
Es kommt (zum Glück) eher selten vor, dass Hersteller eine Software zwischen zwei Versionen komplett umstricken. Wenn dies der Fall ist, freuen sich meist die neuen Anwender, während alteingesessene User verzweifelt nach bekannten Fenstern und Funktionen suchen. Mit einer komplett neuen Oberfläche und einem komplett neuen Ansatz wird auch iMovie 7 zunächst viele bestehende Anwender verschrecken, während Einsteiger sich über soviel (neue) Einfachheit nur freuen können.
Wo ist die Timeline?
Auffällig ist zuerst, dass es keine Timeline mehr gibt, sondern der Film in einem rechteckigen Fenster montiert wird, ähnlich einem Album in iPhoto. Auch ist der bekannte Medienbrowser mit seinen kleinen Backförmchen verschwunden; stattdessen legt iMovie importierte Clips in der neuen „Ereignis-Mediathek“ ab, welche stark an iPhoto erinnert.
Kompatibel ist iMovie nach wie vor mit den Videoformaten DV und HDV. Neu hinzugekommen ist das Format AVCHD, das zunehmend Verbreitung findet. Allerdings werden hier nicht alle Kameras unterstützt. Vor dem Kauf einer AVHCD-Kamera empfiehlt sich ein Blick auf Apples Kompatibilitätliste. Auch werden neuerdings bandlose Camcorder unterstützt, die Material auf Festplatte, Flash-Speicher oder DVD sichern.
Hier hat der Anwender schon vor dem Import die Möglichkeit, Clips zu selektieren und nur die ausgewählten Aufnahmen in iMovie beziehungsweise auf der Festplatte zu speichern. Das Ziel der Speicherung muss übrigens nicht mehr derselbe Ordner sein, in dem auch das iMovie-Projekt liegt, sondern der Anwender kann frei zwischen internen und externen Speichermedien, zum Beispiel einer Firewire-Festplatte, wählen.
Ereignisreich

Filme werden in iMovie neuerdings in Ereignisse und Projekte gegliedert. Ein Ereignis enthält alle Clips, während mit Projekten die laufende oder fertige Schnittfassung eines Ereignisses gemeint ist. Sehr gewöhnungsbedürftig ist zunächst die Tatsache, dass man einen Clip aus der Mediathek nicht mehr mit der Maus greifen kann, sondern bei der ersten Berührung schon das Abspielen beginnt. Hierbei teilt iMovie die Clips je nach gewählter Detailgröße in zusammenhängende Piktogramme auf, in denen der Anwender einen Rahmen zwischen In- und Out-Punkt zieht. Fährt man mit der Maus (ohne zu Klicken) über die Piktogramme, erscheint ein roter Strich, und das jeweilige Bild wird im Vorschaufenster angezeigt. Ein Doppelklick spielt das Material in Echtzeit ab, während man mittels Klicken-und-Ziehen die In- und Out-Punkte für den Schnitt festlegt. Mittels einfachem Ziehen wird der Clip auch in das Projektfenster und somit in den Film befördert.
Einfach wie eh und je lassen sich Filme mit Fotos und Musik anreichern. Durch den direkten Zugriff auf die Biblio-theken von iPhoto und iTunes reicht das Drag-and-drop eines Bildes oder eines Musikstücks in das jeweilige Projekt aus. Da iMovie 7 keine Timeline mehr besitzt, erscheinen Musikstücke als grasgrüne Fläche unter den Videoclips, wobei iMovie clever genug ist, die Musik am Ende des Filmes automatisch auszublenden.
Trickreduziert

Das Trimmen, der bildgenaue Nachschnitt einzelner Clips aus dem Projekt, gestaltet sich zunächst ein wenig fummelig, da man mit der Maus sehr genau arbeiten muss, um das gewünschte Bild für Ein- und Ausgang zu finden. Klickt man auf die winzige Uhr in der linken unteren Ecke eines Clips, öffnet sich ein eigenes Trimmfenster, welches man nach Bedarf ein- und ausskalieren kann, um entsprechend bildgenau arbeiten zu können.
