
1989: Der tragbare Mac
Denkt man an das gestern erwähnte Next und Apple sieht man die ein oder andere Parallele zu den historischen Ereignissen 1989ff. Hie wie da kam wieder zusammen, was zusammen gehört, auch wenn es bis zur Wiedervereinigung der Jobs-Firmen noch bis 1996 dauerte. Vom größeren Fusionspartner zum kleineren floss ein nicht unerheblicher Geldbetrag und mittlerweile hat jemand aus dem einst kleineren Teil das Sagen im Laden. Gut, hier enden die Parallelen, Steve Jobs war zuvor schon “hüben”, hat das Ruder nur kurz nach seiner Rückkehr von “drüben” übernommen und muss weder Koalitionspartner noch Wahlen fürchten…
In unserer Retrospektive der Mac-Geschichte sind wir im Jahr 1989 angekommen, in dem Apple Steve Jobs’ Jahre zuvor gehegten Traum von einem tragbaren Computer endlich wahr werden ließ. Streng genommen war schon der erste Mac ein Computer-To-Go, aber von der angestrebten Buchform (BookMac, Macbook) noch weit entfernt. Und wenn wir es weiter streng nehmen, kann man auch den 1989 vorgestellten Mac Portable nicht als Laptop bezeichnen, es sei denn, man verfügt über Oberschenkel aus Stahl. Das Maschinchen (siehe Abbildung links) wog sieben Kilogramm, etwa dreimal so viel wie ein heutiges 15-Zoll-Macbook-Pro. Der Grund waren die Bleisäurezellen, die Apple zur Energieversorgung eingebaut hatte. Klingt nicht nur finster, wog auch schwer, garantierte dem “Mac Luggable” aber Energie für zwölf Stunden. Moderne Macbooks halten deutlich kürzer durch, mit dem neuen 17-Zoll-Modell will Apple immerhin bis zu acht Stunden Akku-Laufzeit gewährleisten , solange man den Rechner nicht zu hart ran nimmt. Auf dem Markt durchgesetzt hat sich der Macintosh Portable trotz seiner echten Tastatur, des damals revolutionären Trackballs, des gestochen scharfen LC-Displays mit Aktivmatrix und der Leistungsfähigkeit des Mac SE nur zögerlich. Der Preis von fast 6.000 US-Dollar war ein nicht zu verachtendes Hindernis, dafür kriegt man heute drei Macbook Pro 15 Zoll in der Grundausstattung. Beim Preis pro Masse ist Apple also ungefähr konstant geblieben. Erst ein Nachfolgemodell von 1991 kam mit Hintergrundbeleuchtung des Bildschirms daher, zuvor war der tragbare Mac nur bei direktem Lichteinfall zu gebrauchen. Gleichwohl war Apple technisch der Konkurrenz voraus, mit den 1991 eingeführten Powerbooks legte Cupertino den Grundstock, von dem das Unternehmen heute noch zehrt. Denn mittlerweile verkauft die Industrie mehr tragbare Rechner als Desktops, nicht zuletzt wegen drahtloser Kommunikationsmöglichkeiten. Wer erstmals eine WLAN-Karte in ein Consumer-Notebook einbaute, brauchen wir hier nicht extra zu erwähnen. Wir erinnern uns alle noch an Phil Schillers Sprung von der Bühne während der Macworld Expo 1999 in New York, das drahtlos vernetzte iBook in den Händen. In den USA hält Apple mittlerweile einen Notebookmarktanteil von etwa 20 Prozent, Tendenz steigend.
Powerbook kommt Jahre vor PowerPC


Das erfolgreiche Powerbook ließ Apple 1991 auf seine Kundschaft los, bis 1993 wurden mehr als eine Million Exemplare verkauft. Obwohl der Name es nahe legt, waren in den ersten Powerbooks keine Power-PC-Chips eingebaut. Diese kamen erst 1995 in Mobilrecher, das Powerbook 5300 schädigte Apples Ruf jedoch enorm. Unter hohem Erwartungsdruck entwickelt, waren die Laptops technisch unausgereift in den Handel gekommen. Als etliche Exemplare spontan Feuer fingen, war bei Apple Feuer unterm Dach und der Mac-Hersteller kurz vor der Pleite.

