Wer nach einem längeren Installationsprozess zum ersten Mal Snow Leopard startet, wird von Mac-OS X 10.6 vielleicht zunächst enttäuscht sein. Die Fenster sehen gleich aus, es gibt keine neuen Menüs, selbst der Schreibtischhintergrund ist der gleiche wie unter Mac-OS X 10.5. Dass Snow Leopard gegenüber seinem Vorgänger in weiten Teilen neu geschrieben ist und viele neue Technologien Einzug gehalten haben, davon bekommt man zunächst einmal nichts mit.
Neue Icons
So muss man sich schon etwas auf die Suche machen, um die neuen Funktionen im Finder von Mac-OS X zu entdecken. Anfangen kann man mit einer der augenfälligeren Neuigkeiten, den riesenhaften Icon-Größen in Mac-OS X 10.6 . Dazu öffnet man ein beliebiges Fenster, stellt die Icon-Ansicht ein und ruft den Befehl “Darstellungsoptionen einblenden” im Menü “Darstellung” auf. Hier hat man nun die Möglichkeit, Icons bis auf eine Darstellung von 512 mal 512 Pixel zu vergrößern. Selbst auf einem HD-fähigen 24-Zoll-Monitor bringt man so nicht mehr als drei Icons nebeneinander auf den Bildschirm – und fragt sich, wozu das gut sein soll. Eine Erklärung: Filme und mehrseitige Dokumente lassen sich direkt in der Icon-Ansicht abspielen beziehungsweise blättern. So spart man sich den Umweg über Quicklook. Allerdings ist letzteres komfortabler, denn über eine Abspielkontrolle beispielsweise für Filme verfügen die Icons nicht. Auch lassen sich mehrseitige Word-Dokumente nicht wie in Quicklook scrollen. Immerhin: Zusammen mit Quicklook machen größere Icons schon Sinn: So lässt sich in einem mehrseitigen PDF-Dokument oder einer Powerpoint-Präsentation im Icon selbst blättern. Möchte man eine bestimmte Seite genauer betrachten, drückt man die Leertaste und die Datei öffnet sich an dieser Stelle in Quicklook.
Und noch an einer anderen Stelle sind die großen Icons brauchbar: Bei der Dateisuche bieten sie einen guten Überblick über die Suchergebnisse .
TIPP Wenn die Icon-Ansicht nur die generischen Datei-Icons anzeigt, muss man in den Darstellungsoptionen den Befehl “Symbolvorschau einblenden” aktivieren.
TIPP Die Icon-Größe lässt sich auch an einer zweiten Stelle regeln. Blendet man die Fensterleiste aus, indem man auf den transparenten Button rechts oben in der Fensterleiste klickt, erscheint unterhalb des Buttons ein kleiner Schieberegler, mit dem man die Größe der Icons einstellen kann.
Volume auswerfen
Eine Funktion, von der man erst einmal gar nichts mitbekommt, die aber allein schon das Update auf 10.6 rechtfertigt, ist der neue Umgang mit Laufwerken. Wer viel mit verschiedenen Servern, Festplatten oder USB-Sticks arbeitet, kennt das Problem, dass sich ein Laufwerk mit geöffneter Datei nicht auswerfen lässt. Das Mac-OS war da bislang keine große Hilfe, gab es lediglich an, dass sich das Laufwerk nicht auswerfen lässt, weil eine Datei geöffnet ist.
Mit dem Rätselraten, welche Datei noch geöffnet ist, ist in Mac-OS X 10.6 Schluss. Das System gibt hilfreich Auskunft darüber, welches Programm das Auswerfen des Laufwerks verhindert. So kann man das Programm gezielt beenden oder die entsprechende Datei schließen.
Doch damit nicht genug: Ein Programm kann auch beschließen, dass es zwar noch eine Datei geöffnet hat, das Laufwerk trotzdem nicht benötigt. So gibt das Programm das Laufwerk frei und man kann es auswerfen. In der Praxis hat das zur Folge, dass man etwa ein PDF von einem Server in Vorschau geöffnet hat und die Verbindung zum Server trotzdem beenden kann. Auch lässt sich ein USB-Stick entfernen, trotzdem seine Daten noch in einem Programm verwendet werden.
Das Programm Diskimage Mounter, Teil von Mac-OS X, erlaubt es sogar, ein Laufwerk zu entfernen, auch wenn noch ein Disk-Image von dem Laufwerk geöffnet ist. Es schließt dann kurzerhand das Image und lässt das Auswerfen des Volumes zu.
