigene Korrekturprofile zu berechnen und sie anschließend online auch allen anderen Photoshop-Anwendern zur Verfügung zu stellen. Die Erzeugung der Objektivprofile anhand einer zu fotografierenden Schachbrettmuster-Tafel ist mit etwas Aufwand verbunden, die Korrekturanwendung hingegen sehr leicht. Wir vermissen allerdings eine Stapelanwendung zur Korrektur mehrerer Bilddateien in einem Arbeitsgang.
Erster Eindruck: Die automatische Objektivkorrektur gehört eigentlich auch in den Funktionsumfang von Adobe Camera Raw – ein Manko, das Adobe hoffentlich mit einem Update von Camera Raw 6 behebt. Die Qualität der von Beta-Anwendern bereits im Internet bereitgestellten Objektivprofile ist nach unserem Eindruck gut und sich sehr ähnlich. Das spricht für eine robuste und verlässliche Korrekturmethode.
Highlight 8: 3D-Körper erzeugen und selber beleuchten
Photoshop CS5 in der Extended-Version bringt mit dem Repoussé-Dialog eine vergleichsweise einfach zu bedienende Funktion zur Erzeugung von 3D-Körpern aus 2D-Formen wie Textobjekte oder Vektorumrisse. Anwender können dabei aus der 2D-Form einen Körper extrudieren, die Extrusionsform gestalten, den Körper im Raum drehen und dessen Oberflächen mit Materialien versehen. Das Rendern im Raytracing-Verfahren wird anschließend mit dem 3D-Bedienfeld gesteuert, das gegenüber der vorigen Photoshop-Version im Materialien-Bereich überarbeitet und ausgebaut ist. Auch im Abschnitt Beleuchtungsquellen birgt das 3D-Bedienfeld Neues: Für Fotografen, die sich erstmals mit CGI aus Realbildern beschäftigen wollen, bietet Photoshop nun die spannende Möglichkeit, ein sphärisches HDR-Panoramafoto als Beleuchtungsquelle für 3D-Modelle zu verwenden.
Erster Eindruck: Mit Repoussé bekommen Photoshop-Anwender einen eigenen, wenn auch einfachen Modeller, der sich gut zur Gestaltung illustrativer 3D-Körper eignet, und mit den erweiterten Beleuchtungsmöglichkeiten mit Bildern als Lichtquellen wird Photoshop CS5 fast zum CGI-Programm.