Im Oktober 1989, als in Europa der Eiserne Vorhang langsam fiel und ein neues Kapitel der Einigung aufgeschlagen wurde, trennten sich in den USA zwei Geschäftspartner. Schon gestern hatten wir erwähnt, dass Apple zusammen mit einer Firma namens Quantum den Online-Dienst Apple Link betrieb. Steve Case, ehemaliger Apple-Mitarbeiter und mittlerweile bei Quantum Vizepräsident, verfolgte mit seiner Firma ab 1989 eine Programm, das sich in einem Namen für das Unternehmen niederschlug: A merika O n L ine zu bringen, AOL . Ohne Apple und ohne Zweifel wurde AOL zum erfolgreichsten proprietären Internetdienst und weltgrößten Provider, ist mittlerweile aber wieder auf dem absteigenden Ast. Den AOL-Client braucht kaum noch ein Mensch, überlebt hat eigentlich nur noch das Chatsystem AIM. Apples iChat greift beispielsweise auf dieses System zurück, man trifft sich ja oft zweimal im Leben: Beim Aufstieg und beim Abstieg. Zu den Absteigern der letzten Jahre darf man AOL zweifelsfrei zählen, der vom virtuell megareichen Internetemporkömmling 2001 übernommene Medienkonzern Time Warner ist nicht nur im Namen wieder frei von AOL: 2007 erfolgte die Trennung. Es wuchs nicht zusammen, was nie zusammen gehörte.
1990: Plan Be

Die 90er-Jahre hatten für Apple gut begonnen, ehe Mitte des Jahrzehnts die Firma beinahe Bankrott ging um zur Jahrtausendwende hin sich prächtig zu erholen. 1990, im mittlerweile siebten Mac-Jahr: nähert sich Apples Gewinn nähert der 500-Millionen-Dollar-Grenze, bis zum Ende des Kalenderjahres sollte Apple insgesamt 4,65 Millionen Macs abgesetzt haben. John Sculley hatte ganze Arbeit geleistet, in den frühen 90ern wurde die Produktpalette aber unübersichtlich. Der noch unumstrittene CEO wollte Apple auf drei Säulen stellen und in den Märkten für Heimanwender, Unternehmen und Bildungseinrichtungen gleichermaßen vertreten sein. Gleiche Produkte sollten unter unterschiedlichen Namen auf verschiedene Marktsegmente gelangen, Apples Ausgaben für Marketing und Produktion in Folge dramatisch steigen.

Die neuen Produkte des Jahres 1990 waren noch halbwegs übersichtlich und besetzten die extremen Positionen in der Produktpalette: Während der Mac IIfx mit einem Einstiegspreis von 9.870 US-Dollar der teuerste Mac aller Zeiten ist, erfand Apple mit dem Mac LC (Low Cost) auch den Computer in der Pizzaschachtel. Wir erinnern uns an 1989: Das erste Mac Portable war noch ein klobiges Gerät, der LC hingegen setzte neue Maßstäbe für einen Desktop-Computer. Die Pizzaschachtelform zog Apple noch mehrmals für die Gestaltung eines seiner Rechner heran, etwa für die Modelle der 6100-er Reihe, oder etwas dicker für den beigen G3-Desktop und etwas länger für den Xserve.

Der wahre Low-Cost-Mac des Jahres 1990 enttäuschte jedoch: Apple legte den ersten Mac einfach neu auf, als Mac Classic. Bis in den Oktober 1990 war der originale Mac als Modell “Mac Plus” mit seinem 3,5-Zoll-Floppy-Drive und dem bis auf 4 MB erweiterbaren Speicher auf dem Markt. Als Nachfolger kam der Mac Classic mit dem von Apple “Superdrive” genannten 1,4-Zoll-Diskettenlaufwerk heraus. Die Kundschaft empfand den mit einem 8-MHz-Prozessor ausgerüsteten Mac Classic aber als recht langsam. Das Zeitalter der All-In-One-Rechner neigte sich dem Ende entgegen, die geschlossenen Performa-Kisten konnten nicht mehr so recht begeistern. Erst 1998 sollte das wahre Comeback des klassischen Mac-Konzepts anstehen.
Gassée muss gehen

