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Jeder Video-fähige iPod kann Filme auf diese neue Videobrille übertragen, die auf der Macworld Expo vorgestellt wurde und zunächst exklusiv in Deutschland auf den Markt kommt. Wir haben ausprobiert, wie gut sie wirklich funktioniert.
San Francisco. Der Flug von Berlin via Frankfurt nach Kalifornien zur MacWorld Expo war zwar durchweg angenehm, das Filmangebot im Flugzeug allerdings ließ arg zu wünschen übrig. Für den Rückflug haben wir uns deshalb gewappnet, unsere Lieblingsfilme im iTunes Store ausgesucht und sie auf einen iPod übertragen.Den aktuellen Animationsfilm aus den Pixar-Studios aber wollen wir nicht auf einem kleinen iPod-Display anschauen, sondern auf einem neuen Video-Headset, das auf der Messe in San Francisco für einigen Wirbel gesorgt hat. Das mag daran liegen, dass ihre Vorstellung mit der Ankündigung des Videoverleihs im iTunes Store einhergeht – und Steve Jobs dem Fernseher mit Apple TV zwar ein Wiedergabegerät fürs Wohnzimmer beiseite stellt, eine überzeugende Lösung fürs mobile Glotzen aber noch aussteht. Einen ganzen Spielfilm auf einem iPod oder einem iPhone anzuschauen bleibt auf Grund der kleinen Displays eine Zumutung für jeden Cineasten – und nicht nur für dessen Augen. Da aber ein Flachbildschirm nur schlecht in die Hosentasche passt, suchen einige Hersteller die Lösung in Mini-Displays, die sich mittels Headset oder Brille nur knapp vor den Augen platzieren lassen. Dazu gehört nun auch die Carl Zeiss AG.Der Cinemizer sieht einer Sonnenbrille ähnlich, vorne rausschauen aber kann man nicht und zudem ist das Gerät deutlich breiter als ein Daumen. Wer die Videobrille aufsetzt, sieht im Vergleich zu früheren Anwendern von Video-Headsets zwar nicht mehr ganz so aus wie ein Alien, mit Jordie LaForge aus Star Trek TNG aber kann er es locker aufnehmen. Im Inneren steckt die Optik von Zeiss, Frog Design ist für das Äußere des Geräts verantwortlich. Trotz der Mühe, die sich der Hersteller beim Design augenscheinlich gegeben hat, wirken die verwendeten Materialien etwas billig: Das Plastik ist dünn und die Brille insgesamt klapprig, dafür ist die Konstruktion allerdings sehr leicht: Man dürfte die rund 115 Gramm durchaus einen ganzen Film lang tragen können, ohne dass Ohren und Nasenrücken beginnen zu schmerzen. Und da besagte Nasenrücken recht verschieden sein können, liegen der Brille zwei Nasenbügel in verschiedenen Größen bei, die sich austauschen lassen. Zwei Ohrhörer sind an verstellbaren Streben direkt an der Brille angebracht und lassen sich damit leicht in die gewünschte Position ziehen. Allerdings schließen sie nicht dicht mit der Ohröffnung – Außengeräusche dringen in den Hörkanal ein, Kinosound weicht in die Umwelt ab. Das gesamte Brillengestell kann der Anwender zusammenklappen und platzsparend verstauen.Neben der Videobrille, die es in fünf verschiedenen Farbkombinationen geben wird, gehört zum Cinemizer eine Batteriebox mit iPod-Dock. An das Dock lassen sich mit mitgelieferten Plastikeinsätzen alle iPods passgenau anschließen, die Videos abspielen können. Für das iPhone steht die Zertifizierung noch aus, mittels eines 4-poligen AV-Klinkensteckers lassen sich weitere Videoquellen hingegen jetzt schon anschließen.Brille und Batteriebox sind mit einem Kabel verbunden, an dem auch eine Fernbedienung hängt. Mit der lässt sich beim Filmeschauen blind die Lautstärke verändern, man kann vor- und zurückspulen sowie die Wiedergabe pausieren und erneut starten. Auch lässt sich mit einer Einstellungstaste die Bild-Helligkeit in drei Stufen verändern und die Anzeige von 2D auf 3D umstellen, die dreidimensionale Wiedergabe von Filmen allerdings verlangt entsprechendes Material.Ist der iPod einmal angeschlossen, geht alles ganz einfach: Der Cinemizer, den man zuvor per USB-Kabel aufgeladen hat, lässt sich mit einem einzigen Knopfdruck starten. Sobald man am iPod ein Video abspielt, erscheint es sogleich auf den zwei Mini-Displays, die sich in der Brille verstecken. Laut dem Hersteller simulieren sie mit Hilfe einer Prismen-Optik ein zwei Meter entferntes Display mit 115 Zentimetern Durchmesser. Wer bereits im Video-losen Alltag eine Brille tragen muss, kann diese getrost abnehmen: Am Cinemizer lassen sich Sehschwächen korrigieren, auf beiden Seiten jeweils im Bereich von -3,5 bis +3,5 Dioptrien. Nach 2,5-stündigem Aufladen soll der Akku des Cinemizer laut Herstellerangaben rund 4 Stunden halten – droht der iPod vorher leer zu werden, wird er über den Dock-Connector aufgeladen.Und nun der Selbstversuch: Wir starten Ratatouille und schauen durch die Brille in die zwei Displays, die jeweils 640 auf 480 Bildpunkte auflösen. Zur recht niedrigen Auflösung kommt ein sehr mattes Bild mit ebenso matten Farben, am Mac sah der gleiche Film deutlich besser aus. Auch der verwendete iPod touch stellt das Bild viel brillianter dar. Zudem spiegelt sich im Cinemizer das Bild etwas im Gehäuse, die Ränder der Displays unseres Testgeräts schließen nicht sauber ab und zeigen schmale helle und dunkle Streifen. Doch trotz aller Kritik: Der gewählte Film ist nach etwas Eingewöhnungszeit angenehm anzuschauen und die neue Erfahrung durchaus zu genießen. Am seltsamsten bleibt vielleicht, dass sich das Bild mitdreht, wenn man den Kopf auf die Seite neigt. Ein Flug wird nicht reichen, um sich daran zu gewöhnen.Bleibt die Frage nach der Anwendbarkeit: Wer viel mit dem Flugzeug und dem Zug reist, mag sich ein Gerät wie den Cinemizer wünschen und es zu schätzen wissen – vor allem, wen er ohne Notebook reisen will oder keinen Platz hat, um es vor sich aufzubauen. Trotz des gedrungenen Designs allerdings bleibt die Brille ein sehr auffälliges Accessoire – in der S-Bahn wird sich wohl vorerst kaum jemand trauen, sie zum Betrachten des letzen Video-Podcasts der Tagesschau auch wirklich zu benutzen. Zu kaufen geben wird es das Geräte zunächst nur in Deutschland, und zwar noch vor März exklusiv bei Gravis. Die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers beträgt 369 Euro. Unter www.zeiss.com/cinemizer kann man sich bereits jetzt für einen 14-Tage-Test des Geräts bewerben.