Wenig Freude werden alteingesessene Anwender allerdings an den Effekten und Übergängen von iMovie 7 haben, denn Effektfilter fehlen in der neuen Version komplett, und an Übergängen sind auch nur wenige Standardblenden zu finden. Einzig eine recht ausgefeilte Farbkorrektur ähnlich der von iPhoto beeinflusst das Bild, wobei hier zumindest ein nachträglicher Weißabgleich möglich ist.
Die fehlende Timeline führt auch dazu, dass eine brauchbare Audiomischung erschwert wird. Das Ein- und Ausblenden der Lautstärke mittels Keyframes ist nicht mehr vorgesehen, als Ersatz für die Mischung liefert Apple nur eine Schwebepalette, mittels derer man den Ton lauter oder leiser regelt. Dafür wurde die Voice-Over-Funktion vereinfacht, welche ebenfalls mittels Schwebepalette die Eingangslautstärke anpasst und Störungen reduziert.
Für Fotos (und auch Video) findet der Anwender ein neues Beschnitt-Werkzeug, mit dem er die Ränder von Fotos und Filmen beschneidet, um diese dem Bildinhalt anzupassen. Hierbei skaliert iMovie das beschnittene Bild automatisch auf die volle Projektauflösung (inklusive möglichem Qualitätsverlust durch zu hohe Skalierungswerte). Das Beschnitt-Werkzeug eignet sich auch, um 4:3-Material optimal in 16:9-Projekte zu integrieren, oder andersherum, 16:9-Material mit Letterboxen für 4:3-Filme zu versehen.
iMovie enthält neuerdings eine Anbindung an das Videoportal Youtube, als registrierter Benutzer kann man einen direkten Upload auf die eigene Seite durchführen. Außerdem erlaubt iMovie den Export eines Films nicht nur zu iTunes (und von dort aus zum iPod oder zum iPhone), sondern auch die Erstellung einer XML-Datei für Final Cut – Hollywood ruft!
Fazit
Für Einsteiger ist iMovie 7 sicherlich ideal: Sowohl Import als auch Schnitt und Export sind äußerst intuitiv und bedürfen keiner langen Erklärung. Bedenklich ist allerdings, dass Apple so viele bekannte Funktionen ersatzlos gestrichen hat, was vor allem Anwendern der Vorversionen nicht gefallen wird. Auf eine Timeline kann man ob des neuen Projektfensters sicherlich verzichten, aber Funktionen wie Videofilter, Kapitelmarkierungen und Audio-Keyframes einfach wegfallen zu lassen ist ein ausgezeichneter Grund, kein Update durchzuführen.
Wertung
Note: 2,2 gut
Vorzüge einfach zu bedienen, Bearbeitung in Echtzeit, Speicherort für Clips frei wählbar
Nachteile komplett neue Oberfläche, keine Timeline, keine Effekte, keine Kapitelmarken, Effekte von iMovie 06 können nicht verwendet werden
Alternativen iMovie 06, Final Cut Express
Preis € (D, A) 79, CHF 109
Technische Angaben
Systemanforderungen: ab G5-Prozessor, ab Mac-OS 10.4.9
Info Apple, www.apple.de
Das ist neu
– Neue Oberfläche mit vereinfachter Benutzerführung
– Unterstützung von AVCHD- und Tapeless-Camcordern
– Größe und Speicherort von Medien wählbar
– Schnittfunktionen erneuert
- Stark reduzierter Funktionsumfang
Info: Ärger über Update
Während iMovie 7 bei unseren Tests stabil läuft, machen sich die ersten Anwender ihrem Ärger insbesondere über die neue Oberfläche und die fehlenden Funktionen Luft. Dass sämtliche Effekte aus iMovie 6 verschwunden sind, dass sich Tonspuren nicht mehr separieren lassen und die Timeline gleich ganz verschwunden ist, sorgt für erheblichen Unmut.
Zurück zu Version 6 Da hilft es wenig, dass iMovie 6 bei der Installation auf der Platte bleibt und sich Käufer des neuen iLife iMovie 6 gratis aus dem Web laden können. Denn weder lassen sich Projekte der neuen Version mit der alten öffnen, noch werden Effekte aus iMovie 6 übernommen. Bleibt zu hoffen, dass Apple die fehlenden Funktionen mit Updates nachliefert. Bis dahin ist man mit der alten Version besser bedient.