TIPP Den Umgang mit Laufwerken erleichtert dies ganz ungemein, werden doch die Fehlermeldungen wegen benötigter Volumes deutlich weniger. Das kann aber zu unerwarteten Effekten führen. Bearbeitet man eine Datei, die auf einem externen Volume liegt, und entfernt dieses, lassen sich die Änderungen nicht mehr speichern. Versucht man es dennoch, erhält man von Mac-OS X die Mitteilung, dass das Volume nicht gefunden wird und die Aufforderung, die Datei anderswo abzuspeichern. Zu einem Datenverlust führt dies nicht.
TIPP Lediglich bei größeren Dateien ist Vorsicht geboten. Keynote etwa öffnet zwar Präsentationen und lässt auch das Entfernen der Volumes zu, lädt anfangs jedoch nur die Vorschau einer Präsentation in den Arbeitsspeicher. Bilder und multimediale Inhalte lädt Keynote erst später nach Bedarf nach – ist dann das Laufwerk nicht mehr da, sieht die Präsentation unter Umständen recht leer aus.
Verbessert: Tastaturbefehle
Dass sich die systemweiten Tastenbefehle unter Mac-OS X keiner großen Beliebtheit erfreuen, liegt wohl vor allen daran, dass es Apple bislang nicht gerade einfach gemacht hat, diese einzurichten. In Mac-OS X 10.6 ist dieser Malus ausgebügelt. In den Systemeinstellungen findet man nun unter “Tastatur” unter dem Reiter “Tastaturkurzbefehle” ein aufgeräumtes Kontrollfeld, in dem man nach Belieben Tastenkürzel zuweisen kann. Auch den Diensten kann man nun Kürzel zuweisen , etwa um eine Datei per Mail zu verschicken.
TIPP Um dem systemweiten Dienst, eine Datei per Mail zu verschicken, ein Tastenkürzel zuzuordnen, klickt man links in der Liste auf “Dienste”, rechts unter “Messaging” auf den Eintrag “Neue Mail mit Anhang”. Anders als im Dialogfeld beschrieben, klickt man nicht doppelt auf den Befehl, sondern rechts davon in den Leerraum, um ein neues Kürzel anzugeben. Ist das Eingabefeld so aktiviert, drückt man seine Tastenkombination und kann dann beispielsweise im Finder Dateien auf Tastendruck als Mail-Anhang verschicken.
TIPP Ein Nachteil der neuen Dialogbox für die Kurzbefehle ist, dass die meisten Einträge zum Lesen zu lang sind. Auch lässt sich das Fenster nicht vergrößern. Lösung: Hält man den Cursor eine Weile über dem Eintrag, erscheint die kleine gelbe Box mit dem vollständigen Eintrag.
Textersetzung
In Word und anderen Office-Programmen sind sie Standard – nun halten sie auch systemweit in den so genannten Text Services in Mac-OS X Einzug: Symbol- und Textersetzungen zur Erleichterung der Rechtschreibung. Diese Funktion bringt nichts in den großen Office-Paketen, aber es profitieren davon alle Programme, die die Text Services von Mac-OS X verwenden, insbesondere natürlich Textedit.
TIPP Bearbeiten kann man die Ersetzungen in den Systemeinstellungen unter “Sprache & Text”. Hier sind schon ein paar Einträge vorgegeben, man kann aber auch beliebige andere definieren. Klickt man auf das kleine Pluszeichen am linken unteren Fensterrand, öffnet sich ein kleines Eingabefeld für die neue Ersetzung. Nun gibt man zuerst seinen “falschen” Text ein, zum Beispiel “mfg”, danach den “richtigen”, also “Mit freundlichen Grüßen”. Tippt man nun in Textedit das Kürzel “mfg”, ändert Textedit dies automatisch in den angegebenen Langtext.
Leider geht Apple selbst aber nicht mit gutem Beispiel voran: In Mail sind die Text Services immer noch nicht integriert, so dass sich die genannten Einstellungen in Mail leider nicht nutzen lassen. Für andere Programme wie Textedit sind sie aber sehr nützlich.
Datum in der Menüleiste
Eine nützliche Funktion aus Vor-Mac-OS-X-Zeiten hat Apple endlich wiederbelebt. In der Menüleiste lässt sich Uhrzeit und Wochentag anzeigen – auf Wunsch mit Datum.
TIPP Um das Datum in der Menüleiste angezeigt zu bekommen, öffnet man in den Systemeinstellungen den Eintrag “Datum & Uhrzeit” und hakt unter dem Reiter “Uhr” die Option “Datum anzeigen” an.
Fazit
Es sind die vielen kleinen oft versteckten Verbesserungen, die Mac-OS X 10.6 zu einem lohnenden Update machen. Über die hier geschilderten Verbesserungen hinaus trifft man immer wieder auf kleine Änderungen, die die Arbeit mit Mac-OS X erleichtern.