Nur wenige Wochen vor der Markteinführung des Mac Classic verließ Jean-Louis Gassée das Unternehmen. Seit der Entmachtung und dem Ausscheiden des Gründers Steve Jobs hatte Gassée einige seiner Funktionen inne, er zeichnete etwa als Chef der Entwicklungsabteilung verantwortlich. Als solcher wusste er um die Schwächen des entscheidenden Mac-Merkmals: Das Betriebssystem, mit dem Mac IIfx auf Version 6.0.5 aktualisiert, hatte seine besten Zeiten gesehen. Nicht nur musste sich Betriebssystem des Angriffes aus Redmond erwehren, eine deutliche Schwäche konnte es auch neun Jahre später, als es mit dem Namen Mac-OS 9.2.2 zum letzten Male aktualisiert wurde, nicht verhehlen: Die fehlende Multitasking- und Multithreading-Fähigkeit. Seit System 6 erst konnte neben dem Finder noch ein Anwendungsprogramm gleichzeitig laufen, das 1991 veröffentlichte System 7 kam erstmals mit 32-Bit-Adressierung und Filesharing. Stürzte ein Programm unter dem klassischen System ab, riss es of den gesamten Computer mit, da einzelne Prozesse nicht in voneinander abgeschirmten Speicherbereichen liefen. Gassée forderte seinen Arbeitgeber auf, ein vollkommen neues Betriebssystem zu entwickeln, konnte sich aber nicht durchsetzen. So wie Jobs nach Apple sein NeXTes Abenteuer anging, hatte auch Gassée einen Plan B. Oder vielmehr einen Plan Be: Be OS war die Antwort auf Apples zögerliche OS-Politik. Beinahe wäre der Plan auch aufgegangen und Apple hätte in der zweiten Hälfte der Neunziger Be samt Betriebssystem übernommen. Das Rennen um die Zukunft des Mac-Betriebssystems machte dann aber ein anderer, wir kennen ihn: Steve Jobs. Gassée verkaufte seine Firma an Palm, wo er bis 2005 Aufsichtsratsvorsitzender war. Ob Technologien von BeOS noch im heutigen Palm-Betriebssystem arbeiten, ist nicht unwahrscheinlich, wurde aber niemals offiziell bestätigt. Nach Jahren der Krise versucht Palm sich nun an Apple zu orientieren, das Smartphone Palm Pre kommt mit einem Touchscreen, GPS und WiFi. Und einem neuen Betriebssystem, “Web OS”. Anders als es auf dem iPhone möglich ist, soll Palms neues System mehrere Programme gleichzeitig ablaufen lassen. Ob da noch eine Spur von Be drin ist?
Das Ende von Be OS war eher traurig, im Jahr 2000 verteilten einige Computerzeitschriften das auf Intel- und Power-PCs lauffähige Betriebssystem auf ihren Heft-CDs, wir von Macwelt konnten dem gar nicht zusehen und verzichteten darauf. Zumal stand das auf Next-Entwicklungen aufbauende Mac-OS X in den Startlöchern, mit der im September zur Apple Expo herausgegebenen Public Beta. Diesem System sollte die Zukunft gehören…
1991 – Quicktime: Die Welt wird bunt

Was macht eigentlich einen Mac aus? “It’s the software stupid”, würde Steve Jobs in seiner unnachahmlichen, charmanten und direkten Art sagen. Ja, meinen Analysten wie Ross Rubin oder Michael Gartenberg : Mac-OS X ist der Schlüssel zu Apples Erfolg . Sonst wäre der Mac heutzutage nichts weiter als eine hübsche Windows-Maschine. Den Mac zu bedienen, macht einfach Freude und keine großen Schwierigkeiten. Einen anderen Ruf hat der Mac seit 1991 weg: Er ist die ideale Maschine für Multimedia. Heute muss man das zwar ein wenig relativieren, auch unter Windows kann man gut Bilder verwalten, Musik hören oder Videos schneiden. Mit Windows Media kam Microsoft jedoch zu spät: Mit aller Gewalt versuchte Redmond seinen Standard durchzusetzen, was dem Konzern einen mehrjährigen Kartellprozess mit Rekordstrafe einbrachte, die Microsoft erst im Oktober 2007 akzeptierte .
Seit das Desktop-Publishing in den neunziger Jahren seinen Siegeszug angetreten und Bleisatz wie Klebesatz den Todesstoß versetzt hat, gilt der Mac als der Top-Computer für Grafik, Layout und Multimedia. Schuld haben daran nicht nur in den Achtzigern gegründete Firmen wie Adobe, Aldus (1994 von Adobe übernommen) oder Quark, sondern auch Apple selbst. Mit Powermaschinen wie dem oben erwähnten Macintosh IIfx, ab 1991 den Quadras und später den G3-Macs. Und mit einer Software, die von 1991 bis heute kaum beachtet ihren Dienst verrichtet: Quicktime, seit System 7 fester Bestandteil des Mac-Betriebssystems.
Verklag’ mich doch!

