
Nachdem beim Vorgänger grundlegende Neuerungen eingebaut wurden hat Apple bei der neusten Auflage von Logic Studio vor allem unter der Haube gewerkelt. Das ist aber kein Grund das Update als Kosmetik abzutun, einige der Neuerungen haben es in sich und bringen gerade für die Nachbearbeitung einige Vorteile. Flextime ist sicher eine davon oder der Drum Replacer.








Apple hatte Logic im Jahr 2002 von der deutschen Firma Emagic, durch die Übernahme der Firma, eingekauft. Zwei Jahre später stellte Apple Logic mit dem Anhängsel “Pro” in der Version 7 vor. Logic Pro 7 bestand aus einer Zusammenstellung von mehr als 20 Emagic Produkten. Sozusagen das Beste von Emagic in einem Produkt. Danach war es eine Weile ruhig um Logic Pro, bis Apple im September 2007 Logic Studio und damit die Version 8 von Logic Pro vorgestellte. Logic Studio wurde zu einer kompletten Musik-Suite ausgebaut. Mit Programmen zum Schreiben von Stücken, zur Aufnahme, zum Mixen, Editieren und für Live-Darbietungen. Wie viel sich davon der neue Version von Logic Studio geändert hat, schauen wir uns nun im Detail an.
Paketinhalt und Installation
Neben den insgesamt 200 neuen Funktionen hat es auch eine neue Verpackung erhalten. Nicht nur den Postboten wird es freuen, dass das Paket massiv geschrumpft ist und von sieben auf ein Kilogramm abgespeckt hat. Dies liegt vor allem daran, dass die Handbücher nicht mehr in gedruckter Form, sondern als PDFs in der integrierten Hilfe eingebaut sind.
In der lediglich CD grossen Box liefert Apple drei kleine Booklets mit: Installieren von Logic Studio, Erste Schritte mit Logic Pro 9 und Erste Schritte mit Mainstage 2. Die Booklets mit einem Umfang von 170 Seiten im Fall von Logic Pro und 80 bei Mainstage erlauben einen schnellen Einstieg in die Materie. Dank Schritt-für-Schritt Anweisungen und Erklärungen von Schlüsselkonzepten findet man sich schnell zurecht.
Die Software ist auf 9 DVDs verteilt, darunter auch eine mit drei Demo-Projekten. The Killers haben “Spaceman” beigelegt, von Lilly Allen findet sich “The Fear” und von Santigold ist ein Remix von “You’ll Find A Way” dabei. In der Jam Pack Sammlung sind über 20 000 Apple Loops und mehr als 250 Instrumente. Dies ist sicher einer der Gründe die für Logic Studio sprechen, denn keine andere Software bietet eine so reichhaltige Sammlung von Loops und Instrumenten an, die bereits im Grundpaket inbegriffen sind.
Für die Installation des gesamten Pakets auf dem Mac muss man schon einen halben Tag einrechnen und mindestens 40 Gigabyte freien Speicher auf der Festplatte. Drei zusätzliche Gigabyte braucht, wer die drei Demoprojekte auf der Festplatte haben will. Mit einer angepassten Installation kann, je nach Bedarf, einiges an Festplattenspeicher eingespart werden. Die Soundeffekte belegen rund 23 Gigabyte und die Jam Pack-/Garage Band Inhalte schlagen mit fast vier Gigabyte zu Buche. Erstaunlich ist die Gewichtszunahme von Logic Pro, dieses ist von 250 Megabyte, bei der Version 8, auf 730 Megabyte der aktuellen Version 9 geschnellt. Der Grund dafür liegt in der integrierten Hilfe. Sie ist 80 Megabyte schwer und in sechs Sprachen vorhanden.
Im Studio mit Logic Pro 9.0
In den letzten zwei Jahren, seit der Version 8, hat sich bei Logic Pro 9.0 einiges verändert, das meiste allerdings unter der Oberfläche. Beim ersten Start nach der Installation lassen sich keine Unterschiede zur Vorgängerversion feststellen.
Logic Pro hat alles in einem Fenster untergebracht, was die hohen Anforderungen an die Bildschirmauflösung mit mindestens 1280 mal 800 Pixel erklärt. Was schnell ins Auge sticht, ist das neue Flextime Ikon auf der Werkzeugleiste. Dies ist auch eine der größten Neuerungen. Apple hat den Audio-Motor von Logic neu gebaut. Damit ist es nun möglich, das Timing und Tempo von Audiomaterial einfach und schnell zu verändern. Das ist nützlich, wenn man zum Beispiel zwei Tonspuren hat, die vom Timing nicht genau aufeinander abgestimmt sind. Man möchte eine Spur einzeln, oder Teile darin, dehnen oder verkürzen.
