
Ein Artikel von Daniel Bader und Tobias Weidemann
Werfen Sie eine Champagner-Flasche weg, die noch zu einem Drittel voll ist? Genau das passiert, wenn Sie scheinbar leere Tintenpatronen entsorgen. Unsere Schwesterpublikation PC-Tipp hat die Probe aufds Exempel gemacht und die Geräte renommierter Hersteller drucken lassen, bis sie eine neue Patrone verlangten. Danach haben die Kollegen die Kartuschen geöffnet und die Resttinte gemessen. Im Schnitt befanden sich noch 22 Prozent Tinte in den Patronen, in einem Fall sogar knapp ein Drittel.
Das Testverfahren
In unserem Test haben wir aktuelle Drucker und Multifunktionsgeräte von Brother, Canon, Epson, HP und Lexmark mit deren Original-Tintenpatronen geprüft. Ausgewertet wurden nur die schwarzen Patronen, damit sich die Ergebnisse vergleichen lassen. Denn die Hersteller statten ihre Drucker teilweise mit einer einzigen Kartusche für alle Farben aus, teils aber auch mit einer separaten Patrone für jede Farbe. Eine sinnvolle Vergleichbarkeit wäre hier nicht gegeben.
Testverlauf: Zuerst bestimmten wir das Gewicht jeder schwarzen Patrone mit einer geeichten Waage. Danach setzen wir sie in den Tintenstrahler ein und druckten mit dem Gerät, bis es keine Tinte mehr ausgab und nach einer neuen Patrone verlangte. Daraufhin entnahmen wir die Tintenpatrone und wogen sie erneut. Anschließend öffneten wir die Patrone. Die Resttinte lief in ein Gefäß ab, und die Kartusche landete ein drittes Mal auf der Waage. Anhand der drei Messreihen konnten wir den prozentualen Wert ermitteln, bei dem der Drucker den Leerstand meldet.
Das Resultat: Viel Tinte wird verschwendet

In der Tabelle links sehen Sie alle Testergebnisse auf einen Blick. Wichtig: Die Hersteller bieten mittlerweile eine Vielzahl unterschiedlicher Tintenkartuschen an. Deshalb sind unsere Ergebnisse nicht auf alle Patronen eines Herstellers übertragbar.
Alle Patronen sind ISO-zertifiziert, eine bestimmte Füllmenge ist also zugesichert. Umso erstaunlicher sind die Ergebnisse unseres Tests: In den Tintenkartuschen blieb zwischen 15 und 32 Prozent der Tinte zurück. Durchschnittlich waren es 22 Prozent, also über ein Fünftel der Füllmenge.
Am meisten ließen Epsons B-300 und Lexmarks Professional X7675 mit 22 und 32 Prozent übrig. Den niedrigsten Wert schaffte der Brother MFC-990CW, doch auch hier waren noch 15 Prozent Tinte im Tank. Bei den hohen Tintenpreisen ist das mehr als ärgerlich: Eine schwarze Kartusche enthält etwa 8 Milliliter Tinte und kostet im Schnitt 10 Euro. Pro Milliliter sind das rund 1,25 Euro, was dem gigantischem Literpreis von 1250 Euro entspricht. So viel kostet auch eine Flasche des edlen Champagner Dom Pérignon, Oenothèque 1971.
Die Hersteller: Sicherheitspuffer und andere Erklärungsversuche
Schuldbewusst sind die Druckerhersteller trotz des erstaunlichen Resultats nicht. So erklärt etwa Jürgen Jedek, Produktmanager bei Lexmark: “Wir garantieren mit unseren Patronen die von uns spezifi zierte Seitenanzahl in bestmöglicher Qualität. Dem Messverfahren liegt die Zertifizierung ISO/IEC 24711 zugrunde. Der Kunde kann also immer davon ausgehen, diese Seitenzahlen zu erreichen.”