Nein, Quicktime ist weit mehr als der Quicktime-Player, Quicktime ist eine komplette Multimedia-Architektur für Mac-OS (X) und mittlerweile auch Windows mit Framework, Programmierschnittstellen und Dateiformaten. Die EU-Kommission hätte vielleicht dem Markt die Entscheidung über das Format der Wahl lassen sollen, anstatt Microsoft zu zwingen, Windows auch ohne Windows Media zu verkaufen – zum gleichen Preis wie “mit”. Denn auch iTunes setzt auf Quicktime, die von Youtube für iPhone, iPod Touch und Apple TV kodierten Filme stehen im Quicktime-Format H.264 bereit. Selber schuld, wer heute nur Windows Media oder Real Media verwendet.
Auch aus dem professionellen Umfeld ist Quicktime nicht weg zu denken, in Musik- und Videoproduktion setzen Programme wie Logic oder Final Cut Pro auf Quicktime. 1991 wurde die Welt also bunt und klangfarbenreich.

Allerhand Unsinn kann man mit Farbe und Ton am Mac natürlich schon anstellen, versuchen Sie doch etwa einmal, sich von Ihrem Rechner die eingegangen iChat-Nachrichten vorlesen zu lassen. Zum Kringeln, diese amerikanischen Computerstimmen! Sinnvoll ist es sicherlich, diversen Aktionen wie eingehender Mail oder aufpoppenden Fehlermeldungen Klänge zuzuordnen. Mit System 7 führte Apple 1991 etwa den Systemklang “Sosumi” ein, kurz für “So sue me!” – “Verklag mich doch!” Wie Steve Jobs erst 2006 zugab, benannte er seine Firma bewusst nach dem Plattenlabel der Beatles, Apple Records. Als Briten waren diese jedoch “not amused”, gewährten den jungen Kaliforniern aber die Markenrechte für den ausschließlichen Gebrauch im IT-Markt – Musik und Computer, das passte damals nicht zusammen. Mit System 7 änderte sich das radikal, erlaubte das System doch die Aufnahme eigener Systemklänge. Zuvor hatte Apple schon einige Musikhardware und -software veröffentlicht, die Beatles klagten, weil sie den Sinn der Vereinbarung verletzt sahen. Im Oktober 1991 einigte man sich in einem Vergleich, in dessen Rahmen Apple 26,5 Millionen US-Dollar zahlte. Frech schmuggelte man einen Xylophon-Dreiklang unter die Systemtöne und erklärte offiziell “Sosumi” hieße auf japanisch “fehlende Musikalität”. Erst mit dem iPod und iTunes brandete der Streit erneut auf, um 2006 endgültig geschlichtet zu werden.
1992 – System 7.1, Windows 3.1, Nextstep 3.0
1992: Dänemark wird quasi aus dem Strandkorb heraus Fußball-Europameister, der Münchener Flughafen zieht raus aus der Stadt, Koblenz wird 2000 Jahre alt und die UN-Konferenz über Umwelt und Entwicklung zeigt, dass sich Ökologie und Ökonomie keineswegs ausschließen. Weniger schön im Jahr 1992: Der Balkan-Krieg zwischen Serben, Kroaten und Bosniern eskaliert, die Illustrierte Quick stellt ihren Betrieb ein, der Münchener Flughafen macht sich im Erdinger Moos breit und Willy Brandt stirbt 78-jährig. Und wo war Apple 1992?
Alles in allem noch in ruhigem Fahrwasser, wenngleich das Unternehmen eine entscheidende Schlacht im Krieg gegen Microsoft verlor. Wie wir bereits gestern erwähnt hatten, stellte die Justiz 1992 fest, dass die meisten Eigenschaften von Windows der Lizenzvereinbarung von 1985 entsprachen. Microsoft bringt im gleichen Jahr mit Windows 3.1 auch den ersten ernstzunehmenden Konkurrenten des Mac-Betriebssystems auf den Markt, die Versuche davor konnte man getrost als Übungen betrachten. Der Weg zur Dominanz war eingeschlagen, Apple konnte wenig dagegen ausrichten. Ein neues Betriebssystem war noch nicht in Sicht – Apples Stern begann zu sinken. Immerhin: Das 1992 auf den Markt gekommene System 7.1 beherrschte Multithreading und war technisch der Konkurrenz aus Redmond noch voraus. Das große Plus: Anstatt das Rad jedes Mal neu zu erfinden, blieb Apple mit seinem System rückwärtskompatibel. Microsoft zeigte sich in der Hinsicht weniger sentimental oder einfach nur ökonomischer ausgerichtet: Mit jedem Windows-Update sind auch noch heute Investitionen in Software und Hardware unabdingbar.
Die Einsicht, dass die Zeit des klassischen System abgelaufen und es Zeit für den Befreiungsschlag war, musste in Apples Führungsetage nach dem Windows-Urteil aber noch zwei Jahre lang reifen. Außerhalb Apples werkelten die potentiellen Apple-Retter bereits an ihren Betriebssystemen, Jean-Louis Gassée mit Be an Be OS und Steve Jobs mit Next an Nextstep.
Das nexte Abenteuer