Vor allem für die Nachbearbeitung von Aufnahmen ist dies ein großer Vorteil. Man muss die “nicht so ganz perfekten” Takes nicht noch einmal neu aufnehmen. Mit Hilfe des Flex-Werkzeuges bringt man sie nachträglich in die passende Form. Das geht natürlich nicht nur mit eigenen Aufnahmen sondern mit jeglicher Art von Audiomaterial. So können mitgelieferte Loops schnell nach Lust und Laune gedehnt oder verkürzt werden, ohne das man den Editor bemühen muss.
Praktisch ist auch das Anpassen des Tempos von mehreren Spuren gleichzeitig. So kann man nun irgendwelche Loops zusammen arrangieren, egal in welchem Tempo sie aufgenommen wurden. Dank des neuen Audio-Motors geht dies nun mit einigen wenigen Klicks.
Mit Flex Time hat Apple freilich das Rad nicht neu erfunden. Die Möglichkeit Tempo und Timing anzupassen, bieten verschiedene Musikprogramme schon länger. Bei Live von Ableton oder Steinbergs Cubase heißt die Funktion “warping”. Die Funktionsweise ist aber immer etwas unterschiedlich. Der Vorteil wenn man, wie Apple hier, zuletzt kommt ist, dass man sich von allen das Beste nehmen und beim eigenen Produkt einbauen kann. So lassen sich mit Logic Pro nicht nur Loops als ganzes, sondern auch jede Sequenz innerhalb einer Loop einzeln bearbeiten.
Falls beispielsweise bei einer Gesangsaufnahme das letzte Wort des Refrains zu kurz ist, braucht man den Künstler nicht noch einmal vor das Mikrofon zu bemühen. Mit dem Flex Tool kann man nur das letzte Wort in die gewünschte Länge ziehen, ohne dass das Einfluss auf den Rest der Aufnahme hat.
Neues für Gitarristen
Aber auch für Gitarristen bietet Logic Pro zwei neue Plug-Ins mit hohem Suchpotential: der Amp Designer und das Pedalboard. Apple hat 25 bekannte Verstärker und ebenso viele Lautsprecherboxen, sowie drei verschiedene Mikrofontypen detailgetreu in digitaler Form nachgebildet. Diese können nach belieben kombiniert und zum individuellen Rig zusammengestellt werden. Mit dem Pedalboard hat man sogar noch mehr Möglichkeiten. 30 Bodeneffekte stehen zur Verfügung und können nach belieben hinzugefügt und frei angeordnet werden. Auch hier hat Apple viel Arbeit ins Detail gesteckt, um Schieber und Regler möglichst echt aussehen zu lassen, damit nebst Ohr auch das Auge nicht zu kurz kommt.
Eine weitere Funktion, die viel Zeit und Geld einspart ist der Drum Replacer. Damit können Schlagzeugaufnahmen oder bestehende Loops mit wenigen Klicks ersetzt oder gedoppelt werden, damit eine bessere Klangfülle entsteht. Bislang benötigte man dafür eine teure Zusatzsoftware, beispielsweise Drumagog. Der integrierte Drum Replacer macht im Test einen ordentlichen Job, mit den Möglichkeiten von Drumagog kann er jedoch nicht mithalten.
Der Belastungstest
Wie schon bei Version 8 unterziehen wir auch Logic Pro 9.0 einem Belastungstest. Er läuft auf einem Macbook Pro mit einem umfangreichen Audio-Projekt, das mehr als 250 Tonspuren, 70 Marker und über 50 Effekte verwendet. Fazit: Je mehr Speicher desto besser. Mit den minimalen Speicheranforderungen von zwei Gigabyte stoßen wir an die Grenzen und Logic Pro. Eine Dialogbox ermahnt uns häufig daran und stoppt die Wiedergabe.
Was die Stabilität und das Leistungsvermögen anbelangt verhält sich Logic Pro zuverlässig und stabil. Wir können es nicht zum Ruckeln oder gar zum Absturz bringen. Sowohl das merkwürdige Verhalten beim Versetzen von Markern, das in Version 8 noch zu Abstürzen führte, als auch die verzögerte Reaktion bei vielen stumm geschalteten Spuren, ist in der neuen Version behoben.