Der Firmenvertreter räumt aber zugleich ein: “Natürlich hängen die tatsächlich erreichte Druckmenge und der Restbestand der Tinte von verschiedenen Faktoren ab, etwa Papierqualität, Luftfeuchtigkeit, Reinigung und dergleichen mehr. Dabei kann unter Umständen ein kleiner Rest in der Patrone übrig bleiben. Das ist eine Art Sicherheitspuffer, der nicht nur den Druckkopf schützt, sondern die Qualität der Ausdrucke unter verschiedenen Bedingungen sicherstellt. Vergleicht man die Effizienz früherer Geräte mit denen der jetzigen, so sieht man deutlich bessere Drucker auf dem Markt. Hatten unsere ersten Drucker Behälter mit 30 bis 50 Millilitern, können wir heute etwa gleich viel mit 6 bis 8 Millilitern drucken.”
Das wirft die Frage auf, warum die Tintenpatronen gleich teuer geblieben sind, also der Kunde nicht davon profitiert.
Darauf antwortet Epsons Technikspezialist Ottmar Korbmacher: “In den letzten zehn Jahren hat sich vor allem die Drucktechnik verändert. Heute muss der Druckkopf mit winzigen Tröpfchengrößen von 1,5 bis 20 Pikoliter (1 Pikoliter = 10 hoch -12 Liter) umgehen – und das bis zu 30.000 Mal pro Sekunde. Der Kunde profitiert zwar nicht von einem günstigeren Preis, aber von einer höheren Druckqualität.”
Erreichte Seitenzahlen: Dass in den Tanks so viel Tinte zurückbleibt, verwundert umso mehr, wenn man einen Blick auf die zertifizierten Seitenzahlen der Geräte wirft: Sie werden trotz gleicher Testbedingungen nicht von jedem Drucker erreicht. Nur die Geräte von Brother, Canon und Epson schafften in unserem Test die eigenen Vorgaben, HP und Lexmark blieben dagegen knapp darunter. Die Ergebnisse unserer Tests zeigen klar:
Schon wenige Milliliter Tinte mehr oder weniger bedeuten einen großen Unterschied bei der Seitenzahl, die gedruckt werden kann. Das kann unterm Strich richtig ins Geld gehen. Wir empfehlen unabhängig davon, wie viel Resttinte verloren geht: Prüfen Sie, ob es für Ihren Drucker Tinten von Fremdanbietern gibt. Diese sind meist deutlich günstiger und qualitativ ebenbürtig. Und falls Sie einen neuen Drucker kaufen wollen: Berücksichtigen Sie die Folgekosten.
Druckkosten sparen: 5 Tipps zu Tinte & Toner
Tipp 1
Entwurfsmodus wählen: Passen Sie die Druckqualität je nach Zweck individuell an. Oft ist der Entwurfsmodus (englisch “Draft-Mode”) gut genug für einfache Ausdrucke.
Tipp 2
Kartusche schütteln: Stoppt der Druck, lässt sich meist mit einem einfachen Trick weiterarbeiten. Nehmen Sie die Patrone aus dem Gerät heraus, und schütteln Sie sie vorsichtig. So verteilt sich die Restinte im Behälter gleichmäßig. Das klappt übrigens auch mit Tonerkartuschen von Laserdruckern.
Tipp 3
Düsen säubern: Nach längerer Druckpause kann es passieren, dass Tinte an den Düsen eintrocknet. Benetzen Sie die Patrone vorsichtig mit lauwarmem Wasser, und wischen Sie die störende Schicht mit einem feinen Tuch sanft weg. Anschließend lassen Sie per Treiber die Düsen reinigen.
Tipp 4
Fremdtinte günstiger: Sind Sie mit dem Druckvolumen der Originalpatrone unzufrieden, können Sie auf Kartuschen von Fremdanbietern (zum Beispiel Pelikan) ausweichen. Sie sind ebenfalls ISO-zertifiziert und in vielen Fällen deutlich günstiger zu haben als die Originalprodukte.
Tipp 5
Folgekosten einkalkulieren: Berücksichtigen Sie bereits beim Druckerkauf die Folgekosten. Ein günstiges Gerät kann teuer werden, wenn es für Tinte oder Toner kaum Angebote preiswerter Alternativen gibt.