Next-Rechner mussten sich Ende der Achtziger und Anfang der Neunziger keineswegs hinter denen von Apple verstecken, es gelang Steve Jobs neuer Firma aber nie, profitabel zu werden. Da halfen auch Finanzspritzen des texanischen Multimilliardärs Ross Perot wenig, der im Jahr 1992 für das Amt des US-Präsidenten kandidierte, zurück zog und erneut antrat. Wahrscheinlich hat nur der Wankelmut des Geschäftsmannes George Bush dem Älteren die Präsidentschaft gekostet, bis zu seinem Rückzug hatte Perot gute Chancen, dem aussichtsreichen Kandidaten Bill Clinton entscheidende Wahlmännerstimmen abzunehmen. Nach dem Comeback war Perot chancenlos. Der Ausgang der Wahl ist bekannt, angeblich hätte Steve Jobs das Angebot erhalten, nach der Vereidigung Clintons in dessen Kabinett einzutreten. Stattdessen holte Jobs später den 1992 zum Vizepräsidenten gewählten Al Gore in den Apple-Aufsichtsrat.
Während das Hardwaregeschäft Next nicht über Wasser halten konnte, verlegte sich die Firma auf Software. Im Januar kündigte Jobs an, mit Nextstep 3.0 eine weitere stark verbesserte Version des Objekt orientierten und auf den FreeBSD-Unix-Kernel basierenden Betriebssystems im Sommer auszuliefern. Statt Juni wurde es September, wir kennen das irgendwie von der im Jahr 2007 verzögerten Leopard-Premiere. Während 2007 angeblich das iPhone Schuld war, zog sich vor 17 Jahren wohl vor allem die Portierung des Systems für Intel-Prozessoren in die Länge. Im Jahr 1992 wurde quasi der Grundstein für Apples Intel-Switch gelegt, als Steve Jobs beschloss, mit dem Betriebssystemanbieter Microsoft um die Gunst der PC-Hersteller zu werben. Apple warf erst Jahre später ein Auge auf das ursprünglich für Motorolas 68k-Chips und dem PPC entwickelte Nextstep. Am 10. Februar 1993 wurde Next offiziell zu einer reinen Softwareschmiede: Jobs kündigte an, das Hardwaregeschäft an Canon zu verkaufen, mehr als 500 Mitarbeiter verloren ihre Jobs bei Jobs. Als Apple Next übernahm und Steve Jobs zurückholte, geschah das vorwiegend aus dem Grund, in der eigenen OS-Entwicklung gescheitert zu sein. Das Copland-Projekt erwies sich als Fiasko, nur wenige Techniken und Optiken hielten Einzug in Mac-OS 8, das 1997 System 7 ablöste. Die Entwicklung von Mac-OS 8 trug nur intern die Codenamen Tempo und Maxwell, erst mit Mac-OS X 10.2 Jaguar bekamen Apples Betriebssysteme ihre internen Namen auch offiziell verpasst.
1993 – Der Newton löst Apples Krise aus