Auf der Bühne mit Mainstage 2
Mit der ersten Version von Logic Studio hat Apple erstmals das Tool Mainstage vorgestellt. Mainstage bietet Zugriff auf alle Instrumente und Effekte von Logic Studio. Zudem liefert es die Integration und vielfältige Konfigurationsmöglichkeiten für externe Audio-Hardware. Damit kann man sich eine individuelle Umgebung für Live-Auftritte zusammenstellen.
Die Vorteile von Mainstage liegen zum einen in der einfachen Konfiguration und zum anderen in der großen Flexibilität. So kann das Layout von Mainstage frei gestaltet werden und die darauf platzierten Regler und Knöpfe sind schnell und einfach konfiguriert.
Die zwei größten Neuerungen in Mainstage 2 sind das Playback- und das Loopback-Plug-In. Mit dem ersten kann man sich auf der Bühne von einer virtuellen Band begleiten lassen. So lassen sich die Audiospuren mit allen Effekten vorab aufnehmen und zur Live Performance abspielen.
Mit dem Loopback Plug-In lassen sich Aufnahmen in eine Schleife bringen und fortlaufend weiter aufnehmen und abspielen. Genau so hätte beim Apple Event im September 2007 KT Tunstall “Black horse and the cherry tree” vorgetragen, hätte Mainstage das Plugin damals schon eingebaut gehabt. So fragen wir uns bis heute was für einen Looper sie damals benutzt hat und warum er bei ihrem Live Auftritt zuerst nicht funktionieren wollte.
Während die erste Version von Mainstage noch einige Kinderkrankheiten hatte, macht die Neuauflage einen etwas besseren Eindruck. Der Wechsel zwischen Layout- und Bearbeiten-Modus funktioniert jetzt flüssiger und auch sonst erscheint es nicht mehr so träge wie in der ersten Version.
Allerdings ist Mainstage noch immer nicht auf dem Standard, den Logic Pro setzt. Während des Tests stürzt das Programm beim Duplizieren von mehreren Patches regelmäßig ab. Das gibt einem ein ungutes Gefühl für den Live-Auftritt. Das Laden und Aufstarten dauert bei großen Projekten bis zu fünf Minuten, was deutlich zu lang ist. Gerade bei einem Live-Absturz vor Publikum möchte man nicht fünf Minuten überbrücken müssen. Auch die Tatsache dass sich bei der Auswahl des Grundlagen Handbuchs, aus dem Hilfe-Menü, eine vertrauliche englische Final-Draft-Version des PDF öffnet, mutet komisch an. Positiv: die neu eingebaute Aufnahmefunktion, mit der sich die Gigs mitschneiden lassen. Alles in allem ist Mainstage aber nach wie vor nicht ausgereift und stabil genug für einen Live-Auftritt.
Filmvertonung mit Soundtrack 3
Auch Soundtrack, das Werkzeug zur Filmvertonung, hat einige Neuerungen erfahren. Eine neue Funktion heißt Voice Level Match. Damit können die Lautstärkeinformationen eines Clips extrahiert und auf einen anderen Clip übertragen werden, ohne die Audioinhalte zu verändern. Das ist praktisch bei Korrekturen von abweichenden Lautstärkeverhältnissen.
Daneben hat Apple den Datei Editor weiterentwickelt und es gibt eine neue Time-Stretch Funktion mit der Audiomaterial präziser gedehnt oder komprimiert werden kann.
Mit zwei weiteren neuen Funktionen lassen sich in Sountrack 3 nun auch ungewollte Nebengeräusche schnell und einfach aus einem Clip entfernen ohne dass man lange im Editor rumprobieren muss.
Auch Soundtrack testen wir mit einem großen Projekt, um zu sehen wie es sich unter Volllast verhält. Die verwendete Videodatei ist 2,5 Gigabyte groß und ist mit 50 Spuren und ebenso vielen Bussen bestückt. Soundtrack lässt sich bei der Arbeit nichts anmerken. Alle getesteten Aktionen funktionierten flüssig und ohne Zwischenfälle. Wir können der Software auch kein Ruckeln in der Videovoransicht oder ähnliche stärende Vorkommnisse entlocken – auch nicht mit belegten Spuren und unzähligen Effekten.
Längere Wartezeiten messen wir einzig bei der Anzeige der Spurübersicht, aber das wirkt nicht störend. Der AAF-Export dauert rund zehn Minuten und das anschließende Senden an Logic funktioniert auf Anhieb. Beim Vorgänger brauchten wir noch mehrere Anläufe.
Marc Buchser
Feedback: christian.moeller@macwelt.de