Apple, das sich als Initiator der PC-Revolution bezeichnet, darf sich mit Fug und Recht als der Erfinder des Taschencomputers feiern lassen. Den von Apple mit dem PDA (Personal Digital Assistant) geschaffenen Markt besetzten aber rasch andere Anbieter, Palm sei beispielhaft genannt. Ironie der Geschichte: Palm seinerseits hat nie so recht den Absprung vom PDA- zum Smartphonehersteller geschafft und droht in der Versenkung zu verschwinden, während Nokia als neuer Platzhirsch den Markt beherrscht. Nicht mehr lange, meinen nun Experten, in vier Jahren wird Apple die Nase vorne haben und mit dem iPhone – und möglichen Varianten – 2013 40 Prozent des Marktes halten. Palm seinerseits versucht nun mit dem Palm Pre das Comeback .
Der Apple-CEO John Sculley muss im Herbst 1993 den von ihm lange erfolgreich geführten Konzern verlassen, nachdem er im Sommer schon auf Druck des Aufsichtsrates seinen Geschäftsführerposten an den gebürtigen Berliner Michael Spindler abgetreten hatte. Nach dem bisherigen Rekordgewinn von über 500 Millionen US-Dollar im Jahr zuvor stürzt Apples Überschuss 1993 auf unter 100 Millionen US-Dollar ab. Das Unternehmen schliddert in Krise, vor allem weil die Produktpalette extrem unübersichtlich geworden war. Kaum ein Kunde im Home-, Business- und Educationbereich verstand all die Typen von Performas, Quadras und Centris’. Nicht von ungefähr betonte Jobs nach seiner Rückkehr Ende der Neunziger die einfache Produktmatrix: Für Consumer und Profis gab es je ein Desktop- und ein mobiles Modell mit Ausstattungsvarianten, mittlerweile sind Apple einige Erweiterungen der Linie wie Mac Mini und Xserve gelungen, ohne das klare Angebot zu trüben.
Sculleys Sargnagel
Als finaler Stolperstein von John Sculley erwies sich der Newton, dem der von Technik wenig verstehende CEO sich als Herzensprojekt verschrieben hatte. Wie einst Jobs zu den Mac-Entwicklern stieß und sie – nicht jeden freiwillig – unter seine Fittiche nahm, erklärte Jahre später Sculley den Newton zur Chefsache, als ihn das Zwischenergebnis einer einst vom Gassée-Protegé Steve Sakoman ins Leben gerufenen Projektgruppe begeisterte.

“Nicht weniger als eine Revolution” hat Sculley 1992 auf der Consumer Electronics Show versprochen und das Entwicklerteam des Newton noch weiter unter Druck gesetzt. Die Kinderkrankheiten des schließlich 1993 auf den Markt gekommenen Gerätes waren schwerwiegend, die Handschriftenerkennung lieferte lustige Resultate, Software und Erweiterungen kamen erst später heraus. Schlussendlich lag der Preis von 700 US-Dollar deutlich über dem, was Anwender für den Newton auszugeben bereit waren. Die Konkurrenz war günstiger und effektiver. Anstatt Handschriften zu erkennen zu wollen, entwickelte Palm für seine PDAs eine eigene Kurzschrift namens Graffiti . Dennoch eroberte sich der Newton eine treue Fangemeinde, die über sein Ende im Februar 1998 schockiert war. Kurz horchte die Community auf, als Apple 2002 in Mac-OS X 10.2 Jaguar die Handschriftenerkennung Inkwell integrierte, zusammen mit dem iPod, könnte man da nicht?… Apple ging bekanntlich einen anderen Weg: “Wer braucht schon einen Eingabestift?” lautet das iPhone-Credo. Der Newton bleibt aber in den Herzen der Macianer als der beste Erfolg, den Apple nie hatte.

Die Zeit war einfach noch nicht reif, heute geben Kunden ohne zu zögern 750 bis 800 Euro über zwei Jahre für ein iPhone aus. Der von Sculleys ausgelöste Zeitdruck manifestierte sich erneut im Produktnamen, “Newton” war nur der interne Projektnamen. Wer weiß, ob ein “PocketMac” oder ein “AppleAssistant” nicht erfolgreicher gewesen wäre. Der Projektgruppe und Apples Marketing gelang es nach Sculleys voreiliger Ankündigung aber nicht mehr, einen aussagekräftigen Produktnamen zu erfinden.
Während seinerzeit der Mac-Vorgänger Lisa womöglich nach Steve Jobs’ unehelicher Tochter benannt war und Apple offiziell das Akronym “Local Integrated Software Architecture” erfand, bezog sich das Newton-Projekt auf Apples erstes Firmenlogo. Denn noch vor dem gestreiften angebissenen Apfel verwendete Apple ein Logo im Holzschnitt-Design, das den Physiker und Mathematiker Isaac Newton unter dem Apple-Baum sitzend zeigte. Dem Newton aber alleine die Schuld an der Existenz gefährdenden Krise zuzuweisen, wäre auch nicht korrekt, wie wir morgen im dritten Teil der Macintosh-Geschichte zeigen werden.